Rhein-Sieg-Kreis – Kurzfristig stellte das Land dem Rhein-Sieg-Kreis vor Ostern 18.000 zusätzliche AstraZeneca-Impfdosen für Menschen ab 60 Jahren zur Verfügung. Wer sich im Kreis einen Termin sichern will, kann das allerdings nicht, wie beispielsweise in Bonn, per Buchung bei der Kassenärztlichen Vereinigung tun, sondern muss erst bei seiner Hausarztpraxis anrufen, um in Erfahrung zu bringen, wo eine Impfung möglich ist.
Im Rhein-Sieg-Kreis erfolgen diese Sonder-Impfungen ausschließlich über dezentrale Impfeinheiten. Der Kreis: „Wenn die eigene Hausarztpraxis nicht unmittelbar Teil der dezentralen Impfeinheiten ist, erfolgt die Vermittlung an eine Praxis aus dem inzwischen mehr als 30 dezentrale Anlaufpunkte umfassenden Netzwerk.“
Landrat Sebastian Schuster erklärte das Vorgehen: „Wir haben uns ganz bewusst für diese Strategie entschieden, um eine bestmögliche Risikoabwägung zu erreichen, denn in den dezentralen Impfeinheiten besteht deutlich mehr Raum für eine individuelle ärztliche Beurteilung.“
Die Meldung des Kreises, die am Nachmittag des 1. April, also einen Tag vor Karfreitag, veröffentlicht wurde, rief zunächst bei der SPD-Fraktion des Kreistags Unverständnis hervor. Problematisch findet sie in erster Linie, dass der Kreis nicht darüber informiert, welche Praxen dazu gehören. Nun müssten sich die Menschen im Rhein-Sieg-Kreis gedulden, bis die Osterfeiertage vergangen sind, um sich dann bei ihren Hausärzt*innen informieren zu können, wie sie den Kontakt zu einer der Schwerpunktpraxen herstellen können. Die Sozialdemokraten zeigen sich besorgt, „dass dadurch auch ein soziales Gefälle entsteht: Wer den guten Kontakt zur richtigen Schwerpunktpraxis hat, hat bessere Chancen, zeitnah geimpft zu werden, als die Mitbürger*innen, denen die entsprechenden Beziehungen fehlen“.
Mittlerweile äußerten sich auch Bürgerinnen und Bürger kritisch bis ärgerlich über das Vorgehen im Rhein-Sieg-Kreis: „Was hat sich der Landrat dabei gedacht? Der Ansturm der Impfwilligen über 60 Jahre war zu erwarten und ist auch so eingetreten. Ich frage mich, ob es überhaupt gelingt eine Arztpraxis am 06.04. zu erreichen, um zu erfahren, welche Praxis zu den Schwerpunktpraxen gehört“, so ein Leser von „Honnef heute“ und ein anderer: „Mein Hausarzt war Karfreitag, Samstag, Sonntag und Ostermontag nicht erreichbar, auch Hausärzte haben ein Recht auf Ostern! Ich kann mich also frühestens am Dienstag um einen Termin bemühen, während in Bonn bereits seit Samstag geimpft wird.“
Probleme sieht ein Leser auch, wenn die Hausarztpraxis gar nicht im Kreis liegt: „Was macht eigentlich ein Impfwilliger des RSK, dessen Hausarztpraxis sich ausserhalb des Kreises befindet? Ich glaube kaum, dass die Praxis Zeit und Willen aufbringen kann, sich um die Schwerpunktpraxen des RSK zu kümmern. Für viele Menschen des RSK bleibt diese Sonderimpfaktion unerreichbar.“
Ob die Entscheidung des Landrats richtig war, wird sich spätestens am Dienstag herausstellen.
Ergänzung:
Ob bzw. wie viel Impfungen Hausarztpraxen überhaupt verabreichen können, steht nach Informationen von Honnef heute offensichtlich noch gar nicht überall fest. So informierte eine Praxis gestern seine Patienten darüber, noch keine feste Zusage für die tatsächliche Lieferung des Impfstoffes erhalten zu haben. Im Moment sei noch nicht sicher, ob AstraZeneca aus dem Ü60-Sonderkontingent überhaupt verimpft werden könne.
Der WDR berichtet heute, dass im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein fast alle Impftermine für Ü-60-Jährige gebucht wurden.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat sich Ostermontag für einen harten und kurzen Lockdown im April ausgesprochen. Dieser »Brücken-Lockdown« soll „die Phase überbrücken, bis die Inzidenzzahlen so niedrig sind, dass Tests und Nachverfolgungen tatsächlich funktionieren und viele Menschen geimpft seien, sagte Laschet im Impfzentrum Aachen“, so Spiegel-Online.