Bad Honnef – Mit der Mehrheit von CDU, Bürgerblock, FDP und FWG verabschiedete der Rat am Donnerstagabend den Haushalt 2020 (Ergebnisplan 64 Mio. EUR, Finanzplan 60 Mio. EUR). Auf Antrag des Bürgerblocks wird die Grundsteuer B um 15 Prozentpunkte gesenkt. Der vorhergesagte Haushaltsüberschuss für 2020 sinkt somit um etwa 150 000 Euro auf 23 104 Euro.
Die SprecherInnen der Fraktionen nutzten die Gelegenheit einer Bewertung, Grüne und SPD ließen kaum ein gutes Haar an der Arbeit des Bürgermeisters. Tenor: Falsche Umsetzung des Stadtentwicklungskonzepts, zu hohe Belastungen der Bürgerinnen und Bürger, keine Förderung der Dialogbereitschaft.
Bad Honnef sei keine Arena für „einen Kapitalgeber zwecks Ertragssteigerung, geführt von Managern, die mit fremdem Geld arbeiten und aus alter Gewohnheit ihre Arbeit auch noch von exquisiten Beraterfirmen erledigen lassen“, so die grüne Fraktionssprecherin Dr. Gabriele Clooth. Die Stadt gehöre den Bürgerinnen und Bürgern. Alles andere sei Verirrrung. Leitidee sei die Orientierung auf das Gemeinwohl. Es gehe um Transparenz und Partizipation. Eine Stadtregierung, die sich danach richte und genau das organisiere, mache es richtig, eine Stadtregierung, die eine Wagenburgmentalität praktiziere, mache es falsch. In anderen Städten würde der politische Wille zur Bürgerbeteiligung durch Dialogportale und Antragsrechte aktiv gefördert, eine Stadtregierung, die Bürgerinitiativen als störend empfinde oder gar verunglimpfe, mache es ganz falsch.
Clooth: „Der Dialog Bad Honnef ist zu einer Marke mutiert, die Entscheidungsrecht und Beteiligung den Bürgerinnen und Bürgern einschränkt. Dialog Bad Honnef – einst wesentlicher Hoff-nungsbegriff und Gegenmodell zur kritisierten Art früherer Stadtregierungen – hat heute einen schlechten Ruf. Und erweckt bei seiner Verwendung reflexartig Misstrauen.“
Mit dem vom Bürgermeister vorgelegten Haushalt solle den Bürgern eingeredet werden, dass weitere Steuererhöhungen notwendig seien. Jedoch seien die Planungen weder „belastbar noch strikt realitätsnah“. Clooth: „Im Haushaltsplan 2019 wurden für Investitionen in 2018 2,441 Mio. EUR genannt. Wir finden im Haushaltsplanentwurf 2020 an dieser Stelle als Ergebnis für 2018 lediglich 0,3 Mio. EUR.“
In den letzten Haushaltsreden hätten die Grünen mehrfach darauf hingewiesen, dass Investitionen künstlich hochgerechnet würden, um Steuer- und Gebührenerhöhungen begründen zu können. Letztlich seien die Investitionen dann wesentlich geringer ausgefallen. So ernähre sich ein Haushalt mit falschen Versprechen, erklärt Clooth.
Verschiedene Umweltentscheidungen werden von den Grünen stark kritisiert, so das Abholzen eines Grüngebietes mit zahlreichen Bäumen im Siedlungsgebiet. Clooth: „Wir verlangen die unbedingte Einstellung dieses grundlegend falschen Projektes im nördlichen Stadtgarten und sparen so zudem sonst vergeudetes Geld.“
Auch eine abgetrennte Fahrspur im Floßweg brauche niemand, sie würde allenfalls für höhere Geschwindigkeiten sorgen. Dafür fordern die Grünen den Einstieg in ein Radverkehrskonzept, „auf das wir seit 3 Jahren warten“. Probleme haben die Grünen mit dem radikalen Abholzen von Bäumen im Stadtgebiet. Clooth: „Wir sind für radikalen Wechsel der Parameter: Bäume schützen statt holzen! Dass beim Borkenkäfer erst ein Gericht die wild gewordenen Kettensägen stoppen musste, ist nur Beleg für eine radikale, einseitig unbelehrbare und falsche Grundperspektive.“
Weitere Fehlentwicklungen sehen die Grünen unter anderem in der Zunahme von städtischen Werbebroschüren, die den Charakter von „Wahlkampfflyern für die Kommunalregierung“ hätten. Erstellt würden sie von einer Agentur, „die als teuer bekannt ist und wohl Honorare erhält, die der Rat jedoch weder kennt noch als solche beschloss“. Die Stadtmarke dümpele „aus gleicher Feder“ vor sich hin, und auch andere Ansätze wie der Kiezladen überrollten den Markt „noch nicht wirklich furios“.
Vom kommunalen Planungschef verlangen die Grünen seriöse Leistungen und keine Phrasen-Politik. „100 bis 150 Objekte zu Verdichtung und Entwicklung allein im Tal sowie die Vernachlässigung Aegidienbergs durch eine fehlende Stadtteilentwicklung ohne weiterführende Schule und Mobilitätsanbindung zeigen deutlich, wo es anzusetzen gilt“, so Clooth.
Wenige Privilegienträger dürften sich „ihre Residenz“ nicht „noch schöner machen. Es geht um Lebensqualität für alle Honneferinnen und Honnefer. Für die Jungen sowieso, für die Alten ebenso. Es geht um Gemeinwohl.“
Leiwig: „Was der Markt hergibt, wird genommen!“
Aus Sicht der SPD müssten für den kommenden Haushalt mehrere Initiativen für eine vernünftige und strukturierte Weiterentwicklung der Stadt auf den Weg gebracht werden, so Guido Leiwig, Fraktionsvorsitzender der Bad Honnefer SPD. Der Haushalt der Verwaltung für 2020 erwecke den Anschein solide geplant zu sein, sei aber in seiner jetzigen Form untauglich.
Chancen zur Bürgerentlastung, beispielsweise bei der Grundsteuer B, seien wieder nicht wahrgenommen worden, der Haushalt ließe weder eine Förderung Jugendlicher oder junger Familien noch eine Wertschätzung des Potenzials älterer Bürgerinnen und Bürger erkennen. Weder bei der Wirtschaftsförderung noch beim Tourismus sei irgendeine Zielsetzung auszumachen, betont Leiwig. Gestaltungswille für die Belange und das Wohl der Bürger sei für ihn nicht erkennbar. Stattdessen würden Projekte in einer Folge aufgegriffen, „die vorher weder diskutiert, noch beschlossen wurden“.
Bei der Umsetzung des Stadtentwicklungskonzept befinde man sich auf einem Irrweg. Es werde gebaut „wo immer möglich, koste es an Lebensqualität was es wolle, ohne Nachhaltig zu prüfen“. Öffentliche Flächen würden vernichtet, Bad Honnef würde zunehmend an Attraktivität verlieren.
Bis auf die Gewerbesteuer würden die Preise für kommunale Dienstleistungen durch den Bürgermeister und die ihn tragenden Fraktionen erhöht, kritisiert Leiwig, „frei nach dem Motto eines Managers aus der Wirtschaft: Was der Markt hergibt, wird genommen. Nur, dass die Bürger und Bürgerinnen in Bad Honnef keine Konsumenten sind, sondern in einer Stadtgesellschaft leben, die nicht nach dem Marktprinzip, sondern nach dem Dienstleistungs – und Solidarprinzip gestaltet werden muss“.
Seit Jahren sei bekannt, dass der Haushaltsausgleich aus den laufenden Erträgen auch bei moderater Erhöhung von Steuern und Abgaben erreicht worden wäre. Trotzdem müssten die Bürgerinnen und Bürger seit 2016 jedes Jahr mehr als 2,5 Mio. zusätzliche Einnahmen nur aus der Grundsteuer B–Erhöhung aufbringen. Leiwig: „Dieses Geld muss den Familien und Senioren in dieser Stadt zurückgegeben werden. Außerdem führt es dazu, dass gewünschte potentielle Neubürger abgeschreckt werden zu uns zu kommen.“
Für einen strategischen Fehler hält die SPD auch heute das Konzept zur Parkraumbewirtschaftung. Es enthielte zu viele Ungereimtheiten. Die erhofften Mehreinnahmen stünden in keinem Verhältnis zu den negativen Auswirkungen für die Innenstadt. Hier sei Bad Honnef strategisch völlig falsch aufgestellt.
„Unser Maßstab war und ist eine soziale und gerechte Politik für Bad Honnefs Bürger. Mehr Investitionen in bezahlbaren Wohnraum, in Bildung und im sozialen Bereich würden dem Haushalt eine ausgewogenere, gerechtere und sozialere Handschrift verleihen und die Grundlage für mehr Lebensqualität bilden“, so Leiwig.
Wolff: Es wird nicht nur investiert, sondern auch nachhaltig gehandelt
Für die wichtigste Nachricht halt Sebastian Wolff, Fraktionsvorsitzender der CDU, dass die Stadt die Haushaltssicherung verlassen konnte. Das sei nicht einfach so vom Himmel gefallen, sondern Ergebnis erhebliche Anstrengungen und Einschnitte. Die entscheidende Frage für den Bürger am Ende des Tages sei aber, „Was habe ich als Bürger davon, wenn die Stadt nicht mehr in der Haushaltssicherung ist und was ist für mich der Unterscheid?“
So seien jahrelang nach einem Kanalausbau aus finanziellen Gründen die Straßen nur geflickt worden. Jetzt sei die Stadt in der Lage, die Straßen und Gehwege vernünftig und auch sicher für alle Verkehrsteilnehmer auszubauen. Auch wenn die Anwohner nach aktueller Gesetzeslage mit Kosten belastet würden, sei es aus städtischer Sicht richtig und wichtig, die Straßen in einen guten Zustand zu versetzten.
Die Sanierung des Kurhauses mit einer Investitionssumme von rund 7 Mio. Euro wäre in Haushaltssicherung gar nicht oder nur sehr schwer machbar gewesen. Sanierung und Modernisierung von Inselbrücke, Rathaus, Menzenberger Sportanlage, Feuerwache und Sibi seien in weiten Teilen ebenfalls nur mit einem ausgeglichenen Haushalt zu leisten. Aber auch Investitionen in neue Projekte seien wichtig. Hier erinnert Wolff an die Fertigstellung der neue Sporthalle und des Begegnungshauses und den Bau eines neuen Lehrschwimmbads mit wettkampftauglicher 25-Meter-Bahn.
Aber auch im Tal passiere ein Menge: Die Insel werde landschaftlich und ökologisch aufgewertet „und zusammen mit dem neu gestalteten Inselcafe polieren wir damit den Standort nachhaltig auf und ich bin der Überzeugung, dass sich dies lohnen wird“.
Außerdem habe Bad Honnef mit ISEK und InHK endlich eine Richtschnur um strukturiert in die Zukunft zu investieren. Wolff: „Und es wird auch konkret. Wir haben dieses Jahr tolle Pläne vorgestellt bekommen wie Teile des Saynschen Hofes neugestaltet werden können und die Innenstadt nachhaltig aufgewertet werden könnte. Die Pläne sind da und die Investoren stehen bereit.“
Es werde nicht nur investiert, sondern auch nachhaltig gehandelt. Nachhaltig sei beispielsweise die gute Arbeit der Wirtschaftsförderung. Sie habe für die Ansiedlung der Firma Wirtgen gesorgt und die guten Nachfolgeregelungen bei einigen zentralen Immobilien wie FortaFin im ehemaligen Commundo, die Fortführung des Hotelbetriebs im ehemaligen Avendi und die neue Nutzung im KSI. Auch die Etablierung der Dachmarke hält Wolff für gelungen, da durch sie „unsere Stadt einheitlich nach außen präsentiert wird“.
Zuzug ohne zementartige Innenstadtverdichtung
Der Fraktion des Bürgerblocks war es wichtig, dass der Einstieg zur Absenkung der Grundsteuer B betrieben wird, sie verband ihre Zustimmung zum Haushalt mit der Änderung der Grundsteuer B in Höhe von 715%. Letztlich wurde sie bei Enthaltung der SPD beschlossen. Sozialdemokraten und Grüne forderten eine Senkung um 50 Prozentpunkte.
Da die Gewerbesteuer ausgereizt sei, sehe der Bürgerblock als einziges Mittel zur strukturellen Verbesserung des Haushalts den „Zuzug von Menschen nach Bad Honnef ohne eine zementartige Innenstadtverdichtung“, so Katja Kramer-Dißmann. Um dieses Ziel zu erreichen, sei eine „Erschließung von neuen Gebieten wie Bad Honnef Süd unter Beachtung von sozialen und umweltverträglichen Aspekten erforderlich“.
FDP: Keine leichtfertige Ausweisung großer Baulandflächen
Die FDP wolle im Zuge des demographischen Wandels und des Klimawandels einer leichtfertigen Ausweisung großer Baulandflächen entgegenwirken, erklärte Rainer Quink. Wachstum müsse so gestaltet werden, „dass die Infrastruktur erhalten und optimiert wird und somit die Stadt eine lebenswerte Gemeinschaft bleibt“. Im Rahmen des integrierten Handlungskonzeptes zur Stadtentwicklung werde um den richtigen Weg zwischen den Fraktionen zu ringen sein.
Mit neuen Geschäften und neuen Mitbürgern rechne die FDP durch die Entwicklung am Saynschen Hof, so Quink. Für die Entwicklung familiengerechter Wohneinheiten bevorzuge sie den Ausbau von Selhof Süd „in verantwortbarem Rahmen. Das bedeutet für uns, vorrangig auf Stadthaus-Bebauung zu setzen. Damit gemeint sind architektonisch ansprechende Häuserreihen, die gegenüber der klassischen Einfamilienhausbebauung sowohl vom Energieverbrauch als auch von den Emissionen wirtschaftlicher und geringer belastend sind“.
Räumliche Bereiche, die kurzfristig entwickelt werden können, seien für die FDP beispielsweise der Parkplatz Luisenstraße und der Hockeyplatz, „sowie, falls das Prüfverfahren positiv verläuft, die Fläche nördlich des Stadtgartens“.
Auch wenn die Parkgebührenordnung zunächst irritierend gewesen sei, erfülle sie den Zweck, ruhenden Verkehr zu leiten. „Zentrumsnah finden potentielle Kunden des Einzelhandels heute einen Parkplatz, was noch vor einigen Jahren unmöglich erschien. Die Gebühren bewegen sich zudem im moderaten Bereich“, so Quink.
Der Bürgerschaft dankte Quink dafür, dass sie die Erhöhung der Grundsteuer B auf 730 Punkte mitgetragen habe. So sei erst der Ausgleich des Haushaltes möglich geworden.
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