Bad Honnef/Berlin – Der aktuelle ACE-Schulweg-Index 2025 zeigt deutliche Defizite bei der Sicherheit von Grundschulkindern auf ihrem täglichen Schulweg. Im Rahmen seiner 20. Clubinitiative „Easy Going“ hat der Auto Club Europa (ACE) bundesweit rund 49.000 Schulwege untersucht. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus: Nur 5 Prozent der 167 überprüften Schulwege wurden als sicher eingestuft, während knapp ein Drittel (30 Prozent) als mangelhaft und 6 Prozent sogar als gefährlich bewertet wurden.
- Elterntaxis als Risikoquelle
- Schwächen bei der Infrastruktur
- Forderung nach gemeinsamer Verantwortung
- Hintergrund
- Situation in Bad Honnef
- Positive Bilanz bisheriger Verkehrsversuche
- Regelungen im Überblick (außerhalb der Ferienzeiten)
- Weitere Maßnahmen zur Schulwegsicherheit
- Ausnahmen für Anwohnerinnen und Anwohner
Elterntaxis als Risikoquelle
Ein besonderer Fokus der Untersuchung lag auf dem morgendlichen Bringverkehr. Die Beobachtung von 6.422 sogenannten Elterntaxis ergab, dass in 41 Prozent der Fälle Verkehrsregeln missachtet wurden. Am häufigsten hielten Eltern im Halteverbot (20 Prozent), in Einfahrten (8 Prozent) oder auf Gehwegen und in zweiter Reihe (jeweils 6 Prozent).
Nur an zwei Schulen verlief der Bringverkehr vollständig regelkonform: an der Grundschule am Waldrand in Schwedt (Brandenburg) und der Sebastianschule in Rosendahl (Nordrhein-Westfalen). Das schlechteste Ergebnis erzielte die Nordstadtschule in Pforzheim (Baden-Württemberg), wo lediglich 14 Prozent der Fahrzeuge fehlerfrei unterwegs waren.
Im Bundesländervergleich zeigte sich Sachsen mit 89 Prozent sicherem Bringverkehr am besten, während Rheinland-Pfalz (57 Prozent) und das Saarland (52 Prozent) die schwächsten Ergebnisse erzielten.
Schwächen bei der Infrastruktur
Auch die Verkehrsinfrastruktur vor Schulen weist laut ACE erhebliche Mängel auf. Zwar gilt vor 92 Prozent der untersuchten Schulen Tempo 30, doch nur 6 Prozent liegen in einer besonders sicheren Spielstraße oder verkehrsberuhigten Zone. Zudem fehlte in 8 Prozent der Fälle jede Art von Querungshilfe – etwa Ampel, Zebrastreifen oder Mittelinsel.
Regional schnitten Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit durchschnittlich 9,6 von 14 Punkten am besten ab. Am schlechtesten bewerteten die ACE-Tester Rheinland-Pfalz (7,7 Punkte) und das Saarland (7,5 Punkte).
Die niedrigste Punktzahl bei der Infrastruktur erhielt die Ganztagesgrundschule Stendal in Sachsen-Anhalt mit 4,5 Punkten. Vier Schulen teilten sich mit jeweils 12 Punkten den Spitzenplatz: die Grundschule Passau-Grubweg (Bayern), Grundschule Grundschöttel in Wetter/Ruhr (NRW), die GGS Herderstraße in Leverkusen (NRW) und die Overbergschule in Lingen/Ems (Niedersachsen).
Forderung nach gemeinsamer Verantwortung
Der ACE und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) sehen dringenden Handlungsbedarf. „Nur 5 Prozent der untersuchten Schulwege sind sicher. Es ist notwendig, die Verkehrsinfrastruktur weiter systematisch zu verbessern und den Umgang mit Elterntaxis zu ändern“, sagte Manfred Wirsch, Präsident des DVR und Schirmherr der Initiative.
Auch Sven-Peter Rudolph, Vorsitzender des ACE, betonte: „Noch immer starten viele Kinder ihren Tag in einem Umfeld, das zu gefährlich ist. Wir müssen die Infrastruktur verbessern, Elterntaxis vermeiden und Kinder besser schützen.“
Der ACE fordert ein gemeinsames Vorgehen von Bund, Ländern, Kommunen, Schulen und Eltern, um durch bessere Kontrollen, Aufklärung und eine sichere Infrastruktur die Risiken für Kinder auf dem Schulweg zu verringern.
Hintergrund
Seit 2005 führt der ACE jährlich Clubinitiativen zur Verkehrssicherheit durch. Für den Schulweg-Index 2025 wurden zwischen April und Juli 167 Grundschulen in ganz Deutschland überprüft. Rund 700 Ehrenamtliche bewerteten den Bringverkehr jeweils 30 Minuten vor Schulbeginn sowie die Infrastruktur im Umkreis von 200 Metern rund um das Schulgelände nach einem standardisierten Kriterienkatalog. Partner der diesjährigen Erhebung war der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR).
Situation in Bad Honnef
Nach erfolgreichen Testläufen im vergangenen Jahr hat die Stadt Bad Honnef die Einrichtung von sogenannten Schulstraßen erweitert. Zum Beginn des neuen Schuljahres 2025/26 wurden zwei weitere Straßen in den Verkehrsversuch aufgenommen, um den Hol- und Bringverkehr mit privaten Pkw zu reduzieren und die Sicherheit der Schulkinder zu erhöhen.
Ziel der Maßnahmen ist es, die Verkehrssituation an den Schulstandorten zu entschärfen, die laut Stadtverwaltung häufig unübersichtlich und potenziell gefährlich ist. Bürgermeister Otto Neuhoff betont den pädagogischen und sicherheitsrelevanten Aspekt der Schulstraßen:
„In meiner Kindheit und Jugend habe ich ganz selbstverständlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad, alleine und mit meinen Freunden den Schulweg angetreten. Dass das in den letzten Jahrzehnten zunehmend verloren gegangen ist, finde ich sehr bedauerlich. Mit den Schulstraßen, die wir in Verkehrsversuchen erfolgreich getestet haben, wird der Weg für die Kinder wieder sicherer und die Selbstständigkeit gefördert. Das ist wichtig und freut mich sehr!“
Positive Bilanz bisheriger Verkehrsversuche
Die beiden im Vorjahr gestarteten Verkehrsversuche wurden von der Stadtverwaltung ausgewertet. Nach Angaben der Stadt fielen die Rückmeldungen von Anwohnerinnen, Anwohnern und Schulen überwiegend positiv aus. Besonders hervorgehoben wurden die spürbare Entlastung des Verkehrsaufkommens und die erhöhte Sicherheit für Kinder während der Bring- und Abholzeiten.
Regelungen im Überblick (außerhalb der Ferienzeiten)
Königin-Sophie-Straße – temporäre Schulstraße (Verkehrsversuch)
Die Königin-Sophie-Straße wird montags bis freitags von 7:30 bis 8:00 Uhr sowie montags und freitags von 13:50 bis 14:30 Uhr und dienstags bis donnerstags von 14:50 bis 15:30 Uhr für den Durchgangsverkehr gesperrt.
Karl-Broel-Straße – temporäre Schulstraße (Verkehrsversuch)
Auch in Rhöndorf wurde eine Schulstraße eingerichtet. Die Karl-Broel-Straße ist montags bis freitags zwischen 7:30 und 8:00 Uhr sowie von 12:00 bis 13:30 Uhr für Fahrzeuge gesperrt.
Rommersdorfer Straße – dauerhafte Schulstraße
Hier wird die bislang temporäre Regelung dauerhaft festgeschrieben. Die Straße bleibt montags bis freitags von 7:30 bis 8:00 Uhr sowie von 12:00 bis 13:30 Uhr für den fließenden Verkehr geschlossen.
Burgwiesenstraße – Fortsetzung des Verkehrsversuchs
Der Verkehrsversuch in der Burgwiesenstraße wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Die Sperrung gilt weiterhin montags bis freitags von 7:15 bis 8:15 Uhr zwischen den Straßen Am Kirchberg und In den Kircherlen. Laut Stadtverwaltung sollen noch offene verkehrsrechtliche Anpassungen aus dem vergangenen Jahr weiter beobachtet werden.
Mit Ausnahme der Rommersdorfer Straße werden alle Maßnahmen auf Grundlage von § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zunächst auf ein Jahr befristet durchgeführt.
Bürgermeister Neuhoff erklärt dazu: „Wir werden wie bei den ersten Projekten dieser Art die Erkenntnisse sammeln, wie sich die Verkehrsdinge neu ordnen werden. Wasser sucht sich bekanntlich seinen Weg – Autofahrer tun dies auch.“
Weitere Maßnahmen zur Schulwegsicherheit
Die Stadt Bad Honnef setzt bereits seit mehreren Jahren auf Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit auf Schulwegen. Dazu zählen neue Querungshilfen in der Bismarckstraße und der Königin-Sophie-Straße, die Erneuerung der Markierung des Fußgängerüberwegs in der Bismarckstraße sowie die Einrichtung mehrerer Hol- und Bringzonen. Gelbe Fußabdrücke auf den Gehwegen markieren den sicheren Weg von diesen Zonen bis zum Schulgelände und sollen Eltern und Kinder ermutigen, den Schulweg ohne Auto zurückzulegen.
Im Zuge der neuen Schulstraßen wurde die bestehende Hol- und Bringzone in der Königin-Sophie-Straße auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite erweitert. In der Karl-Broel-Straße entstand eine neue Zone im Bereich der Kreuzung Karl-Broel-Straße / Löwenburgstraße nahe der Treppenanlage.
Ausnahmen für Anwohnerinnen und Anwohner
Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Straßen können die Sperrungen auch während der genannten Zeiten passieren. Hierfür sind kostenfreie Ausnahmegenehmigungen bei der Straßenverkehrsbehörde erhältlich – per E-Mail an strassenverkehr@bad-honnef.de oder postalisch. Alternativ genügt die Vorlage des Personalausweises, sofern die Anschrift im gesperrten Bereich liegt.
Mit den Schulstraßen verfolgt die Stadt Bad Honnef das Ziel, die Sicherheit und Selbstständigkeit von Kindern auf dem Schulweg weiter zu stärken – und zugleich den innerstädtischen Verkehr zu entlasten.