Bad Honnef – Heute Abend soll in der Ratssitzung die „Satzung der Stadt Bad Honnef über die Bildung einer Seniorenvertretung vom 10.10.2018“ aufgehoben werden. Die Rolle der demokratisch gewählten Vertretung soll ein Fachbeirat übernehmen. Damit verliert Bad Honnef ein Instrument gesellschaftlicher Selbstbestimmung und politischer Teilhabe. In den Prozess selbst war die gewählte Seniorenvertretung nicht einbezogen.
Der Vorgang wird von der Landesseniorenvertretung NRW heftig kritisiert. In einem Brief an Bürgermeister Otto Neuhoff klärt der Vorsitzende der Landesseniorenvertretung, Karl-Josef Büscher, Bad Honnefs Stadtoberhaupt darüber auf, dass ein solcher Fachbeirat zwar die vielfältigen Aufgaben nach § 71 SGB XII „Altenhilfe“ in der Kommune unterstützen könne, die „Aufgaben selbst werden ja im Rahmen der Daseinsvorsorge als Pflichtaufgabe im Ermessen der Kommune erfüllt und nicht von einem beratenden Fachbeirat“.
Mit der Gründung einer Seniorenvertretung habe Bad Honnef im Jahr 2018 bereits einen prominenten Auftrag erfüllt, „denn der Paragraf 71 SGB XII, Abs. 2 sieht die Förderung des Engagements Älterer selbst – nicht anwaltschaftlich – als quasi erste Leistung, die die Kommune fördern soll, vor“. Dies entspreche laut Büscher auch der Zielsetzung des § 27 a der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen. Da die Landesseniorenvertretung an der Schaffung und Formulierung des § 27 a GO NRW maßgeblich beteiligt gewesen sei, kenne er die Zielsetzung des § 27 a GO NRW sehr genau. Büscher: „Es geht um die Mitwirkung der älteren Menschen selbst und nicht um deren anwaltschaftliche Vertretung. Diese Sichtweise auf das Alter haben wir in NRW bereits mit dem 2. Landesförderplan Alter (1991) vollzogen. Die Abkehr von der ausschließlichen Fürsorge gegenüber dem Alter hin zu Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. Ein Fachbeirat, wie in Bad Honnef geplant, stellt eine anwaltschaftliche Vertretung der Älteren dar. Dies ist weder wünschenswert – auch im Sinne eines aufgeklärten Altersbildes, als auch notwendig, denn in Bad Honnef gibt es ja bereits ein Vertretungsgremium der Älteren selbst, wie es der § 27 a GO NRW vorsieht.“
Die Landesseniorenvertretung, die die Gründung der Bad Honnefer Seniorenvertretung begleitet hat, habe in Bad Honnef eine partei- und verbandspolitisch unabhängige Partizipation älterer Menschen angetroffen, so Büscher. Umso erstaunter sei die LSV, „dass dies zur Disposition steht. Gerne hätten wir einen Veränderungsprozess beratend begleitet, da dies in vielen Kommunen erfolgreich – unter Beibehaltung der demokratiestärkenden Mitwirkungsstruktur „Seniorenvertretung“ und dem Einbezug aller Beteiligten – angegangen wird“.
Als Dachverband von derzeit 174 kommunalen Seniorenvertretungen in Nordrhein-Westfalen kritisiert die Landesvertretung die geplante Abschaffung der Seniorenvertretung in Bad Honnef deutlich. Sie wolle damit keineswegs die Selbstverwaltungshoheit der Kommune Bad Honnef infrage stellen, sondern Unterstützung anbieten. Denn auch für diese Aufgabe werde sie seit vielen Jahren vom Land NRW parteipolitisch und unabhängig gefördert. „Bevor ein gewähltes Gremium aufgelöst wird, sollte eine Diskussion mit den Vertreterinnen und Vertretern dieses bestehenden Gremiums über die Kritik an dem Gremium erfolgen. Dies gebietet ein faires, demokratisches Miteinander. Unserer Kenntnis nach fand eine solche Diskussion nicht statt“, so Büscher.
Der Landesseniorenrat sieht nun das Problem, dass durch die geplante Abschaffung der Seniorenvertretung die reale Gefahr besteht, Menschen für das Engagement zu verlieren. Nach seinen Erfahrungen könne sich das keine Kommune erlauben.
Des Weiteren hält es die LSV für möglich, dass der geplante Fachbeirat – im Hinblick auf seine partei- und verbandspolitische Unabhängigkeit – als unglaubwürdig angesehen werden könne. Ein geplanter Fachbeirat würde keine gewählte, partei- und verbandspolitisch unabhängige Seniorenvertretung ersetzen.