Bad Honnef -Auch in Bad Honnef fällt eine große Zerstörungswut bei Wahlplakaten auf. In dieser Woche wurden beispielsweise in Aegidienberg zahlreiche Plakate fast aller werbenden Parteien zerschlagen, zerrissen und mutwillig abgehängt. Besonders perfide war die Zerstörung von SPD-Plakaten in Aegidienberg, bei denen das Gesicht der Kandidatin herausgeschnitten wurde. Die SPD hat daraufhin Anzeige erstattet. An diesem Wochenende wurde die Zerstörung beispielsweise in der Hauptstraße im Tal und in Rhöndorf fortgesetzt.
Wahlplakate sind ein traditionelles Mittel der politischen Kommunikation und spielen eine wichtige Rolle im Wahlkampf. Sie sind oft das Erste, was Wähler von einer Partei oder einem Kandidaten sehen und können dazu beitragen, die Bekanntheit zu steigern. Durch auffällige Designs und prägnante Slogans versuchen Parteien, die Aufmerksamkeit der Wähler zu gewinnen und ihre Botschaften zu vermitteln.
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Es gibt kritische Stimmen, die die Effektivität von Wahlplakaten infrage stellen. Einige Experten argumentieren, dass in Zeiten von Social Media und digitaler Kommunikation die Bedeutung von Plakaten abnimmt. Wähler informieren sich zunehmend online über politische Themen und Kandidaten, was die Rolle traditioneller Wahlplakate relativiert.
In einem Interview im Spiegel sagt Frank Brettschneider, Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim, dass Plakate nach wie vor trotzdem wichtig seien. Denn „der größte Teil der Wählerinnen und Wähler, nämlich die über Sechzigjährigen, lebt nicht so sehr in dieser digitalen Welt und informiert sich kaum über Politik auf TikTok oder Instagram. Außerdem gibt es kein anderes Wahlwerbemittel, wirklich keins, das von so unterschiedlichen Menschen gleichermaßen wahrgenommen wird“. Aus der Forschung wisse man, dass Plakate im Schnitt drei bis fünf Sekunden lang wahrgenommen würden, in bestimmten Situationen auch länger. Auf die Frage, ob Wahlplakate jemanden dazu bewegen können, eine bestimmte Partei zu wählen, sagt Brettschneider: „Es gibt wahrscheinlich niemanden, der vor einem Plakat steht und sagt: ‚Hey, was für ein cooles Plakat, jetzt wähle ich die Partei‘.“ Die wichtigste Funktion von Wahlplakaten sei, auf „Themen aufmerksam zu machen, für die die jeweilige Partei steht. Bei den Grünen ist das immer noch der Klimaschutz und der Umweltschutz, bei der SPD sind es klassisch soziale Themen, bei der CDU ist es eher Wirtschaft, bei der AfD die Migration“.
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Im Vorfeld der Bundestagswahl sind in Sachsen-Anhalt laut MDR bereits knapp 700 Wahlplakate zerstört oder gestohlen worden. SWR berichtet, die CDU habe in Rheinland-Pfalz eine Zunahme nach der Bundestagsabstimmung zum Gesetzentwurf für eine Änderung der Migrationspolitik festgestellt. Die Grünen würden von bis zu 30 Prozent zerstörten Wahlplakaten in einigen Kreisen sprechen. Bei der SPD bewege sich die Zahl auf einem ähnlichen Niveau wie bei Wahlen in den vergangenen Jahren, und die AfD in Rheinland-Pfalz sehe keine spürbare Zunahme im Vergleich mit früheren Wahlkämpfen. Allerdings sei die Zahl der Plakatbeschädigungen regional stark unterschiedlich. Radio Bremen berichtet, die Bremer FDP spreche von einer enormen Zerstörungswut, die SPD von einer neuen Qualität. Auch Beleidigungen gebe es häufiger. Der Bonner General-Anzeiger schreibt, in Bonn seien zahlreiche Wahlplakate in diesem Jahr von Vandalismus betroffen. Die Parteien hätten in einigen Fällen Anzeige bei der Polizei erstattet.
Der Journalist Markus Feldenkirchen formuliert in einem Meinungsbeitrag: „Diese Sachbeschädigung ist ein Beitrag zur Verrohung der politischen Kultur. Wenn Vandalismus zum Kavaliersdelikt wird, ist der Weg zur körperlichen Gewalt frei.“ Und in Erinnerung an die körperlichen Angriffe auf Wahlhelfer resümiert er: „Zusammen ergeben all diese Einzelnachrichten ein Muster, das Bild einer neuen, gewalttätigen politischen Kultur, die an ganz andere Zeiten erinnert. An die politische Kultur der Weimarer Republik, die eine Rampe zum dunkelsten Kapitel war, nicht nur der deutschen, sondern der Menschheitsgeschichte. An eine politische Kultur, in der die Kraft des Stärkeren auf der Straße irgendwann den Diskurs prägte, in der Gewalt, Skrupel- und Ruchlosigkeit am Ende mehr zählten als die Kraft des Arguments.“
Übrigens ist die Zerstörung von Wahlplakaten kein Kavaliersdelikt. kommunal.de klärt auf, dass nach § 303 Absatz 1 des Strafgesetzbuches das Abreißen von Wahlplakaten als Sachbeschädigung gilt: „Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft.“ § 303 StGB regelt auch das Übermalen von Wahlplakaten. „Wer Slogans durchstreicht, Politikern schwarze Zähne malt oder eigene Parolen draufschreibt, begeht ebenfalls eine Sachbeschädigung. Und dabei kommt es nicht darauf an, welchen Inhalt das Plakat hat oder ob es vor oder erst nach der Wahl beschädigt wurde“, so kommunal.de.
Bürger, die verfassungsfeindliche Symbole auf Wahlplakate schmieren, also zum Beispiel Hakenkreuze, dürfen mit besonders harten Strafen rechnen. Nämlich mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.