Es gibt Wörter, die sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Opfer“ zum Beispiel. Das klingt nach Tragik, nach Gewalt, nach menschlichem Leid. Nach einer Schlagzeile, die man lieber nicht lesen möchte. In Bad Honnef wurde der Opferkreis erweitert: um Müll.
„Jedes Müllopfer ist eines zu viel“, verkündet die neue Kampagne der Stadt, und man fragt sich kurz, ob man beim Blick auf den Coffee-to-go-Becher am Straßenrand die Schweigeminute vergessen hat. Opferkerze an, Trauermarsch abspielen, vielleicht noch ein Gedenkstein für die Chipstüte?
Dabei ist die Idee dahinter ehrenwert: mehr Sauberkeit, mehr Bewusstsein, weniger Müll. Doch das Wörtchen „Opfer“ stolpert mit vollem Gewicht in den Slogan hinein. Wer jahrelang gelernt hat, dass „kein Opfer zu viel“ bedeutet, dass Menschen verletzt, missbraucht oder getötet wurden, der zuckt nun bei jedem Pappbecher zusammen. Nicht aus Umweltbewusstsein – sondern aus sprachlicher Irritation.
Vielleicht hätte es auch ohne Pathos funktioniert. „Jeder Müll ist einer zu viel“ klingt zwar weniger dramatisch, aber wenigstens kann niemand das falsche Taschentuch mit einem Kriminalfall verwechseln oder einer Kampagne gegen Missbrauch.
Zur Diskussion über diesen Fauxpas eingeladen hat übrigens ein Facebook-User, bei der Stadt kein Unbekannter. Man kann ihm nur dankbar sein, dass die Verantwortlichen die Chance erhalten, über ihre Kampagne nachzudenken. Sonst könnte aus der guten Idee ein sprachliches Missverständnis werden – und das eigentliche Opfer der Kampagne ist am Ende die Botschaft selbst.
Bad Honnefer Sauberkeitskampagne: Diskussion um Slogan „Jedes Müllopfer ist eines zu viel“