Bad Honnef | Der Kanalbau – ein Jahrhundertprojekt. Seine Vorgänger trauten sich nicht, das über 80 Jahre alte und bereits seit Jahrzehnten marode Kanalsystem zu erneuern. Bürgermeister Otto Neuhoff packte es an, mit guten Leuten an seiner Seite. Im Mittelpunkt Abwasserchef Marcus Killat, der fachlich und kommunikationstechnisch erstklassige Arbeit leistet.
Dennoch hat der Kanalbau seine Tücken. Abgesehen von den Auswirkungen der Behinderungen, die sich bei den Tageseinnahmen des Einzelhandels immer stärker bemerkbar machen, entwickelten sich auch die Arbeiten an den Hausanschlüssen aufwändiger als geplant. Teile der Straßendecken sackten ein, Hauswände bekamen Risse und in der Kirchstraße muss sogar eine alternative Bauweise angewandt werden. Die dortigen Bodenverhältnisse lassen einen Rohrvortrieb gar nicht zu.
Honnef heute wollte von Marcus Killat wissen:
Etwa ein Drittel der geplanten Zeit für die Kanalerneuerung ist um. Sind Sie mit dem Verlauf zufrieden?
Marcus Killat: Der Kanalvortrieb ist, trotz teilweise widriger Bodenverhältnisse gut verlaufen. Insofern sind wir mit dem zeitlichen Ablauf und der Umsetzung der Arbeiten durch die Baufirma bisher sehr zufrieden.
Welche Probleme gab es, welche müssen noch gelöst werden?
Marcus Killat: Die bereits erwähnten Bodenverhältnisse (Einlagerungen von Findlingen und größeren Steinen) führen dazu, dass das für die obere Kirchstraße geplante Bauverfahren nicht angewendet werden kann. Das Risiko, mit dem Rohrvortrieb in großer Tiefe stecken zu bleiben und dann die Straßendecke doch öffnen zu müssen, ist erheblich zu groß. Die zuvor gemachten punktuellen Bodenerkundungen, ließen die Anhäufung der Findlinge und großen Steine nicht erkennen. Mit den beim Vortrieb gewonnenen Erkenntnissen zum Untergrund, wird zurzeit eine für die Kirchstraße erträgliche alternative Bauweise entwickelt, die den Anliegern vor Ausführung noch vorgestellt wird.
Der Anschluss der Grundstücke an den neuen Kanal ist problematisch. Da der Bereich unmittelbar vor den Häusern sehr eng mit Versorgungsleitungen belegt ist, konnten nicht wie vorgesehen Baugruben bis in die notwendige Tiefe errichtet werden. Stattdessen wurden sogenannte Kopflöcher im Abstand von etwa zwei Metern vor den Häuserfronten errichtet, die eine Erneuerung der Anschlusskanäle in kleinen Stollen unter den Gehwegen bis an die Kellerhauswände ermöglichen. Es folgen die Verbindungen zum neuen Kanal. Aufwändig in diesem Zusammenhang ist das Anschließen der vielen Regenfallleitungen, was in den meisten Fällen über zusätzliche Anschlüsse an die Grundstücksanschlussleitungen erfolgt. Deren Verlauf und Lage festzustellen nimmt Züge der berühmten Suche nach der „Nadel im Heuhaufen“ an.
Zu bestimmten Jahreszeiten und bei verschiedenen Wetterlagen gab es früher starke Geruchsbelästigungen, zum Beispiel im Bereich Ecke Hauptstraße/Bahnhofstraße. Können Sie nach Fertigstellung des neuen Kanals diese Belästigungen ausschließen?
Marcus Killat: Grundsätzlich kann es immer zu Fäulnisprozessen im Abwasser kommen, vor allem dann, wenn bei längerer Trockenheit wenig Wasser in der Kanalisation abfließt und deshalb Feststoffe vermehrt liegen bleiben. Die Kanaldeckel in der Fußgängerzone werden alle geschlossen ausgeführt und die Straßenabläufe haben eine Wasservorlage als Geruchsverschluss. Die Entlüftung der Kanalisation erfolgt daher weitestgehend über die Regenfallrohre bis über das Dach. Wenn im Sommer bei langer Trockenheit die Wasservorlage im Straßenablauf verdunstet, kann es dort natürlich zum Austritt von Gerüchen kommen. Mit einem Eimer Wasser kann man Abhilfe schaffen. Gleiches gilt für sogenannte „Inversionswetterlagen“, wenn die eigentlich schon über Dachniveau ausgetretenen Gerüche aufgrund von Druck- und Windverhältnissen zurück auf den Boden gedrückt werden.
Durch die Arbeiten entstanden teilweise Risse an Häuserwänden. Wie schwer schätzen Sie diese Schäden ein und wer kommt dafür auf?
Marcus Killat: Die Gebäude im Baufeld wurden vor Baubeginn beweisgesichert. Immer wenn Energie in den Boden eingebracht wird, überträgt sich diese natürlich auch auf angrenzende Bebauung. Nach Abschluss der Maßnahme wird über den Vergleich vorher/nachher eine eventuell entstandene Veränderung feststellbar sein. Alle Fälle sind aber jeweils einzeln zu begutachten und zu bewerten. In der Regel handelt es sich oft nur um optische Mängel und nicht um gravierende Schäden. Wenn Schäden entstehen, die Einfluss auf die Standsicherheit von Gebäuden haben könnten, wird natürlich sofort bei Bekanntwerden des Schadens angemessen reagiert. Die Regulierung der Schäden erfolgt ebenfalls einzelfallbezogen. Insgesamt ist die Maßnahme über eine spezielle Versicherung abgesichert.
Auch Straßen und Gehwege sackten teilweise ab. Welche Gefahren bestehen?
Marcus Killat: Leider wurde in einigen Bereichen in der Vergangenheit im Unterbau ungeeignetes Material verwendet. So wurden beispielsweise Baugrubenverfüllungen aus dem 19. Jahrhundert festgestellt. Dieser ungeeignete Unterbau gibt bei der jetzigen Belastung durch die Baugeräte geringfügig nach. Da diese „Geringfügigkeit“ bisher nicht überschritten wurde, ergibt sich daraus bisher keine konkrete Gefahr.
Bleiben diese Unebenheiten nach Beendigung des Projekts bestehen oder wird es eine Erneuerung der Straßendecke beziehungsweise entsprechende Sanierungsarbeiten geben müssen?
Marcus Killat: Die in Anspruch genommenen Flächen werden mit Abschluss der Kanalbaumaßnahme durch das Abwasserwerk in Abstimmung mit dem Tiefbauamt wieder ordnungsgemäß hergestellt und in einen verkehrssicheren Zustand versetzt. Eine großflächige Erneuerung oder gar Neugestaltung des Bereiches ist zurzeit nicht geplant.
Bleiben die Gesamtkosten im geplanten Rahmen?
Marcus Killat: Die Maßnahme verlief bislang im beauftragten Rahmen. Die veränderte Ausführung der Arbeiten an den Grundstücksanschlussleitungen und die jetzt notwendige komplett neu zu planende Ausführung der Kanalisation in der oberen Kirchstraße wird jedoch Auswirkungen auf die Gesamtkosten haben.