Bad Honnef | Morgen, Donnerstag, 9. November 2017, 18:00 Uhr, findet an der Gedenktafel für die Bad Honnefer Synagoge in der unteren Kirchstraße eine Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Opfer der Novemberpogrome 1938 statt. Heute machte ein Facebook-Post auf einen Wikipedia-Eintrag über die KZ-Ärztin Herta Oberheuser aufmerksam, die von 1965 bis 1978 in Bad Honnef lebte. Sie wird auf der Seite „Bad Honnef“ unter der Rubrik „Weitere Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen“ unter anderem neben Ex-Regierungssprecher Friedhelm Ost und dem Kabarettisten Sebastian Pufpaff gelistet. Was viele User fassungslos macht. Nach Rückfrage hat die Stadt mit der Wiki-Seite nichts zu tun.
Nach Informationen der Online-Plattform zukunft-braucht-erinnerung.de war Oberheuser Ärztin im Krankenrevier des KZ Ravensbrück und dort an medizinischen Versuchen an mehr als 70 Frauen aus Polen, der Ukraine und Deutschland mit Sulfonamid beteiligt. Sulfonamide sind eine Gruppe synthetischer chemischer Verbindungen, die aufgrund ihrer antimikrobiellen Wirkung als Antibiotika eingesetzt werden.

Den Frauen wurden Bakterien, Holzsplitter und Glas in offene Wunden an den Unterschenkeln gebracht, in einem weiteren Versuch wurden sie Mischinfektionen und Infektionen mit einem brandigen Fäulniserreger ausgesetzt. Laut „Zukunft braucht Erinnerung“ starben fünf Frauen unmittelbar nach den Operationen, sechs wurden mit noch nicht verheilten Wunden erschossen. Die Überlebenden litten vielfach für den Rest ihres Lebens an Knochen- und Muskeldefekten und schweren Krankheiten.
Am 20. August 1947 wurde Oberheuser vom 1. Amerikanischen Militärgerichtshof in Nürnberg zu zwanzig Jahren Haft verurteilt. Das Strafmaß wurde 1951 auf zehn Jahre reduziert. Nach ihrer Entlassung beschäftigte sie die katholische Johanniter-Heilstätte in Plön. Ein späteres Verfahren wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung stellte das Gericht 1957 mit der Begründung ein, Oberheuser könne nicht zweimal für die gleiche Tat bestraft werden. Im August 1958 wurde ihr die Approbation entzogen.
Im Mai 1965 zog die KZ-Ärztin nach Bad Honnef. Am 24. Januar 1978 starb sie in Linz am Rhein.

Mit Richard Kreis ist wenigstens eine weitere Person mit zweifelhafter NS-Vergangenheit auf der Bad Honnefer Wikipedia-Seite zu finden. Er brachte zwar keine Menschen um, ließ sich aber als Büttel von den Nazis einspannen und wurde unter anderem Reichskultursenator. Nach dem Krieg erhielt er sogar das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik.
Prinzipiell kann jeder Informationen auf Wikipedia veröffentlichen. Ein Kreis von „erfahrenen“ Wikipedianern entscheidet letztlich, ob es zu einer Veröffentlichung kommt. Wer Einträge kritisch findet, muss sich bei Wikipedia anmelden und sich entsprechend einbringen. Honnef heute hat über seinen Wikipedia-Account den Eintrag gelöscht (was jeder kann) und empfiehlt stattdessen die Einrichtung einer Rubrik: Kriegsverbrecher, die mit der Stadt in Verbindung stehen.
An der Gedenkfeier am 9. November kann jeder teilnehmen und ein Zeichen gegen Gewalt- und Terrorherrschaft setzen. Sprechen wird Pfarrer Bruno Wachten. Außerdem sind Vorträge von Schülerinnen und Schülern zu hören. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung von der Musikschule der Stadt Bad Honnef.
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