Bad Honnef | Eselsbrunnen, Tierbrunnen, Brunnen ohne Namen? Kaum ein Bad Honnefer oder Tourist weiß, wie der Brunnen am Brunnencafé Kirchstraße/Ecke Hauptstraße wirklich heißt, obwohl er bei vielen Stadtrallyes in eine Frage eingebunden ist. Selbst Heimatkundler stehen nicht selten vor einem Rätsel. Nun wird das von Ernemann Sander 1978 aus Muschelkalk geschaffene Werk Opfer der Kanalarbeiten und für Wochen von seinem Standort verschwinden.
Ausschlaggebend ist die Bodenbeschaffenheit in der Kirchstraße, die ein neues Bohrverfahren bei den Kanalbauarbeiten erforderlich macht. Nach den bisherigen Erfahrungen beim Kanalbau in der Bad Honnefer Innenstadt vermuten die Fachleute auch in der romantischen Einkaufsstraße dicke Steinbrocken. „Die könnten das bisher angewandte Vortriebsverfahren zum Erliegen bringen“, so Marcus Killat vom Abwasserwerk gestern Abend bei einer Informationsveranstaltung für Anlieger im Rathaus.
Und das wäre schlimm. Dann nämlich müsste die ganze Straße aufgerissen werden, klärt Martin Leischner vom technischen Bereich des Abwasserwerkes auf, was für die vielen dort ansässigen Geschäftsleute eine Horrorvorstellung ist. Der Kundenstrom würde wahrscheinlich noch mehr abreißen. Außerdem habe man ja gerade eine offene Bauweise verhindern wollen.
Schon jetzt klagen die Geschäfte über einen deutlichen Kundenrückgang, obwohl das federführende Abwasserwerk alles getan hat, um größere Behinderungen zu vermeiden. Beim eigentlichen Kanalbau läge man sogar zwei Wochen vor der Zeit, so Killat. Lediglich bei den Hausanschlüssen machten immer neue Überraschungen den Arbeitern und Planern das Leben schwer. Leischner: „Plötzlich macht da mal ein Rohr eine unerwartete Abbiegen nach links und es müssen zeitaufwändig neue Wege gefunden werden, um zum Ziel zu kommen.“
Die neue Situation erfordert beim Bohrverfahren in der Kirchstraße ein Umdenken. Zunächst wollte man ein neues Rohr in das marode alte legen, das von der Kirche Richtung Brunnen verlegt ist. Der Durchmesser wäre dann allerdings für die Abwassermenge zu klein gewesen. Nachdem nun ein neuer Kanal nicht im Rohrvortriebsverfahren eingebaut werden kann, werden im Abstand von etwa 15 Metern Schächte eingerichtet. Von Schacht zu Schacht macht ein Spinnenbohrer den Weg oberhalb des jetzigen Kanals frei für die neuen Rohre. Da die Erdschicht in der geringeren Tiefe von etwa zwei Metern besser zu bearbeiten sei, könnte der Aufwand insgesamt sogar noch geringer sein, so Killat. Das Abwasser der Kirche und einiger weniger Häusern soll weiterhin durch den alten Kanal fließe. Für diese reduzierte Kapazität reiche das Fassungsvermögen aus.
Die Modifizierung führt auch dazu, dass der ursprünglich an der Kirche vorgesehene Schacht jetzt etwa in Höhe des Fischgeschäftes geöffnet wird und ein weiterer größerer Schacht vor dem Optikerfachgeschäft Beth. Damit die Arbeiten überhaupt durchgeführt werden können, muss der Sander-Brunnen weichen. Die Zufahrt zur oberen Kirchstraße ist von der Kirche her möglich.
Keine Probleme haben die Kunden bei den Zugängen zu den Geschäften. Sie sollen weiterhin während der gesamten Bauzeit frei bleiben. Anders ist es bei den Parkplätzen hinter Optik Beth. Dort haben die Baufirmen schon jetzt die Behindertenplätze in Beschlag genommen, weitere sollen für die Lagerung von Maschinen und Material folgen.
Kosten kommen auf die Hausbesitzer bei der Verbindung der privaten Grundleitungen mit den Revisionsschächten zu. Die sind zwar noch nicht genau ausgerechnet, könnten aber um die 5.000 EUR liegen.
Die größte Gefahr sieht Marcus Killat nicht unter der Erde, sondern beim Abbau und Transport des Brunnens vor dem Brunnencafé. Er hofft, dass alles klappt und der Brunnen nach Beendigung der Kanalarbeiten wieder sprudeln kann. Mit den Arbeiten soll nach Ostern begonnen werden.
Gute Nachrichten kommen von den anderen Baustellen. Sukzessive würden in den nächsten Wochen die Schächte zwischen Sparkasse und Bahnhofstraße geschlossen und die Straße und Wege wieder in einen funktionierenden Zustand gebracht. Die entfernten Bäume könnten allerdings erst später wieder eingepflanzt werden. Auch am Markt verschwinde die Baustelle Zug um Zug. Den großen Bagger am Hauptschacht will die ausführende Firma in den nächsten Tagen verlegen. Die Straßenführung bliebe allerdings vorerst unverändert, stellte Martin Leischner klar. In der Bahnhofstraße benötige man eine Straßenspur als Park- und Abstellfläche.