Bad Honnef – Vor zwei Jahren gerieten die Rhöndorfer Stadttauben in die Schlagzeilen. Grund war eine kleine Schar von Taubenfreundinnen, die sich um das Schicksal der Vögel kümmerte. Sie wollte Gutes tun und wurde trotzdem – vor allem in den sozialen Medien – belächelt und sogar kritisiert. Mittlerweile wissen wir: das ehrenamtliche Engagement war sehr erfolgreich und die Stadt wird es (hoffentlich) zu würdigen wissen.
Denn erreicht haben die Tierschützerinnen, dass schon jetzt das Leben vieler Tauben gerettet werden konnte, die BürgerInnen müssen sich nicht mehr über den Kot auf den Wegen ärgern und die Mitmenschen, die meinen, Tauben sei unhygienisch, können vor Krankheiten sicher sein. Dabei ist längst erwiesen, dass sie nicht mehr Krankheiten übertragen als andere Vögel auch.
Viele Tauben finden Weg nicht zurück
Dass Tauben überhaupt für Menschen ein Problem darstellen, liegt allein – am Menschen selbst. Laut Naturschutzbund Deutschland (NABU) stammen unsere Stadttauben von der Felsentaube ab und wurden früher gerne als Brieftauben eingesetzt. Heute werden die domestizierten Tauben bei sogenannten Distanzflügen eingesetzt oder als Hochzeitstauben missbraucht. Viele finden den Weg nicht mehr zurück und landen dann orientierungslos beispielsweise unter Bahnhofsbrücken oder in Kirchtürmen.
Schon 2008 berichtete RP Online über einen hohen Verlust bei Wettbewerben im Kreis Kleve. Über 50 Prozent der Tiere gingen verloren. Grund sei nach Experten-Ansicht die sich immer stärker verändernde Umwelt.
Peta berichtet, dass bei einem Taubenauflass im August in Südfrankreich 20.000 Tauben nicht mehr zurückgekehrt sein.
Der Verein Straßentaube und Stadtleben schreibt auf seiner Website: „Jährlich stranden Tausende von Brieftauben in den Städten. Um ihren Züchtern Rekorde zu bescheren, werden die Tiere auf zu weite Distanzen geschickt, sprich an weit entfernten Orten ausgesetzt. Viele finden nicht mehr in den heimischen Schlag zurück. Vor Erschöpfung oder aus Desorientierung.“
Trotzdem wurde das Brieftaubenwesen im März 2022 als nationales Immaterielles Kulturerbe (IKE) anerkannt – gegen den Widerstand von Tierschutzorganisationen. Nun wurde eine Petition ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die Anerkennung wieder rückgängig zu machen:
Tierquälerei ist kein Kulturerbe! Auszeichnung des Brieftaubenwesens aberkennen!
„Die Missstände, wie Tötungen, hohe Flugverluste bei Wettbewerben und Getrennthaltung, wurden jedoch nicht behoben. Deswegen fordern der Bundesverband Menschen für Tierrechte und die unterstützenden Vereine von der Deutschen UNESCO-Kommission, der Kultusministerkonferenz und der Staatskulturministerin die Streichung des Brieftaubenwesens aus dem bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“.
„Brieftaubenendflug“
Heute sollte der Finalflug Ruhr 2022 stattfinden. Die Initiatorin der Bad Honnefer Taubenrettung, Silvia Schule, schrieb zum „Brieftaubenendflug“ auf ihrer Facebookseite: „Wir wünschen allen Brieftauben, die heute starten, einen guten Flug – kommt gesund wieder zurück und passt gut auf euch auf. Wir haben in dieser Saison 31 Brieftauben versorgt:
- 5 Brieftauben sind verstorben
- 4 Brieftauben sind an die Züchter zurück
- 22 Brieftauben haben ein neues Zuhause gefunden – bei uns oder in anderen Volieren/Taubenschlägen/Lebenshof
Wir haben viel Leid gesehen bei den Tauben.“
Sie seien am Ende ihrer Kräfte gewesen und es sei nur noch ein Hauch von Leben zu spüren gewesen.
Der Finalflug Ruhr 2022 wurde übrigens abgesagt – wegen des Wetters. Ein Ersatztermin steht noch nicht fest.