Bonn – Wer am Sonntagabend in die ausverkaufte Bonner Oper kam, erwartete Kabarett – und erlebte stattdessen eine gut dreistündige Gedankensinfonie, die das Publikum lange nach dem letzten Ton nicht mehr loslässt. Hagen Rethers aktualisiertes Programm Liebe ist keine Abfolge von Pointen, sondern ein sezierendes Porträt unserer Zeit: schonungslos, poetisch und von einer Intensität, die unter die Haut geht.
Am Flügel sitzend, webt Rether mit flüsternden Akkorden und messerscharfen Worten ein Netz aus Themen, das von Politik über Konsum bis zur Klimakrise reicht. Doch statt platter Gesellschaftskritik entlarvt er unsere eigenen Widersprüche – nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit der Präzision eines Chirurgen. Das macht ihn so unbequem: Rether zwingt das Publikum, mit ihm zu denken. Und plötzlich wird aus Gelächter betretenes Schweigen, aus Unterhaltung eine kollektive Gewissenserforschung.
Was diesen Abend einzigartig macht, ist die radikale Verweigerung gängiger Kabarett-Formeln. Keine Gag-Kaskaden, keine billigen Lacher – stattdessen Gedankenschleifen, die sich wie Schlingen um den Verstand legen, plötzliche Stille, die schwerer wirkt als jeder Applaus. Selten hat ein Künstler ein ganzes Opernhaus so in konzentrierte Andacht versetzt. Die Mischung aus intellektueller Schärfe und emotionaler Wucht ist verstörend, fast unerträglich – und genau deshalb notwendig. Und witzig: „Nach Demenz kommt Vance“!
Rether bleibt trotz aller Düsternis (fast) frei von Zynismus. Sein Programm endet nicht in Resignation, sondern in einem leisen, hartnäckigen Appell: Veränderung ist möglich. Liebe ist hier kein Schlagwort, sondern der rote Faden, der durch die Abgründe führt – und der Hoffnung gibt, ohne sie je billig zu verkaufen. „Wir können die Welt nicht retten? Ja, wer denn sonst?“
Wer Hagen Rether in Bonn erlebte, verließ den Saal nicht mit Party-Zitaten, sondern mit einer Unruhe, die sich wie ein Splitter ins Fleisch bohrt („Geht’s noch?“). Das ist kein Kabarett. Das ist Kunst als Wake-up-Call – und genau das macht ihn zum wichtigsten Stimulans der deutschen Kleinkunst. Er ist der Meister. Aus Essen. Da kommen sie her, die Besten.
Mit der ersten Veranstaltung in der neuen Spielsaison hat Quatsch keine Oper Maßstäbe gesetzt. Hochkarätig geht es weiter: Mit Martina Gedeck und Sebastian Knauer über Bettina Stucky, Bjarne Mädel und Bastian Pastewka sowie Harald Schmidt bis hin zum Stand-up-Comedy-Format NIGHTWASH.
Nicht nur eingefleischte QKO-Fans können sich auf ein Wiedersehen mit unter anderem Salut Salon und Helge Schneider freuen. Zudem gibt es eine Neuerung: Erstmals ist die Reihe auch im Schauspielhaus in Bad Godesberg zu Gast. Die beiden Kultkomiker Ursus & Nadeschkin, die das Bonner Publikum 2012 mit dem Abend »Im Orchestergraben« begeisterten, kehren nun mit ihrem neuen Duo-Programm PRSPKTVNWCHSL zurück nach Bonn. Max Mutzke, der in der Saison 25126 mit zwei Programmen am Start ist, liest am 1. März 2026 unter dem Motto »So viel mehr – eine musikalische Lesung« aus seiner Biographie.
Freunde von Slams und Wissenschaft kommen beim GRAND SCIENCE SLAM am 28. September voll auf ihre Kosten und der lernfähige Roboterhund HusKI aus dem Deutschen Museum Bonn ist auch zu Gast. Kölsche Abende, die unterschiedlicher nicht sein könnten, erwarten das Publikum bei Tommy Engel und Band sowie bei Köbes Underground.
Für kabarettistisch-humoristische Würze sorgen Tahnee, Florian Schroeder, Gerburg Jahnke und das Ensemble RebellComedy.
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