Bad Honnef – Der Straßenraum gleicht derzeit einem Dschungel: Wahlplakate hängen an fast jeder Laterne, das Stimmengewirr der Parteien übertönt sich gegenseitig. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist es nicht leicht, in diesem Urwald den Überblick zu behalten – erst recht nicht für die rund 16- bis 18-Jährigen, die am 14. September zum ersten Mal zur Wahlurne gehen dürfen.
„Wer nicht wählt, lässt andere über sich entscheiden. Es geht um die Richtung für die nächsten fünf Jahre – da gibt es keine Ausrede, nicht wählen zu gehen“, betont Marius Nisslmüller, Vorsitzender des Stadtjugendrings Bad Honnef.
Um Orientierung zu schaffen, hat der Stadtjugendring ein umfangreiches Informationsangebot gestartet. Auf der Webseite sjr-honnef.de/wahl finden sich Programme der Parteien zu zentralen Themen wie Verkehr, Klima, Bildung und Freizeit. Auch die Kandidatinnen und Kandidaten für Bürgermeister- und Landratsamt stellen sich dort mit Steckbriefen vor. Einen spielerischen Einstieg bietet der „Honnef-O-Mat“ (wahl.sjr-honnef.de): Anhand von 25 Thesen können Wählerinnen und Wähler ihre Positionen mit denen der Parteien abgleichen – ähnlich dem bundesweit bekannten Wahl-O-Mat.
Doch der Jugendring setzt nicht nur auf digitale Angebote. In den kommenden Tagen sollen Bierdeckel in Kneipen und Plakate in Schaufenstern provokant zur Wahl motivieren. Entwickelt wurden die Materialien von einem jungen Team des Vereins – angelehnt an die landesweite Kampagne #ohnedichwirdsnix.
Ein weiterer Höhepunkt ist das Wahl-Barcamp am 3. September im Kurhaus. Zwischen 9 und 13 Uhr können Schülerinnen und Schüler der drei weiterführenden Schulen in Bad Honnef Parteien und Kandidierende direkt kennenlernen und ins Gespräch kommen.
Wünsche und Sorgen der Jugend
Wie wichtig jungen Menschen politische Teilhabe ist, zeigt eine Umfrage, die der Jugendring vor den Sommerferien durchgeführt hat. Rund 330 Kinder und Jugendliche nahmen teil. Fast 70 Prozent lehnen eine Bebauung von Selhof-Süd ab und fordern mehr Grünflächen. Mehr als die Hälfte begrüßt die neue Fußgängerzone am Saynschen Hof sowie die geplante Verlegung des Bahnhofs. Kritisch gesehen wird hingegen das noch immer begrenzte Freizeitangebot jenseits von Vereinen. Gewünscht sind Skateparks, Mountainbike-Strecken oder offene Treffpunkte.
Positiver als noch 2020 bewerten die Befragten das Bus-Angebot, die Schulen, Sportstätten und Ausgehmöglichkeiten. Belastend bleibt allerdings die stockende Sanierung des Siebengebirgsgymnasiums. Insgesamt fühlen sich zwar mehr Jugendliche als vor fünf Jahren von der Kommunalpolitik berücksichtigt – wirklich politisch vertreten sieht sich aber weniger als die Hälfte.
„Vor allem Versprechungen, die nicht eingelöst werden oder ewig auf sich warten lassen, wie bei der SIBI-Renovierung, schädigen das Vertrauen in die Politik“, warnt Angela Mönig, stellvertretende Vorsitzende des Stadtjugendrings. Beteiligung müsse projektorientierter und zielgerichteter erfolgen – mit konkreten Ergebnissen, die spürbar seien. Ein positives Beispiel sei die Mitwirkung bei der Neugestaltung des Franz-Xaver-Trips-Platzes, auch wenn die Umsetzung noch aussteht.
Mehr als ein Kreuzchen
Am 14. September endet der Wahlkampf – und für viele junge Menschen beginnt erstmals der Weg in die Wahlkabine. Der Stadtjugendring will deutlich machen: Politische Teilhabe ist weit mehr als ein Kreuzchen auf dem Stimmzettel. Sie lebt vom Mitgestalten, vom Dialog und davon, die eigene Stimme zu nutzen.