Rhein-Sieg-Kreis/Bonn – 14.500 Unternehmen stehen in der Region Bonn/Rhein-Sieg in den nächsten zehn Jahren zur Nachfolge an. Das haben aktuelle Untersuchungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg und von IHK NRW ergeben. Gegenüber 2016 (12.700 Betriebe) ist dies eine Steigerung von über 14 Prozent der übergabereifen Unternehmen.
Der Zuwachs der Mitarbeiteranzahl verläuft mit zehn Prozent ebenfalls analog zu der Entwicklung in NRW. Die Anzahl der Mitarbeiter lag bei der 2016 stattgefundenen Erhebung noch bei rund 74.000, die Zahl der Mitarbeiter in 2019 stieg auf über 81.000 an. „Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht alle übergabereifen Unternehmen in den nächsten zehn Jahren auch übergabefähig sind“, sagt Regina Rosenstock, Gesamtbereichsleiterin Unternehmensförderung der IHK Bonn/Rhein-Sieg: „Betriebe werden abgemeldet und Arbeitsplätze gehen verloren.“
Zwar liegen hier keine konkreten Zahlen vor, doch Studienergebnisse der IHK Bonn/Rhein-Sieg aus 2016 zum Nachfolgeschehen lassen Tendenzen erkennen: Demnach planten 12 Prozent der Betriebe mit weniger als 19 Mitarbeitern die Stilllegung ihres Unternehmens, gingen also davon aus, dass keine Nachfolgeregelung gefunden wird. Bei Betrieben größer 20 Mitarbeiter waren es fünf Prozent der Befragten.
Rosenstock: „Die Kombination aus überwiegend Kleinstbetrieben und einer dienstleistungsgeprägten Branchenstruktur, wie sie sich in unserer Region zeigt, lässt ein Scheitern bei der Nachfolgeregelung wahrscheinlicher werden: Dienstleistungsbetriebe sind oft von der einzelnen Unternehmerpersönlichkeit geprägt. Das Geschäftsmodell ist klar auf sie als Person zugeschnitten. Kleinstbetriebe verfügen in der Regel nicht über eine zweite Führungsebene, die anstelle der Unternehmerpersönlichkeit eigenständig handeln kann.“ Nach einer Studie der Creditreform zur Wirtschafsdynamik erzielen in der Region Bonn/Rhein-Sieg weniger als ein Fünftel der Unternehmen einen Jahresumsatz von über 500.000 Euro erzielen.
Deshalb – so Rosenstock – seien übergabereife Unternehmen aufgefordert, sich rechtzeitig um eine Nachfolge zu kümmern. Die Studie der IHK Bonn/Rhein-Sieg zum Nachfolgegeschehen aus 2016 zeigt auf, dass sich in Bonn/Rhein-Sieg die Gruppe der 60- bis 64-Jährigen mit über 60 Prozent mit den ersten Planungen zum sogenannten Stabwechsel beschäftigen. Bei der Gruppe der 55- bis 59-Jährigen waren es immerhin noch 49 % der Befragten.
Für potenzielle Nachfolger könne das bedeuten, dass die Phase der Übergabe länger sein sollte: Wissen kann so besser vermitteltet werden und personifizierte Kundenbeziehungen können so sicher auf die Nachfolgerin oder auf den Nachfolger übergehen. Inhaber von abgebenden Betrieben könnten mit einer besseren Vorbereitung dieser möglichen Entwicklung entgegenwirken. Ist das Unternehmenswissen bereits schriftlich fixiert oder im Betrieb selber ein „guter Zweiter“ installiert, sind ggf. die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Übergabe höher. Seit Jahren betreibt die IHK gemeinsam mit dem Netzwerk Unternehmensnachfolge und -sicherung der Region Bonn/Rhein-Sieg einen Nachfolge-Pool. Rosenstock: „Dieser Nachfolge-Pool weist eine Vielzahl von sehr gut ausgebildeten, potenziellen Nachfolgern auf. Diese sind jedoch überwiegend männlich, Frauen streben seltener eine Unternehmensnachfolge an.
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„Die Aktualität des Geschäftskonzeptes, die daraus bestehende Ertragskraft und die zukünftige Entwicklungsperspektive sind entscheidend für die Nachfolgesuche und Kaufpreisfindung. Gut aufgestellte Betriebe haben eine gute und realistische Chance auch einen externen Nachfolger zu finden. Entgegen dem allgemeinen Trend verfügt die Region Bonn/Rhein-Sieg über eine Vielzahl von qualifizierten, potenziellen Nachfolgern“, so die IHK-Ansprechpartnerin: „Für diese gilt es den regionalen Markt genau zu prüfen und anhand von bestehenden Kompetenzen und Potenzialen ein Suchprofil zu formulieren. Wir brauchen aber auch intensivere Aktivitäten beim Gründungsgeschehen, da nicht alle übergabereifen Unternehmen auch übergabefähig sind, wir also zusätzlich neue Unternehmen in und für die Region benötigen.“
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