Bad Honnef/Region | Arg zu kämpfen haben viele Städte mit der Entwicklung des Einzelhandels. Immer mehr Kunden verabschieden sich aus den Ladenzeilen, der Onlinehandel nimmt zu.
In ihrer Not versucht die Politik, den lokalen Handel nun onlinefähig zu machen. Fördersummen in Millionenhöhe stellen Land und Bund für den Aufbau digitaler Marktplätze zur Verfügung – offensichtlich mit mäßigem Erfolg. Das Vorzeigeprojekt online-city Wuppertal hätte nach Ablauf des ersten Förderzeitraums von drei Jahren nicht überlebt. Das Land musste nachschießen und den Zeitraum verlängern.
Besser zu laufen scheint es in Mönchengladbach. Zwar sind dort von anfänglich über 70 Teilnehmer an dem Shop MG bei ebay nur noch knapp über 30 übrig geblieben. Ulrich Schückhaus, Chef der Mönchengladbacher Wirtschaftsförderung, ist dennoch zufrieden. Das Projekt würde fast keine Arbeit mehr machen, rund 350.000 Produkte würden online angeboten. Es seien Händler dabei, die über Ebay bis heute insgesamt knapp 7 Millionen Euro umgesetzt hätten. Händler, die wenig Produkte eingestellt und somit auch wenig Umsatz generierten hätten, seien raus.
Teilnehmer haben das erste Jahr freien Zugang zum Shop, es fallen lediglich 8 Prozent Umsatzgebühren für ebay an. Danach kostet die Teilnahme 300 EUR.
Wenig optimistisch stimmt eine aktuelle Studie der Universität Koblenz. Die meisten befragten Händler hätten angegeben, die Beteiligung an den Online-Marktplätzen habe bei ihnen weder zu höheren Besucherzahlen noch zu mehr Einkäufen im Laden geführt, so Harvard Business Manager. Der überwiegende Teil der Befragten könne anderen Händlern in vergleichbarer Situation eine Teilnahme nicht empfehlen.
1.ooo EUR Umsatz im Monat – insgesamt
Laut Westdeutsche Zeitung sind in Wuppertal 60 Händler mit zusammengenommen 886.000 Produkten bei Online City Wuppertal aufgeführt. Der generierte Umsatz von allen Händlern soll unterm Strich im Monat zwischen 1.000 und 1.300 Euro liegen. Die WZ bezieht sich dabei auf Aussagen des bei der Wirtschaftsförderung für Online City zuständigen Projektleiters Kenny Weißgerber. Grund für die schlechten Zahlen soll unter anderem der Bekanntsgrad sein. Wie die WZ schreibt, liege der nach Aussage des Geschäftsführers der Wirtschaftsförderung, Rolf Volmerig, bei gerade einmal 3 Prozent. Nun soll mit einer aufwändigen Aktion für das Portal geworben werden.
Es scheint zusätzlich viel Arbeit anzustehen. Denn wenn sich Kunden über Produkte im Internet informieren, geben sie in den Suchmaschinen gewöhnlich ein bestimmtes Suchwort ein, zum Beispiel „Fernsehen“, „Schuhe“ oder „shoppen“. Selbst bei einer Suchwortkombination wie „Fernseher Wuppertal“, oder „Shopping Wuppertal“ ist von „City Wuppertal“ nichts zu sehen. Beim Kiezkaufhaus in Wiesbaden sind die Ergebnisse nicht besser.
Geschäftsleute werden befragt
Hinter dieser Plattform, die gerade einmal 30 Teilnehmer hat, steht die Wiesbadener Agentur Scholz & Volkmer, die nun im Auftrag der Stadt Bad Honnef eine Online-Befragung durchführt: „Wie digital sind unsere Einzelhändlerinnen und -händler?“
Hintergrund: Im Rahmen der Entwicklung eines neuen Stadtportals www.meinbadhonnef.de mit angeschlossenem Einkaufsportal will die Stadt ihren Händlern auch zugeschnittene Expertenvorträge und Schulungen anbieten. Dazu seien Kenntnisse über den Digitalisierungsgrad der Geschäftswelt elementar, erklärt Bürgermeister Otto Neuhoff. Es sei daher sehr wichtig, dass möglichst alle mitmachen und sich ein wenig Zeit dafür nehmen. Ziel des mit Zuschüssen des Landes Nordrhein-Westfalen aufgesetzten Projektes sei die langfristige Belebung der Einkaufsquartiere. Neuhoff: „Unsere Stadt lebt und ist geprägt von ihrer Geschäftswelt. Dieses Projekt ist jetzt die große Chance, in einer zunehmend digitalisierten Welt zu bestehen“.
Stadt peilt 150 Teilnehmer an
Das können zumindest einige Bad Honnefer Geschäftsleute nicht nachvollziehen. Stichprobenartig fragte „Honnef heute“ bei sechs potenziellen Geschäften in der City nach und alle teilten mit, für sie sei der städtische Internetshop schon aus Kostengründen keine Option. Für Cafés, Metzgereien, Restaurants, Hörakustiker, Optiker … ist ein Shop in der Regel nicht interessant, weil sie normalerweise ihre Angebote ausschließlich vor Ort vertreiben. Rein rechnerisch dürften so in der 25.000-Einwohnerstadt Bad Honnef nicht all zu viele Händler übrig bleiben, für die ein Internetshop überhaupt Sinn machen würde..
Dennoch will die Stadt, die 100.000 EUR Eigenmittel in das vom Land geförderte Projekt steckt, 150 Teilnehmer für das Portal akquirieren. Nach Ablauf des Förderungszeitraums muss das Portal mindestens drei Jahre wirtschaftlich eigenständig fortgeführt werden.
SPD bringt Kreis ins Spiel
Ob das Bad Honnefer Online-Projekt erfolgreich sein kann, müsste spätestens am 12. März 2018 einzuschätzen sein. Bis zu diesem Termin sollen alle Einzelhändlerinnen und -händler im Stadtgebiet Bad Honnefs ihre Antworten der Onlinebefragung an die Stadt verschickt haben, dann wird man sehen, wie groß das Interesse ist.
Für den Fall, dass das Projekt im Wettbewerb mit Amazon und ebay doch eine Nummer zu groß sein sollte, baut offensichtlich die Kreistagsfraktion der SPD vor. Sie beantragte für die kommende Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Tourismus eine Abfrage zu den vielfältigen Online-Handel-Angeboten in den Kommunen.
Auslöser für den Antrag der SPD-Kreistagsfraktion war eine Vorstellung der Online-Plattformen der Städte Bad Honnef, Rheinbach, Siegburg und Troisdorf in der letzten Sitzung. „Die Ergebnisse der Befragung sollen die Grundlage für konkrete Unterstützungsangebote sein, damit der lokale Handel und die Verbraucher in der Region vom Online-Handel profitieren können“. Der Rhein-Sieg-Kreis müsse die Kommunen unterstützen.
Ein sicherlich hilfreicher Vorschlag, sollte damit an „Den Online-Handel im Rhein-Sieg-Kreis größer denken“ gedacht sein. Wie sollten kleine Kommunen wie Bad Honnef sonst annähernd eine reelle Chance gegen die digitalen Riesen haben?
Intelligente Verzahnung mit dem Internet
Indes rät Professor Andreas Hesse von der Fachhochschule Koblenz den Einzelhändlern, die eigene Webpräsenz so zu nutzen, dass für Kunden ein relevanter Mehrwert entsteht. Weiter empfiehlt er herausragende Beratung und Service mit menschlichem Kontakt im Geschäft und die intelligente Verzahnung mit dem Internet – sei es durch Basisinformationen im Netz oder digitale Vernetzung mit Kunden.
Für den E-Commerce-Experten Kai Hudetz vom Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) müssen digitale Marktplätze viel mehr bieten, so beispielsweise die Möglichkeit, Friseurtermine zu vereinbaren, einen Tisch im Restaurant zu reservieren, Theater-Karten zu buchen, Behördengänge online zu erledigen oder sich über die Parkplatzsituation in der Innenstadt zu informieren. „Dass auch noch etwas gekauft wird, ist am Ende vielleicht eher eine Begleiterscheinung.“, zitiert ihn heise.de.
Geeignete Plattformen dafür gibt es in Bad Honnef mit badhonnef-hats.de, honnefshopping.de, lebensart-badhonnef.de und auch service-badhonnef.de schon länger. Ohne Förderung. Und von hier.