Region – Mit einem „maßvoll abgestuften Plan“ sollen in Nordrhein-Westfalen in den kommenden Tagen und Wochen die Anti-Corona-Maßnahmen gelockert werden. Der Nordrhein-Westfalen-Plan sieht für die einzelnen Bereiche unterschiedliche Stufen mit Zieldaten vor, die abhängig von der weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens umgesetzt werden sollen. Dieses Vorgehen soll den Bürgerinnen und Bürgern in Nordrhein-Westfalen gleichzeitig Gesundheitsschutz sowie Planbarkeit und Verlässlichkeit für das wirtschaftliche und öffentliche Leben bieten.
Bei ihren Maßnahmen beziehe die Landesregierung alle Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens sowie die regionale Entfaltung in die stufenweise Öffnung ein, so Ministerpräsident Armin Laschet. Die zentralen Ziele der Strategie blieben weiterhin die Eindämmung der Ausbreitung des Virus und der Ausbau der Kapazitäten des Gesundheitssystems. „Wir setzen auf die Eigenverantwortung der Menschen. Öffnungen finden unter stetiger Evaluierung des Infektionsgeschehens statt“, erklärt Laschet.
Laschet weiter: „Ich freue mich, dass Bund und Länder heute gemeinsam den Weg in die verantwortungsvolle Normalität eingeschlagen haben. Ich habe immer dafür geworben, auch die gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgeschäden der Pandemie-Bekämpfung im Blick zu behalten. Unsere Regelungen müssen zielgerichtet und verhältnismäßig sein und das regional höchst unterschiedliche Infektionsgeschehen anerkennen und abbilden. Diese Auffassung war heute Konsens.“
Der Nordrhein-Westfalen-Plan sei laut Laschet eine klare Handlungsstrategie, um die Corona-Pandemie in all ihren Dimensionen gemeinsam zu bewältigen. Mit seinen konkreten Zeitkorridoren und klaren Vorgaben stehe er für Planungssicherheit und Flexibilität. „Dabei setzen wir auch auf die Vernunft und das Vertrauen der Menschen in unserem Land. Es geht um weniger Reglementierung bei immer mehr Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger“, so der NRW-Ministerpräsident.
Der Nordrhein-Westfalen-Plan im Einzelnen
Folgendes stufenweises Vorgehen sieht der Nordrhein-Westfalen-Plan der Landesregierung für Nordrhein-Westfalen vor, der in seiner Umsetzung jeweils unter dem Vorbehalt der Entwicklung des Infektionsgeschehens steht:
Kontaktverbot und Verhaltensregeln
Mit Zieldatum ab dem 11. Mai 2020 sollen die bestehenden Kontaktbeschränkungen so weiterentwickelt werden, dass es möglich ist, dass die Angehörigen zweier Haushalte sich im öffentlichen Raum treffen (in Anpassung an Bund-Länder-Regelung). Die allgemeine Abstandsregelung von 1,5 Metern gilt fort, auch die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in bestimmten Bereichen.
Gastronomie, Hotels, Tourismus
Für die Gastronomie, Hotellerie und den Tourismus wird eine stufenweise Öffnung angestrebt. Ab dem 11. Mai 2020 sollen wieder möglich sein:
Gastronomisches Angebot in Speisegaststätten, sofern im Innen- und/oder Außenbereich die Einhaltung des Abstandsgebots gewährleistet ist und ein Infektionsschutz- und Hygiene-Konzept durch die Betriebe vorliegt.
Buffet-Angebote mit offenen Lebensmitteln bleiben nicht zulässig.
Touristische Nutzung und Aufenthalt in Ferienwohnungen, Ferienhäusern und auf Campingplätzen (unter Wahrung der Kontaktbeschränkungen).
Öffnung von Freizeitparks, Ausflugsschiffen (mit Hygienekonzept), Touristinformationen, Fahrrad- und Bootsverleihen.
An Christi Himmelfahrt werden Hotels auch für Touristen wieder geöffnet. Dafür gelten strenge Auflagen analog zur Gastronomie mit einem verpflichtenden Hygieneschutzkonzept sowie der Gewährleistung von Abstandsregelungen und Kontaktbeschränkungen.
Mit Zieldatum ab Pfingsten (30. Mai 2020) sollen auch Thermen und Schwimmbäder, Spaßbäder und Wellness-Einrichtungen unter passgenauen Infektionsschutzkonzepten wieder öffnen.
Ausgenommen von den Öffnungen bleiben bis auf Weiteres Bars, Clubs, Diskotheken und Bordellbetriebe.
Handel und Dienstleistungen
Geschäfte sollen unabhängig von ihrer Größe unter Auflagen zu Abstands- und Hygieneregeln (1 Person pro 10 qm Verkaufsfläche) ab 11. Mai 2020 wieder öffnen dürfen.
Für „körpernahe Dienstleistungen” wie Massagestudios, Kosmetiker und Tattoo-Studios werden passgenaue Infektionsschutzkonzepte im Austausch mit den Berufsvertretungen erarbeitet, um auch hier eine schrittweise Zulassung zu ermöglichen.
Großveranstaltungen und Versammlungen
Großveranstaltungen bleiben bis 31. August 2020 untersagt. Für Versammlungen gelten die bestehenden Abstandsregelungen.
Mit Zieldatum ab 30. Mai 2020 sollen Fachmessen und Fachkongresse mit Schutzkonzepten und unter Beschränkung der Besucher- und Teilnehmerzahlen wieder stattfinden können.
Sport und Freizeit
Für den Sport- und Freizeitbereich gelten folgende Stufen:
Ab Donnerstag (7. Mai 2020) ist der Sport- und Trainingsbetrieb im kontaktlosen Breiten- und Freizeitsport wieder erlaubt – sofern der Sport auf öffentlichen oder privaten Freiluftsportanlagen oder im öffentlichen Raum stattfindet.
Ein Abstand zwischen Personen von 1,5 Metern und die Einhaltung strikter Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen müssen gewährleitstet sein. Dusch-, Wasch-, Umkleide-, Gesellschafts- und sonstige Gemeinschaftsräume dürfen nicht genutzt werden. Zudem sind Zuschauerbesuche vorerst untersagt. Bei Kindern unter 12 Jahren ist jedoch das Betreten der Sportanlage durch jeweils eine erwachsene Begleitperson zulässig.
Der Reitsport ist auch in geschlossenen Reitsportanlagen und Hallen zulässig.
Ab 11. Mai ist die Öffnung von Fitnessstudios, Tanzschulen und Sporthallen/Kursräumen der Sportvereine unter strengen Abstands- und Hygieneauflagen wieder möglich.
Freibäder dürfen ab 20. Mai unter strengen Auflagen von Abstand und Hygiene öffnen – ausgenommen sind reine Spaßbäder.
Ab 30. Mai soll die Ausübung von Sportarten auch mit unvermeidbarem Körperkontakt und in geschlossenen Räumen wieder gestattet werden, ebenso der Betrieb in Hallenbädern.
Sportliche Wettbewerbe im Kinder-, Jugend- und Amateurbereich sind dann ebenfalls zulässig – die Nutzung von Umkleide- und Sanitäranlagen ist unter Auflagen gestattet.
Kulturangebote
Ab 11. Mai sind kleinere Konzerte und andere öffentliche Aufführungen unter freiem Himmel zulässig – oder mit strengen Regelungen, Mund-Nase-Bedeckung und einem von der örtlichen Behörde abgestimmten Konzept auch in Gebäuden.
In Musikschulen sind auch Ensembles mit maximal sechs Teilnehmern möglich.
Der Probenbetrieb in Kultureinrichtungen ist unter Schutzauflagen zulässig, für Chöre und Orchester gelten erweiterte Abstandsregeln.
Ab dem 30. Mai ist die Öffnung von Kinos, Theatern, Opern und Konzerthäusern zu ermöglichen, sofern der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Besuchern gewährleistet ist und es ein Zutrittskonzept gibt. Durch den verstärkten Einsatz von Ordnern sind Ansammlungen im Warte- und Pausenbereich zu verhindern.
Kinderbetreuung
Auf Basis der heutigen Beschlüsse wird Familienminister Dr. Joachim Stamp den von seinem Ministerium bereits vorbereiteten Fahrplan zur schrittweisen Öffnung von KiTas und Tagespflege mit den Trägern und Kommunen final abstimmen und noch in dieser Woche vorstellen.
Schulen
Für die Viertklässlerinnen und Viertklässler gibt es ab dem morgigen Donnerstag, 7. Mai, bereits wieder Präsenzunterricht.
Ab Montag, 11. Mai, werden die Jahrgangsstufen 1 bis 4 im tageweisen Wechsel wieder unterrichtet.
Ebenfalls ab Montag, 11. Mai, kehren zunächst die Schülerinnen und Schüler an die Schulen zurück, die im nächsten Schuljahr 2020/21 ihr Abitur ablegen. An den Schulformen der Sekundarstufe I (z.B. Haupt-, Real-, Sekundar-, PRIMUS- und Gemeinschaftsschulen) kehren zudem die Jahrgänge 5 bis 9 in einem tageweise rollierenden System zurück.
An Gesamtschulen und Gymnasien beginnt der Präsenzunterricht für die Jahrgänge 5 bis hin zu den Schülerinnen und Schülern der Einführungsphase nach dem Haupttermin der Abiturprüfungen ab dem 26. Mai ebenfalls in einem tageweise rollierenden System.
Hochschulen
Für den Lehr- und Prüfungsbetrieb wird ab dem 11. Mai die Einschränkung der Zulässigkeit von Präsenzveranstaltungen „auf besondere Räumlichkeiten, Ausstattungen oder sonstige besondere Rahmenbedingungen“ aufgehoben.
Der Lehr- und Prüfungsbetrieb an den Schulen des Gesundheitswesens und an den der Berufsausbildung im Öffentlichen Dienst dienenden Schulen, Instituten und ähnlichen Einrichtungen ist weiter unter Auflagen zulässig.
Die Hochschulen führen den Vorlesungsbetrieb im Sommersemester prinizipiell digital durch.
Außerschulische Bildungseinrichtungen
Ab 11. Mai sind Veranstaltungen in Volkshochschulen und sonstigen öffentlichen, behördlichen und privaten außerschulischen Bildungseinrichtungen inkl. Prüfungswesen auch in großen Räumen zulässig, wenn es zusätzlich zu Abstands- und Hygieneauflagen unter 100 Teilnehmer gibt.
Ebenfalls wieder möglich sind sportliche Angebote der Kinder- und Jugendarbeit.
Ab dem 30. Mai sind auch Angebote der Gesundheitsbildung in Volkshochschulen und sonstigen öffentlichen, behördlichen und privaten außerschulischen Bildungseinrichtungen zulässig. Ebenso sind ein einschränkter Regelbetrieb der Jugendarbeit, Jugendkulturarbeit, Jugendsozialarbeit und erzieherischer Kinder- und Jugendschutz möglich.
Ferienmaßnahmen können vornehmlich ortsnah aufgenommen werden, ebenso Gruppenfahrten (z.B. der Jugendverbände).
Stationäre Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen
Ab Muttertag (10. Mai 2020) sind Besuche in Seniorenheimen unter strengen Hygienevorgaben wieder möglich. Ab dem 11. Mai gilt dies auch in Krankenhäusern und Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe. Über mögliche weitere Öffnungen zum 30. Mai wird im Lichte der ersten Erfahrungen mit den nun eingeführten Erleichterungen beraten.
Gottesdienste
Unter Berücksichtigung der Hygiene- und Schutzkonzepte der Kirchen und Religionsgemeinschaften finden Gottesdienste seit 1. Mai wieder statt.