Bad Honnef – Mit Massenprotesten gegen rechtsradikale Entwicklungen in Deutschland machen Bürgerinnen und Bürger deutlich, dass sie nicht gewillt sind, Organisationen wie der AfD weiterhin eine Bühne für ihr demokratiefeindliches Agieren zu gestatten. Die Bedeutung des Widerstands ist groß, denn in diesem Jahr finden zahlreiche Wahlen statt, bei denen die AfD Chancen hat, ihren Einfluss auszubauen. Am Sonntag gingen in Bonn rund 30.000 Menschen auf die Straße und gestern rund 3.000 in Eitorf. Freitag ist eine Demonstration auf dem Marktplatz in Königswinter-Altstadt geplant, einen Tag später, am 27.1.2024, 18 Uhr, auf dem Bad Honnefer Marktplatz.
Der Zeitpunkt der Antwort in Deutschland lebender Bürgerinnen und Bürger auf die rechtsradikalen Tendenzen hat auch große Symbolkraft. Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg den Vorsitzenden der NSDAP Adolf Hitler zum Reichskanzler. Am 1. Februar 1933 ließ Hitler den Reichstag auflösen. Die sogenannte Machtergreifung Hitlers bedeutete faktisch das Ende der Weimarer Demokratie. Die leidvollen Folgen sind bekannt.
Das Siebengbirge spielte während der Naziherrschaft keine unbedeutende Rolle. So ist auf dem Portal Rheinische Geschichte zu lesen: „Die NSDAP war bis 1930 eine politisch unbedeutende Partei am rechten Rand. Die ersten Nationalsozialisten im Siebengebirge kamen von auswärts hierher: Ende April 1922 nahm die Kölner Ortsgruppe an der Gautagung des „Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbundes“ auf der Insel Grafenwerth teil, im Juni desselben Jahres feierten Nationalsozialisten und Deutschvölkische die Sonnwendfeier auf der Rosenau.“ Und weiter: „Während Hitler einerseits die NSDAP als einzige rechte Partei etablierte, diente er sich andererseits den bürgerlichen Kreisen an. Zu diesem Zweck traf er sich mit Vertretern der Wirtschaft unter anderem 1926 in Königswinter. Da Hitler noch das Reden auf öffentlichen Versammlungen verboten war, musste er innerhalb einer geschlossenen Gesellschaft sprechen. Die Ausführungen seines Vortrages zur „Deutschen Wirtschafts- und Sozialpolitik“ sind nicht überliefert, wohl aber ein Foto, das Hitler und Heß auf der Königswinterer Fähre zeigt.“
Im damaligen Honnef fand Hitlers NSDAP besonderen Zuspruch: „In der Reichstagswahl vom September 1930 gelang der NSDAP der Durchbruch von der unbedeutenden Splitterpartei zur Massenpartei: im Reich erhöhte sich ihr Stimmenanteil von 2,6 auf 18,3 Prozent, in Honnef von unter 1 auf 16,6 Prozent, in Königswinter auf 14,7 Prozent, in Oberkassel auf 10,7 Prozent und in Oberpleis auf 12,3 Prozent!“
Da wir uns zurzeit in der 5. Jahreszeit befinden, lohnt auch ein Blick auf die Rolle des Kölner Karnevals während der Hitlerzeit. Dazu und zur Aufarbeitung der Geschichte hat die Süddeutsche Zeitung 2011 einen Beitrag veröffentlicht.
Der Festausschuss Bonner Karneval positioniert sich eindeutig gegen rechts. Am Sonntag trat die Präsidentin Marlies Stockhorst während der Demo auf dem Bonner Marktplatz als Rednerin auf.
Auf der Website des Festausschusses steht:
„Karneval stellt sich gegen Rassismus und Intoleranz. Karneval steht wie kein anderer Brauch für Freiheit und Toleranz. Für uns Jecke spielt es keine Rolle, woher jemand kommt, wie er aussieht oder wen er liebt. Schon in „Unser Stammbaum“, der inoffiziellen Hymne des rheinischen Brauchtums, singen die Bläck Föös:
Su simmer all he hinjekumme,
mir sprechen hück all dieselve Sproch.
Mir han dodurch su vill jewonne.
Mir sin wie mer sin, mir Jecke am Rhing.
Dat es jet ,wo mer stolz drop sin.
Der Festausschuss BONNER KARNEVAL stellt sich gegen Rassismus und Intoleranz und unterstützt deswegen den Aufruf der demokratischen Parteien im Bonner Stadtrat.“
Auch der Kölner Karneval reagiert. Auf der Demo in Köln spielten die Paveier „Heimat es“, die Bläck Fööss „Stammbaum“ und auch der Song „Kein Kölsch für Nazis“ fehlte nicht. Kasalla, Brings, Eko Fresh und Querbeat standen abwechselnd auf der Bühne, berichtet das Portal report-k.de. Und: „Auf der Deutzer Werft steht zudem ein Karnevalswagen. Auf dem steht ein Zitat von Götz von Berlichingen: „Er aber, sags ihm, er kann mich im Arsche lecken!“ Besonderes Augenmerk sollte bei dem Zitat auf das Zwei-Buchstabenwort „im“ gelegt werden. Am Wagen montiert ein Kallendresser, der seine bläcke Fott denen präsentiert, deren Hand den deutschen Gruß zeigt. Der Wagen soll an Rosenmontag durch die Innenstadt rollen.