Bad Honnef – Am 14. September finden in Nordrhein-Westfalen die Bürgermeisterwahlen statt. In Bad Honnef bewerben sich sechs Kandidatinnen und Kandidaten um das Amt: Philipp Herzog (CDU), Birte Karst (Grüne), Frank Klein (SPD), Carl Sonnenschein (FDP), Bünyamin Yilmaz (parteilos) und Nicole Pax (AfD). Der amtierende Bürgermeister Otto Neuhoff tritt nicht erneut zur Wahl an.
Um den Bürgerinnen und Bürgern eine Entscheidungshilfe zu bieten, hat Honnef heute allen Bewerberinnen und Bewerbern Fragen zur Kommunalpolitik zugesandt – mit der Bitte um schriftliche Beantwortung. Ziel ist es, die politischen Positionen und Zielsetzungen der Kandidierenden transparent zu machen.
Die eingegangenen Antworten werden in der Form veröffentlicht, in der sie Honnef heute erreicht haben.
Heute: Birte Karst (Bündnis 90/Die Grünen)
Klimaschutz & Mobilität
Welche konkreten Maßnahmen planen Sie für den Klimaschutz in Bad Honnef?
Die Klimakrise ist die zentrale globale Herausforderung der kommenden Jahre. Sie betrifft uns alle – und erfordert entschlossenes Handeln auf allen Ebenen. Auch die Kommunen stehen in der Verantwortung. In Bad Honnef haben wir mit der Bad Honnef AG ein eigenes Stadtwerk – ein großer Vorteil gegenüber vielen anderen Städten. Diese Chance will ich aktiv nutzen, um den Weg zur CO₂-neutralen Kommune konsequent zu gestalten.
Ein zentraler Hebel ist der Ausbau erneuerbarer Energien durch unsere Stadtwerke. Darüber hinaus sind konkrete, schnell umsetzbare Maßnahmen gefragt: Dazu zählen die energetische Sanierung städtischer Gebäude, eine ambitionierte kommunale Wärmeplanung sowie die Förderung von Mieterstrommodellen und Bürgerenergiegenossenschaften.
Genauso wichtig wie der Klimaschutz ist die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. In den kommenden Jahren müssen wir uns auf noch heißere Sommer und intensivere Starkregenereignisse einstellen. Unsere Stadt muss darauf vorbereitet sein. Das bedeutet: mehr Beschattung, mehr Stadtgrün, kühle Rückzugsorte, Wasserflächen und öffentliche Trinkbrunnen – etwa im Rahmen der anstehenden Sanierung des Rathausvorplatzes im Tal.
Gleichzeitig müssen wir unsere Infrastruktur fit machen für extreme Wetterlagen. Die Kanalisation muss an Starkregen angepasst, Versickerungsflächen geschaffen und versiegelte Flächen entsiegelt werden. Ziel ist eine sogenannte Schwammstadt: Ein Modell, das anschaulich beschreibt, worauf es ankommt – Regenwasser speichern, lokal versickern lassen und bei Bedarf wieder abgeben. Dieses Prinzip wollen wir in Bad Honnef und Aegidienberg konsequent umsetzen – für mehr Lebensqualität und Sicherheit in Zeiten des Klimawandels.
Wie wollen Sie den Radverkehr stärken? Kommt ein Ausbau der Radinfrastruktur für Sie infrage?
Der Ausbau der Radinfrastruktur ist für mich ein zentraler Bestandteil eines modernen, GRÜNEN Mobilitätskonzepts. Ich bin überzeugt: Eine fahrradfreundliche Stadt ist eine lebenswerte Stadt – sicher, klimafreundlich und attraktiv für alle Generationen.
Drei Maßnahmen stehen dabei für mich im Mittelpunkt und müssen zügig umgesetzt werden:
- Der Ausbau von Fahrrad- und Schulstraßen, um sichere Wege insbesondere für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Ich möchte ihnen die Möglichkeit geben, Selbstwirksamkeit zu erleben, wenn sie alleine ihre Wege nehmen.
- Die konsequente Umsetzung des städtischen Radverkehrskonzepts – unter aktiver Einbindung der Vorschläge des ADFC sowie von Bürgerinnen und Bürgern.
- Der flächendeckende Ausbau eines Leihradnetzes. So schaffen wir eine echte Alternative zum Auto – auch für Menschen, die kein eigenes Fahrrad besitzen oder kurze Wege spontan und klimafreundlich zurücklegen möchten.
Wie sehen Ihre Pläne zur Verbesserung des ÖPNV und der Verbindung zwischen Tal und Berg aus?
Eine bessere Verbindung zwischen Tal und Berg ist für mich ein zentraler Bestandteil unseres GRÜNEN Mobilitätskonzepts. Dabei geht es nicht nur um eine direkte Verbindung zwischen Innenstadt und Aegidienberg, sondern vor allem um die Anbindung der abgelegeneren Ortsteile an diese zentrale Mobilitätsachse. Denn für viele Menschen – gerade auf dem Berg – ist die Verbindung zu den benachbarten Ortsteilen von Königswinter oft relevanter als der Weg ins Tal.
Ich möchte, dass wir die verschiedenen Verkehrsträger intelligent miteinander verknüpfen. Ein rascher, unkomplizierter Umstieg muss möglich sein – zum Beispiel durch die Einrichtung von Fahrradboxen an wichtigen Haltestellen, sichere Abstellmöglichkeiten und den Ausbau von Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder in Bussen.
Genauso wichtig ist mir eine bessere Taktung im öffentlichen Nahverkehr, insbesondere in den Randlagen. Wer auf Bus und Bahn angewiesen ist, soll sich auf kurze Wartezeiten und verlässliche Verbindungen verlassen können – auch abends und am Wochenende.
Im Gegensatz zur aktuellen GRÜNEN Fraktion im Stadtrat befürworte ich ausdrücklich den Bau eines größeren Parkhauses am neuen Mobilitätsknotenpunkt an der Endhaltestelle/Bahnhof. Nur wenn wir dort ausreichend Park+Ride-Plätze schaffen, kann ein echter Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn gelingen.
Wie möchten Sie die Sanierung maroder Straßen angehen?
Auch wenn sich in den letzten Jahren bereits einiges getan hat, bleibt die Sanierung maroder Straßen eine zentrale Herausforderung – gerade, wenn es darum geht, sichere Wege für alle zu schaffen. Dabei geht es nicht nur um Asphalt, sondern um Lebensqualität, Verkehrssicherheit und den Zustand unserer Infrastruktur insgesamt.
Natürlich stellt sich hier sofort die Frage: Wie finanzieren wir das? Versprechen allein reichen nicht – entscheidend ist, wie konkrete Lösungen aussehen. Fördermittel müssen gezielt genutzt und klare Prioritäten im städtischen Haushalt gesetzt werden. Dafür werde ich als Bürgermeisterin den Austausch mit allen Ratsfraktionen suchen.
Der Sanierungsstau in Bad Honnef betrifft nicht nur die Straßen – sondern viele kommunale Aufgaben. Das ist kein lokales Problem, sondern ein strukturelles: Kommunen in NRW tragen rund ein Drittel der öffentlichen Aufgaben, bekommen dafür aber nur etwa die Hälfte der notwendigen Mittel über Steuern zurück.
Deshalb setze ich auf vier konkrete Ansätze, um den Sanierungsstau nachhaltig aufzulösen:
- Faire Finanzierung: Ich fordere eine gerechte finanzielle Ausstattung der Kommunen und werde meine Kontakte in die GRÜNE Landtagsfraktion und die Landesregierung nutzen, um mich persönlich dafür starkzumachen.
- Gezielte Förderprogramme: Bund und Land sind in der Pflicht, Fördermittel bereitzustellen, die auch tatsächlich vor Ort wirken.
- Zukunftsorientierte Prioritäten: In Bad Honnef will ich mich auf Projekte konzentrieren, die unsere Stadt wirklich zukunftsfähig machen – statt auf Symbolpolitik.
- Große Projekte schrittweise umsetzen: So schaffen wir messbare Fortschritte, ohne den städtischen Haushalt zu überlasten.
Wohnen, Mieten & Leerstand
Wie wollen Sie bezahlbaren Wohnraum in Bad Honnef schaffen?
Bezahlbarer Wohnraum ist für mich ein zentrales Element einer familienfreundlichen Stadt. Dabei geht es nicht nur um neue Wohnungen – es geht auch darum, den bestehenden Wohnraum besser zu nutzen. Wir brauchen kreative Angebote und Beratungen, zum Beispiel für Umzüge oder Wohnungstausch. Denn gerade in Bad Honnef sehen wir häufiger als in anderen Städten: Ältere Menschen leben in Häusern, die ihnen längst zu groß geworden sind.
Die Frage ist: Wie schaffen wir attraktive Angebote für seniorengerechtes, selbstständiges Wohnen, sodass ältere Menschen freiwillig und gerne in alternative Wohnformen umziehen – und damit ihre größeren Wohnungen für Familien freimachen?
Verstehen Sie mich nicht falsch: Niemand soll aus seiner Wohnung gedrängt werden. Aber ich sehe, wie andere Städte – etwa Bonn unter der GRÜNEN Bürgermeisterin Katja Dörner – hier erfolgreich neue Wege gehen: mit gezielten Beratungsangeboten, persönlichem Dialog zwischen älteren Menschen und jungen Familien und der Vermittlung von Alternativen, die wirklich überzeugen.
Denn wenn ich weiß, wer bei mir einzieht, wenn Leben ins Haus kommt, und ich gleichzeitig ein neues Zuhause finde – mit Aufzug, ohne Gartenarbeit, aber mit guter Anbindung an Nahversorgung und Nachbarschaft –, dann fällt der Wechsel leichter. Das ist eine Frage des Respekts und der Lebensqualität. Solche Konzepte funktionieren andernorts – warum nicht auch bei uns in Bad Honnef?
Trotzdem ist klar: Wir brauchen auch neuen, bezahlbaren Wohnraum. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir dort, wo wir als Stadt noch Einfluss auf Bauprojekte haben, auf eine gesunde Mischung achten – zwischen Eigentum und bezahlbarem Mietwohnraum.
Ein Beispiel ist Selhof Süd: Ein Drittel der Fläche kann dort zur Bebauung freigegeben werden. Für mich ist klar: Wenn dort gebaut wird, dann ökologisch, sozial durchmischt und möglichst unter Einbindung von Wohngenossenschaften, damit Wohnraum entsteht, der auch langfristig bezahlbar bleibt.
Was unternehmen Sie gegen Leerstand in der Innenstadt und Wohnungsleerstand?
Wir müssen uns klar machen: Der klassische Einzelhandel in den Innenstädten kleiner und mittlerer Städte wie Bad Honnef hat gegen Amazon & Co längst verloren. Auch wenn das manche nur ungern hören – fast jede und jeder von uns hat schon einmal online bestellt. Das ist keine moralische Frage, sondern eine Entwicklung, die sich nicht aufhalten lässt.
Statt weiterhin viel Geld in die Subventionierung teurer Ladenmieten zu stecken, um einen überholten Zustand zu konservieren, brauchen wir neue, realistische Konzepte für unsere Innenstadt.
Ich bin überzeugt: Unsere Innenstädte müssen zu konsumfreien Erlebnisräumen werden – Orte, an denen Menschen sich gerne aufhalten, sich begegnen, Kultur erleben. Wer kommt denn heute noch gezielt zum Shoppen nach Bad Honnef? Aber wenn es Feste, Kulturveranstaltungen, Musik, Märkte oder einfach einladende Plätze mit Aufenthaltsqualität gibt – dann füllen sich die Straßen wieder. Dann wird die Innenstadt wieder ein lebendiger Treffpunkt.
Alle Maßnahmen, die die Innenstadt als sozialen Raum stärken, machen sie auch für Gewerbe wieder attraktiver – ganz ohne Zwang oder künstliche Subventionen.
Zudem will ich, dass wir bürokratische Hürden abbauen, wenn es um die Umnutzung leerstehender Ladenlokale geht. Mit einer Zweckentfremdungssatzung können wir außerdem gegen spekulativen Leerstand vorgehen und so dafür sorgen, dass Räume – ob gewerblich oder zum Wohnen – wieder bezahlbar vermietet werden.
Gibt es Konzepte für alternative Wohnformen oder geförderten Wohnungsbau?
Ja, solche Konzepte gibt es. Nicht nur im GRÜNEN Wahlprogramm, sondern auch in den Bibliotheken der Institute für Stadtplanung. Und genau diese Ideen gilt es jetzt auch in Bad Honnef aktiv umzusetzen.
Dazu gehören zum Beispiel Mehrgenerationenwohnanlagen, Wohngemeinschaften für Ältere, gemeinschaftliches Wohnen oder Wohnprojekte in genossenschaftlicher Trägerschaft. Diese Wohnformen stärken nicht nur den sozialen Zusammenhalt, sondern bieten auch Antworten auf die Frage, wie wir Wohnraum effizienter nutzen und gleichzeitig bezahlbar halten können.
Soziale Gerechtigkeit & Integration
Was tun Sie gegen Kinderarmut und soziale Ausgrenzung?
Beim Kampf gegen Kinderarmut ist in erster Linie die Bundesregierung gefragt. Die von der CDU geführte Regierung setzt finanzpolitisch falsche Prioritäten, statt soziale Gerechtigkeit zu fördern: Sehr reiche Menschen werden entlastet, während ideologische Einzelmaßnahmen wie die Mütterrente durchgesetzt werden. Und trotz der höchsten Staatsverschuldung bleibt kein Geld, zum Beispiel für eine deutliche Erhöhung des Kindergelds.
Kommunal sind unsere Handlungsmöglichkeiten begrenzt – die Haushalte sind so klamm, dass wir kaum Spielräume haben. Trotzdem werde ich mich dafür einsetzen, kostenfreie Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche auszubauen und wichtige Einrichtungen wie die Stadtbücherei, den Stadtjugendring oder günstige Familientarife für das Freibad zu erhalten. So können wir zumindest verhindern, dass Kinder und Jugendliche aus finanzschwachen Familien sozial ausgegrenzt werden.
Ich setze mich außerdem für bessere Unterstützungs- und Beratungsangebote ein, insbesondere für die Hauptrisikogruppe der Alleinerziehenden. Dazu gehört für mich auch der bedarfsgerechte Ausbau der Familienzentren, der Schulsozialarbeit und die Verbesserung von Ganztagsangeboten, damit alle Kinder – unabhängig vom Elternhaus – die Förderung bekommen, die sie verdienen.
Darüber hinaus möchte ich die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen stärken – etwa durch einen Kinder- und Jugendrat. Das fördert nicht nur die Mitbestimmung, sondern ist auch ein wichtiger Beitrag zur politischen Bildung.
Wie wollen Sie mehr Kitaplätze und pädagogisches Personal gewinnen?
Die Einrichtung von mehr und besseren Kitaplätzen ist mir ein ganz persönliches Anliegen. Als berufstätige Mutter weiß ich genau, wie wichtig eine qualitativ hochwertige und planbare Kinderbetreuung ist.
Deshalb brauchen wir dringend einen bedarfsgerechten Ausbau der Kitaplätze – in enger Zusammenarbeit mit den Trägern. Gleichzeitig setze ich mich für gute Bezahlung, Fortbildungen und bessere Arbeitsbedingungen für das pädagogische Personal ein. Auch praxisorientierte Ausbildungswege für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind wichtig, um den Fachkräftemangel zu beheben.
Zusätzlich brauchen wir kreative Angebote, die über die klassische Kita hinausgehen: etwa die Stärkung von Tageseltern und das Bereitstellen von Räumen, in denen Tageseltern auch außerhalb der eigenen Wohnung Kinder betreuen können. So können wir kurzfristig mehr Betreuungsplätze schaffen.
Außerdem engagiere ich mich persönlich für die Gründung einer größeren Kita, denn eine größere Einrichtung bietet für Personal und Eltern oft mehr Stabilität und Planungssicherheit.
Unterstützen Sie Projekte wie „Bad Honnef bleibt bunt“ oder queere Initiativen?
Selbstverständlich und ohne jede Diskussion! Das ist GRÜNE Politik und auch meine persönliche Überzeugung!
Welche Maßnahmen planen Sie zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit?
Zunächst muss ich feststellen – trotz des aktuellen Übergriffs an der Endhaltestelle und ohne das Problem kleinzureden –, dass Fremdenfeindlichkeit in Bad Honnef im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden weniger ausgeprägt ist. Das mag an der Internationalen Universität liegen oder an den Erfahrungen, die viele Menschen hier gemacht haben, als im Uhlhof noch das Ausbildungszentrum der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit war.
Wir in Bad Honnef sind es gewohnt, mit Menschen aus anderen Kulturen, mit unterschiedlichen Hautfarben und Sprachen zusammenzuleben – und haben daraus Freundschaften entwickelt. Unsere Stadtgesellschaft steht klar gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – und das ist gut so!
Doch diese Toleranz können wir nur bewahren, wenn wir weiterhin Begegnungen ermöglichen. Deshalb ist mir eine enge Zusammenarbeit der Stadt mit antirassistischen zivilgesellschaftlichen Initiativen wichtig. Ebenso setze ich mich für die Stärkung politischer Bildung und demokratischer Beteiligung ein.
Über unsere Partnerschaftskomitees können wir zudem den Austausch mit unseren Partnerstädten intensivieren. Solche Begegnungen schaffen Verständnis und Verbindungen – und sind damit ein wirksames Mittel gegen Fremdenfeindlichkeit.
Wie wollen Sie mit Geflüchteten und integrationspolitischen Herausforderungen umgehen?
Auch bei der Integrationsarbeit kann Bad Honnef stolz sein auf das großartige zivilgesellschaftliche Engagement der Menschen in unserer Stadt. Die Haupt- und Ehrenamtlichen in der Geflüchtetenhilfe müssen wir weiter stärken.
Dabei geht es mir nicht nur um finanzielle Unterstützung, sondern vor allem um politische Unterstützung, um ihre Sichtbarkeit zu erhöhen.
Durch Begegnungsangebote, Unterstützung bei Sprachkursen, gute Kinderbetreuung und bezahlbaren Wohnraum können wir die Teilhabe Geflüchteter stärken und ihre Integration in den Arbeitsmarkt fördern.
Wie bewerten Sie die politische Auseinandersetzung mit der AfD?
Die AfD muss man nicht inhaltlich stellen – sie ist eine Partei von Demokratiefeinden, die verboten werden muss! Es darf keine Toleranz gegenüber Intoleranz geben, sonst stirbt am Ende die Toleranz.
Konrad Adenauer und die anderen Mütter und Väter des Grundgesetzes haben aus gutem Grund – aus der verheerenden Erfahrung der Machtübernahme der Nazis – ein Parteienverbot im Grundgesetz verankert. Dieses Verbot hat hohe Hürden, doch wenn eine Partei klar verfassungsfeindlich agiert, müssen wir alle Möglichkeiten nutzen, die das Grundgesetz bietet, um zu verhindern, was Deutschland vor 100 Jahren schon einmal erlebt hat.
Wirtschaft & Kultur
Welche Ansätze haben Sie zur Wirtschaftsförderung in Bad Honnef?
Es reicht nicht, nur von Wirtschaftskompetenz zu reden – man muss sie auch nachweisen. Als Betriebswirtin und Wirtschaftspsychologin mit 20 Jahren Berufserfahrung in der Privatwirtschaft bringe ich Wirtschaftskompetenz aus Theorie und Praxis mit. Deshalb weiß ich genau, wie wir Unternehmen am Standort Bad Honnef halten und neu ansiedeln können.
Für mich ist klar: Wirtschaftsförderung darf niemals Chefsache sein! Sie muss als Querschnittsthema in allen Bereichen der Stadtentwicklung mitgedacht werden. Es braucht den Dialog aller – mit Unternehmen, Handwerk und Einzelhandel – und nicht das Hinterzimmer einer einzelnen Person.
Denn Wirtschaftsförderung ist kein Selbstzweck, sondern die Grundlage, um all die Maßnahmen zu finanzieren, die das Leben in unserer Stadt besser machen. Die Gewerbesteuereinnahmen sind die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Nur durch eine integrierte Wirtschaftsförderung schaffen wir die Basis, um all diese Ziele umzusetzen.
Was verstehe ich unter nachhaltiger Wirtschaftsförderung?
Sie bedeutet die Stärkung der Innovationsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen durch gezielte Förderung der Zusammenarbeit zwischen Forschung und Privatwirtschaft. So unterstützen wir junge, innovative Unternehmen und sichern die Wettbewerbsfähigkeit etablierter Firmen. Nachhaltigkeit ist der Schlüssel zur Innovation – und Innovation der Schlüssel zur nachhaltigen Entwicklung.
Ich stehe für eine Wirtschaftspolitik, die Innovationen fördert. So sichern wir die Zukunftsfähigkeit Bad Honnefs und schaffen neue Jobs, die mehr sind als nur eine Erwerbsquelle.
Für Bad Honnef als Hochschulstandort sehe ich großes Potenzial: Ich möchte lokale Gründungen und kleine Unternehmen etwa durch bezahlbare Gewerbeflächen unterstützen. Besonders Ausgründungen aus der Alanus Hochschule spielen hier eine wichtige Rolle.
Und ganz ehrlich: Der Leerstand von Ladenlokalen in der Innenstadt ist eine Chance – für temporäre Nutzungen und kreative Konzepte.
Die Stärke Aegidienbergs liegt in der Nähe zur A3 – das bietet enormes Potenzial für Unternehmen, die diese Infrastruktur nutzen, etwa in Logistik, Transport und Verkehr. Als Mitarbeiterin des größten Logistikunternehmens der Region weiß ich, wovon ich spreche.
Wie soll trotz knapper Kassen Sport und Kultur weiterhin unterstützt werden?
Bad Honnef hat eine lebendige freie Kulturszene – etwa mit der 7 Mountains Music Night, den hautNah-Veranstaltungen oder Rheinspaziert. Darauf können wir aufbauen. Die einfachste Unterstützung für diese Kulturszene ist die vereinfachte Nutzung von Räumen und weniger Bürokratie, zum Beispiel bei der Plakatierung von Kulturveranstaltungen.
Die KaSch muss als Veranstaltungsort auch für kommerzielle Kulturveranstaltungen offenstehen. Es braucht ein klares Nutzungskonzept zu fairen Bedingungen für den Kursaal und auch Open Air Veranstaltungen müssen im Stadtgebiet ohne große Auflagen möglich gemacht werden.
Im Sportbereich setze ich mich für faire Nutzungsbedingungen der Sportanlagen ein. Investitionen sollen nach klaren Kriterien erfolgen. Die Sportstätten an den Schulen, das Zentrum an der Menzenberger Straße sowie die Anlagen der Sportfreunde Aegidienberg, des HFV, TV Eiche und anderer Vereine müssen mit städtischer Unterstützung in gutem Zustand bleiben.
Als Bürgermeisterin werde ich mich persönlich dafür einsetzen, Fördermittel von Land, Bund und Europa zu akquirieren – und die Vereine bei der Fördermittelbeschaffung unterstützen.
Sportstätten sind immer auch Begegnungsstätten! Deshalb haben wir GRÜNE von Anfang an den Ausbau des Quartierszentrums Menzenberg unterstützt. Dank unseres Einsatzes wurden die Pläne so angepasst, dass die Mehrzweckhalle nun auch für Trainings und Veranstaltungen der Garden aus Bad Honnef geeignet ist – ohne dass sich die Gruppen bei Hebungen und Würfen die Köpfe anstoßen.
Wie kann Bad Honnef für junge Menschen, z.B. Studierende der Alanushochschule, attraktiver werden?
Ich möchte attraktive Räume für junge Menschen schaffen – dazu gehören Treffpunkte, Freizeitangebote und neue Kulturformate. Die Hochschule will ich als zentralen Akteur in die Stadtentwicklung einbinden und ihr Potenzial endlich für Stadtentwicklung sowie Wirtschafts- und Kulturförderung nutzen. Deshalb strebe ich eine intensive Kooperation mit dem neuen Träger, der Alanushochschule, an.
Wir drehen uns im Kreis: Bezahlbarer Wohnraum, alternative Wohnformen und ein gutes Wohnraummanagement sind für junge Menschen zentrale Themen – genauso wie ein funktionierender öffentlicher Nahverkehr.
Als Expertin für Digitalisierung und Transformation setze ich mich außerdem für freies WLAN an öffentlichen Orten ein. Digitale Angebote, inklusive digitaler Verwaltung und Bürgerdienste, sind gerade für junge Menschen entscheidend für die Attraktivität von Bad Honnef.
Bürgerbeteiligung & Transparenz
Wie möchten Sie Transparenz in der Verwaltung und bei politischen Entscheidungen erhöhen?
Seit vielen Jahren beschäftige ich mich beruflich mit Digitalisierung und der Optimierung von Verwaltungsprozessen. Diese Erfahrung möchte ich als Bürgermeisterin gezielt für die Weiterentwicklung unserer Stadt Bad Honnef einsetzen.
Das beginnt bei einer nutzerfreundlichen städtischen Website mit Echtzeit-Informationen zu Entscheidungen und Prozessen. Ich möchte alle Rats- und Ausschussentscheidungen inklusive Vorlagen und Abstimmungsergebnissen transparent machen. Dazu gehören auch ein digitales Anregungs- und Beschwerdeverfahren für Bürgerinnen und Bürger sowie – wo rechtlich möglich – die Veröffentlichung von Gutachten und städtischen Planungen. Die Digitalisierung interner Verwaltungsprozesse ist dabei ein weiterer wichtiger Baustein.
Welche neuen Formate der Bürgerbeteiligung planen Sie?
Mein Ziel ist es, Bürgerbeteiligung verbindlicher und hochwertiger zu gestalten. Dazu setze ich auf digitale und hybride Formate, um mehr Menschen zu erreichen. Vor allem aber möchte ich einen Bürgerinnen- und Bürgerrat einführen, der regelmäßig zentrale Zukunftsthemen der Stadt öffentlich diskutiert.
Zusätzlich plane ich einen Kinder- und Jugendrat und Stadtteilworkshops – nicht nur zur Mitbestimmung, sondern auch als Beitrag zur politischen Bildung und gelebten Demokratie.
Sind Sie für einen Bürgerhaushalt oder regelmäßige Bürgerversammlungen?
Ein Bürgerhaushalt ist ein wirkungsvolles Instrument echter Bürgerbeteiligung. Wichtige Projekte und Planungen sollen frühzeitig und transparent diskutiert werden – mit echter Mitsprache, die über reine Information hinausgeht und Ideen aus der Stadtgesellschaft aktiv aufgreift. So schaffen wir mehr als symbolische Beteiligung: verbindliche Mitgestaltung.
Kommunalpolitik & Zukunftsstrategie
Wie bewerten Sie die Kommunalpolitik der letzten 10 Jahre in Bad Honnef?
In den letzten zehn Jahren wurde in Bad Honnef viel erreicht – trotz großer Herausforderungen wie der Fluchtbewegungen aus Syrien und der Ukraine sowie der Corona-Krise. Unsere Stadt steht heute besser da als vor einem Jahrzehnt, und der Weg aus dem Haushaltssicherungskonzept ist greifbar. Dafür gebührt Otto Neuhoff und seinem Team Dank und Anerkennung.
Bad Honnef hat viel angestoßen und gezeigt, dass es bereit ist, die Zukunft zu gestalten. Doch es wurden auch Chancen verpasst – vor allem bei Digitalisierung, Transparenz und Bürgerbeteiligung. Hier braucht es mehr Mut und Engagement.
Auch beim Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel waren wir bisher oft zu zögerlich. Jetzt ist es Zeit, entschlossener zu handeln und die Zukunftsprojekte endlich auf die Straße zu bringen.
Sind Sie für eine stärkere interkommunale Zusammenarbeit? Wenn ja, in welchen Bereichen (z.B. Mobilität, Verwaltung, Schulwesen)?
Ja, eindeutig. Ich bin mit Lutz Wagner, dem Bürgermeister von Königswinter, und auch mit Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner im engen und vertrauensvollen Austausch. Beide leisten hervorragende Arbeit, und ich bin überzeugt, dass sie wiedergewählt werden. Als Bürgermeisterin von Bad Honnef kann ich auf diesen starken Dialog aufbauen.
Auch Otto Neuhoff ist in der Bürgermeisterrunde des Rhein-Sieg-Kreises hervorragend vernetzt. Ich bin sicher, dass er mir dieses Netzwerk übergeben und den Übergang aktiv unterstützen wird.
Diese Kooperationen sind entscheidend – etwa bei der Verkehrsplanung und Mobilität, beim Hochwasserschutz, bei der Renaturierung, bei Bildungskooperationen oder auch bei der Digitalisierung der Verwaltung. Es ist doch absurd, dass jede Kommune in NRW ihre eigene digitale Plattform entwickeln muss, statt auf eine zentrale, landesweite Lösung zurückgreifen zu können. Umso wichtiger ist es, dass wir auf regionaler Ebene gut zusammenarbeiten – und genau dafür werde ich mich stark machen.
Halten Sie Förderprogramme für ausreichend oder braucht es strukturelle politische Veränderungen?
Es gibt viele Förderprogramme von Bund, Land und EU – daran scheitert es nicht. Das Problem ist: Viel zu häufig fehlt es an Kapazitäten, um diese Mittel auch tatsächlich zu beantragen. Genau hier will ich ansetzen: Wir müssen aktiver, schneller und strategischer werden, um alle Fördermöglichkeiten konsequent zu nutzen.
Zugleich reicht es nicht, auf Projektförderung angewiesen zu sein. Kommunen brauchen dauerhaft mehr finanzielle Mittel. Wir übernehmen ein Drittel der öffentlichen Aufgaben, bekommen aber nur etwa die Hälfte der Steuereinnahmen zurück. Das ist weder gerecht noch zukunftsfähig – hier braucht es einen klaren Kurswechsel von Bund und Land.
Allgemeine Fragen:
Was motiviert Sie persönlich, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren?
Ich habe mich vor einigen Jahren bewusst entschieden, in die Kommunalpolitik zu gehen – aus Sorge um die Sicherheit meiner Kinder auf dem Schulweg. Ich wollte nicht länger zusehen, wie unsichere Verkehrswege den Alltag vieler Familien erschweren. Seitdem engagiere ich mich ehrenamtlich, unter anderem im Vorstand des Stadtelternrats und als Vorsitzende der Grünen in Bad Honnef.
Als meine Partei mich bat, für das Amt der Bürgermeisterin zu kandidieren, war für mich sofort klar: Das ist die konsequente Fortsetzung meines Engagements. Denn hier kann ich meine berufliche Erfahrung und meine Expertise in Digitalisierung und Prozessoptimierung gezielt und wirkungsvoll für unsere Stadt und ihre Menschen einsetzen.
Welche drei Prioritäten setzen Sie in Ihrer ersten Amtszeit?
Folgende drei Prioritäten werde ich in meiner ersten Amtszeit setzen:
- Stadtentwicklung für die Menschen:
Eine familienfreundliche, generationengerechte und verbindende Stadt, in der alle gut und gerne leben können. - Nachhaltigkeit als Leitprinzip:
Eine zukunftsfeste Stadtentwicklung, die ökologisch, ökonomisch und sozial tragfähig ist – dauerhaft und verantwortungsvoll. - Finanzielle Handlungsfähigkeit zurückgewinnen:
Raus aus dem Damoklesschwert der Haushaltssicherung – denn Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts.
Wie möchten Sie unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen (z.B. Jugendliche, Senioren, Menschen mit Behinderung) in Ihre Politik einbinden?
Wie bereits erwähnt. Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist das Herzstück integrativen Kommunalpolitik: Jugendrat, digitale Beteiligungsformate, Bürgerinnen und Bürgersprechstunden, – Versammlungen und frühzeitige Beteiligung in Planungsprozessen. So wird’s was!
Wo sehen Sie Bad Honnef im Jahr 2035?
Bad Honnef 2035 – der Ort an dem Menschen gerne zusammenleben und arbeiten!
Zur Person
Ehrenamtliches Engagement
Seit 2023 Vorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bad Honnef
Seit 2023 im Vorstand des Stadtelternrats Bad Honnef und seit 2021 Mitglied im Stadtelternrat Bad Honnef
Seit 2021 Mitarbeit bei den Frühen Hilfen
Ausbildung und Beruf
Seit 2018 Deutsche Post AG, Digitalisierung und Transformation
2015 – 2018 Deutsche Post AG, Business Analyse für Softwareprojekte
2013 – 2014 Deutsche Post AG, Senior Sachbearbeitung
2013 – 2016 Europäische Fernhochschule Hamburg, Master of Science Wirtschaftspsychologie
2009 – 2012 Deutsche Post AG, Sachbearbeitung in der Auslieferung, Stellvertretende Standortleitung
2007 – 2009 Deutsche Post AG, Duales Studium, Bachelor Betriebswirtschaftslehre
Geboren am 9.September in Pinneberg, Schleswig-Holstein. Ich bin verheiratet und habe 2 Kinder.