Königswinter – „Geflammter Kardinal“, „Ananas-Rubinette“ oder die „Freiherr von Zuccalmagio-Renette“ – alte Apfelsorten tragen klangvolle Namen und unterscheiden sich in Größe, Geschmack und Haltbarkeit wie andere Lebensmittel auch. Im Supermarkt findet man sie leider selten bis gar nicht, dafür aber auf Streuobstwiesen in der Region.
Um diese Wiesen mit ihren vielfältigen Obstsorten und –arten nicht zu verlieren, hat das Amt für Umwelt- und Naturschutz des Rhein-Sieg-Kreises über das Naturschutzprojekt „chance7“ in den vergangenen Jahren fast 100 Interessierte zu Obstbaumwartinnen und Obstbaumwarten ausgebildet. Ziel dieser neuen Fachleute ist es, Streuobstwiesen im Rhein-Sieg-Kreis zu nutzen und zu erhalten.
Werden die Obstbäume nicht gepflegt, überaltern sie und drohen abzusterben. Wird bei Verlust nicht nachgepflanzt, besteht die Gefahr, dass Jahrhunderte alte Sorten für immer verschwinden. Die Obstbaumwartinnen und Obstbaumwarte leisten mit ihrer Arbeit also einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von Streuobstwiesen als ökologisch hochwertige Kulturflächen. Denn die bereichern nicht nur unsere Landschaft, sondern liefern auch gesundes Obst: Viele alte Obstsorten sind reich an Vitaminen und können sogar problemlos von Apfelallergikern verzehrt werden.
Im Mai 2019 wurde in Siegburg der Verein „Natürlich Streuobst!“ gegründet. Dieser Verein hat das Ziel, möglichst viele der im Rhein-Sieg-Kreis noch vorhandenen alten Streuobstwiesen aus hochstämmigen Obstbäumen alter Sorten zu erhalten, zu pflegen und interessierte Bürgerinnen und Bürger fachkundig zu beraten.
Auf einer Obstwiese unterhalb des Jufa-Hotels in Königswinter, direkt an den Hängen des Siebengebirges, stehen mittelalte, hochstämmige Obstbäume, die einen fachgerechten Schnitt dringend nötig hatten. Mitglieder des Vereins „Natürlich Streuobst!“ zeigten bei einer Pflegeaktion, wie das geht. „Um gesund zu bleiben und gutes Obst zu bringen, muss die Krone luftig und licht sein“, erläuterte Wolf Mende, Vereins-Vorsitzender und ausgebildeter Obstbaumwart. „Die Hauptäste sollten sich nicht gegenseitig beschatten, denn das bringt dann minderwertiges Obst und ein ungünstiges Wuchsverhalten des Baumes mit sich“, ergänzte Ralf Badtke vom Amt für Natur und Umweltschutz des Rhein-Sieg-Kreises, der über das Naturschutzprojekt „chance7“ die Ausbildung der Obstbaumwartinnen und Obstbaumwarte angestoßen hat und mittlerweile selber Mitglied im Vereins-Vorstand ist.
„Natürlich Streuobst!“ will sich in Zukunft verstärkt der Pflege von Obstwiesen auf Grundlage von Pacht oder Patenvereinbarungen widmen. Ausgewählte Flächen sollen über längere Zeiträume gepflegt und beerntet werden. Damit dies auch in der Praxis umgesetzt wird, bietet der Verein Schnittkurse und Beratungen von Besitzerinnen und Besitzern von Obstwiesen an.
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