Bad Honnef. „Wenn ich so an mein Bad Honnef denke …“, dann werden vielen in ihrer Erinnerung so manche Namen einfallen. Einer gehört mit Sicherheit dazu: Udo Reitz. Oder wie ihn seine Kunden kennen: „Fernseh-Radiodoktor Reitz – Der beste Fernsehdoktor in der Stadt“. Nach 52 Jahren Selbstständigkeit schloss er heute um Punkt 17 Uhr seine Werkstatt.
Die hatte er 1966 von seinem Vater übernommen, als sie noch in der Bahnhofstraße beheimatet war. Zu diesem Zeitpunkt ungeplant. Durch den Tod des Vaters wurde Udos Geschichte neu geschrieben. Aus dem gelernten Feinmechaniker wurde ein Unternehmer. Branche: Fernseh- und Radiotechnik.

„Das war ganz schön hart“, erinnert sich der Musikfan, denn innerhalb von zwei Jahren musste er nicht nur die Gesellenprüfung in seinem neuen Fach ablegen, sondern auch die Meisterprüfung bestehen. Ein Fachgeschäft ohne Meisterwürden zählte früher nichts. Außerdem benötigte man den Titel, um ausbilden zu können.
Über die Arbeitsbedingungen und die Qualität im Radio- und Fernsehgeschäft früher und heute muss man nicht reden. Nur so viel: „Damals hielten die Markengeräte locker 40 Jahre, heute lassen sie sich gar nicht mehr reparieren“, so der „Doktor“, der 1970 das Haus in der Linzer Straße kaufte und dort sein Gewerbe betrieb.
Klar: Jeder weiß, dass Technikgeräte auf eine Weise hergestellt werden, dass bestimmte Teile nach und nach kaputtgehen. Bedeutet bei einer Funktionsstörung in der Regel Neukauf. Reparieren ist nicht der Hauptfaktor für wirtschaftliches Wachstum. Das trieb Udo Reitz schließlich zu dem Entschluss, nach dem Laden im Jahr 2014 auch den Werkstattbetrieb aufzugeben. Die Kunden blieben aus. „Ich hätte gerne noch bis 80 weitergemacht!“.

Egal! Langweilig wird es ihm nicht. Als passionierter Fotograf hat er genug zu tun. Seit Jahrzehnten lichtet er „janz Honnef“ – mittlerweile digital – ab. Seine Lieblingsmotive: Menschen und Details. Aber auch die Insel hat er stets im Fokus. Dort ist er mehrmals am Tag mit seinen Hunden anzutreffen, zieht mit anderen Hundebesitzern seine Runden. Kennt fast jeden Raben. Die heißen bei ihm alle Jakob.
„Wie alt ist der?“ 78. „Nein, das glaube ich jetzt nicht“, sagt eine stadtbekannte City-Frau. Doch, ist er. Sie hatte ihn auf 70 geschätzt. „Ich habe wohl ganz gute Gene“, erklärt Udo sein jugendliches Äußeres. Seine Mutter hätte auch im hohen Alter noch eine glatte Haut gehabt. Trotzdem: Von nichts kommt nichts. Und der gefühlt Siebzigjährige tut viel für seine Gesundheit. Zwei bis drei Mal in der Woche geht er ins Fitnessstudio, besucht regelmäßig die Sauna. Früher immer im Kurhaus. „Aber die hat ja leider zugemacht. Ist den Hoteliers wohl zu teuer“.
Sport allein hält den Geist nicht frisch. Um sein seelisches Gleichgewicht weiterhin zu stärken, will Udo sich wieder mehr der Musik widmen. In seinem Keller steht ein Keyboard. Außerdem spielt er Saxophon und Gitarre.

Bliebe noch das soziale Engagement des Fernseh- und Radiodoktors zu erwähnen. Jahrelang sammelte er überwiegend bei seinen Kunden Geld für ein Kinderprojekt der Deutsch-russischen Gesellschaft Kraichgau. 25.000 EUR bekam er zusammen, „heute überweise ich wieder eine Summe“.
Mit dem Ende der Werkstatt endet für Udo und seine Frau auch das Leben in dem Haus in der Linzer Straße. „Wir verkaufen es und ziehen nach Selhof“, erzählt er. Dort haben sie eine Wohnung gefunden, die ihrem jetzigen Leben besser entspricht. Tochter und Sohn haben sich für andere Berufe entschieden.
Außerdem schließt sich somit ein Kreis: „Ich bin in Selhof geboren, habe in Rhöndorf und Honnef gewohnt. Jetzt gehts zurück Op Selef.“
Der Weg von dort zum Fitnessstudio ist genauso weit.