Bonn-Plittersdorf – Am heutigen Donnerstagmorgen wurde das ehemalige Botschaftsgebäude der Republik Ungarn in Bonn-Plittersdorf von Aktivistinnen der Gruppe Solikreis Maja T. Bonn besetzt. Die Gruppe folgt damit einem deutschlandweiten Aufruf, in Solidarität mit der in Ungarn inhaftierten Antifaschistin Maja T. leerstehende Gebäude zu besetzen und auf deren menschenunwürdige Haftbedingungen aufmerksam zu machen.
An der Fassade des Gebäudes wurden Transparente befestigt, die sich mit klaren Forderungen an den CDU-Politiker und stellvertretenden Außenminister Johann Wadephul sowie an den Bundestagsabgeordneten Dr. Norbert Röttgen (CDU, Rhein-Sieg II) wenden. Darauf steht unter anderem: „Nur Änderungen der Haftbedingungen reichen nicht aus!“ und „Holt Maja zurück!“.
Der Fall Maja T. – ein Politikum
Maja T. ist eine der Angeklagten im sogenannten “Budapest-Komplex”, einer Ermittlungsreihe gegen antifaschistische Aktivist*innen, denen Angriffe auf Neonazis in Ungarn zur Last gelegt werden. Im Sommer 2024 wurde Maja von der sächsischen Polizei trotz schwerer Bedenken in die ungarische Untersuchungshaft abgeschoben – eine Entscheidung, die inzwischen vom Bundesverfassungsgericht als rechtswidrig eingestuft wurde. Dennoch befindet sich Maja T. weiterhin in ungarischer Isolationshaft.
Die Kritik an den Haftbedingungen ist massiv: Betroffene berichten von strategischem Schlafentzug, Verwanzung der Zellen, monatelanger Isolation, Besuchs- und Postverboten. Seit ihrer Auslieferung vor einem Jahr ist Maja T. 23 Stunden am Tag allein in einer 8-Quadratmeter-Zelle und wird rund um die Uhr per Kamera überwacht.
Maja trat Anfang Juni 2025 in den Hungerstreik – 40 Tage lang – und schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Ärzt*innen gehen davon aus, dass sie langfristige gesundheitliche Schäden davontragen wird.
Aktivist*innen kritisieren Bundesregierung und Justiz
„Maja muss jetzt zurückgeholt werden“, fordert Serafina vom Solikreis Bonn. Die Kritik richtet sich nicht nur gegen Ungarn, sondern auch gegen die deutsche Politik: Obwohl Gerichte in Frankreich und Italien Auslieferungen nach Ungarn aufgrund der dortigen Haftbedingungen verweigern, wird in Deutschland weiter mit der Auslieferung anderer Angeklagter des „Budapest-Komplexes“ gedroht – laut Aktivist*innen in der Hoffnung, Aussagen zu erpressen.
Die Gruppe fordert die Bundesregierung auf, ein generelles Auslieferungsverbot nach Ungarn zu beschließen. Die Justiz in Ungarn sei weder unabhängig noch rechtsstaatlich organisiert, insbesondere nicht gegenüber queeren Personen wie Maja, die sich als nicht-binär identifiziert.
Forderungen an Politik und Öffentlichkeit
Die Aktivist*innen appellieren insbesondere an Außenminister Wadephul und Norbert Röttgen, sich nicht mit kosmetischen Verbesserungen zu begnügen. „Es reicht nicht, gute Haftbedingungen zu fordern, wenn es in einem autoritären, queerfeindlichen Staat wie Ungarn keine geben kann“, so Serafina. Röttgen solle das Thema in den Auswärtigen Ausschuss bringen und auf seine Parteikollegen Druck ausüben.
Neben der Rückholung von Maja fordern die Aktivist*innen auch Konsequenzen für das sächsische LKA und die Staatsanwaltschaft, die sich mit der Abschiebung über ein später als rechtswidrig erklärtes Urteil hinwegsetzten. Solches Handeln dürfe nicht straffrei bleiben.
„Wir müssen laut sein – es geht um Majas Leben“
Die Lage von Maja T. bleibt kritisch. Ihre Unterstützer*innen rufen dazu auf, sich solidarisch zu zeigen – durch öffentliche Aktionen, Briefe an Abgeordnete und Gespräche im persönlichen Umfeld. „Es geht jetzt darum, Maja das Leben zu retten“, betont Serafina. „Und darum zu zeigen, dass deutsche Institutionen nicht ungestraft Grundrechte missachten dürfen.“
Die Besetzung in Bonn ist ein symbolischer Akt – aber auch ein Weckruf an eine Politik, die Menschenrechte nicht zur Verhandlungsmasse machen darf. Während in Ungarn Neonazis marschieren und antifaschistischer Widerstand kriminalisiert wird, darf Deutschland nicht tatenlos zusehen.