Bad Honnef-Aegidienberg – Unser Klima ändert sich dramatisch. In diesem Zusammenhang spielen vorhandene oder neu anzulegende Gärten und Grünflächen eine wichtige Rolle für vielfältige Lebensräume, die unverzichtbar für die Erhaltung und Bereicherung der heimischen Flora und Fauna sind. Selbstverständlich ist die Bedeutung naturnaher Gartengestaltung auch eines der wichtigen Themenfelder in der Arbeit der Bad Honnefer Ehrenamtsinitiative #WirfürsKlima, die seit rund 1 ½ Jahren einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz in Bad Honnef leistet. Es gibt bereits Grünpatenschaften, die unter anderem zur Aufgabe haben, Verantwortung für einen Baum, ein Baum-Beet oder eine Grünfläche zu übernehmen. Die Umwandlung von Schottergärten in Naturgärten, der Nutzen von Wildbienen und anderen Insekten oder die Begrünung von Gebäudeflächen sind weitere wesentliche Bausteine im Engagement des zuständigen Teams der Initiative.
In ihrer Anmoderation betonte Claudia Herzog, Teamleiterin des Bereichs „Anpassung an den Klimawandel“ bei #WirfürsKlima, die Wichtigkeit des individuellen Einsatzes im Rahmen eigener Möglichkeiten, wie einer bewussten, nachhaltigen Gartengestaltung, die ohne großen Aufwand umgesetzt werden kann. Im Vortrag von Expertin, Dr. Anke Wallraff-Beck lernten die interessierten Gäste, wie sie ihren Balkon oder Garten, und sei er auch noch so klein, mit heimischen Stauden und Sträuchern bepflanzen können, die bienenfreundlich sind, nicht übermäßig viel Pflege beanspruchen und dennoch die Sinne ganzjährig mit ihrer zarten Ästhetik erfreuen.
Warum ist ein Naturgarten wichtig, wie erschaffe ich eigentlich eine Naturoase in meinem Garten und warum ist der jeweilige Standort so wesentlich?
Die Anzahl der gefährdeten Tierarten steigt auch deshalb, weil wenige einheimische Wildpflanzen in unseren Gärten wachsen. So hat sich die Anzahl der Fluginsekten bereits um ¾ reduziert. Die Zahl der Vogelarten auf der sogenannten roten Liste steigt kontinuierlich an. Der Feldsperling oder der Haussperling z.B. sind akut gefährdet und befinden sich schon auf der Vorwarnliste. Die Anzahl der Rebhühner hat sich seit 1990 um 75 % dramatisch verringert. Vorhandene Lebensräume sind durch die Art ihrer Nutzung häufig nicht geeignet für die Tiere, z.B. sind landwirtschaftliche Flächen in vielen Fällen überdüngt, mit Unkrautvernichtungsmitteln behandelt oder überdacht, Flüsse sind begradigt oder Autobahnen stören die nötigen Lebensbedingungen.
Trotzdem: Alle Flächen, groß oder klein, schattig oder sonnig, können das Überleben einzelner Pflanzen und Tiere maßgeblich unterstützen. Im eigenen Naturgarten übernehmen wir selbst die Regie: Wir verwenden keinen Torf oder giftigen Dünger, wir sind in der Lage ressourcenschonend zu arbeiten und können das eigene Regenwasser nutzen. Wir sollten auch ruhig einmal weniger Kontrolle wagen und die Dinge geschehen lassen, ein monoton grüner Rasen ist gleichzeitig eine recht artenarme Fläche. Das bedeutet auch: Einfach mal weniger jäten und etwas wachsen lassen! Nicht alle unbekannten Pflanzen sind ein „Unkraut“, wie die Ackerwinde, die frisch Gepflanztes überwuchert. Ein „Beikraut“, wie die Kamille, deren Samen vielleicht vom Beet des Nachbarn rüber geweht wurde, kann die Pflanzenvielfalt auf unserem Grundstück durchaus bereichern. Auch wenn im Baumarkt das Siegel bienenfreundlich an einer Pflanze steht, lohnt ein zweiter Blick, denn jedes Tier braucht den passenden Nektar und spezielle Pollen, einige Wildbienen können z.B. nur Glockenblumenpollen essen. In Deutschland gibt es 600 Wildbienenarten mit individuellen Bedürfnissen. Leider erhalten wir in Baumärkten keine heimischen Wildpflanzen. Die so bekannten wie beliebten Geranien, Petunien, Fuchsien oder Tagetes sind keine heimischen Pflanzen und stammen oft aus Übersee.
Wie erschaffe ich eine Naturoase, auch in kleinen Gärten?
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Totholz oder Natursteine eignen sich z.B. für die Einfassungen von Beeten und kleinen Wasserflächen. Mit Sand und Kies können Trockenstandorte und mit Splitt oder Schotter können Wege und ansehnliche Beete modelliert werden. Trockenmauern können sehr gut berankt werden, mit dem (oft unbeliebten) Efeu z.B., der nach 7 Jahren eine wunderschöne Blüte entwickelt, die viele Insekten anlockt. Auch alte Spielgeräte eignen sich hervorragend zum Nisten. Wichtig ist die Wahl des passenden Standorts für die Pflanzen. Dabei spielt auch die Nutzung magerer Flächen eine große Rolle, denn auf sogenannten kümmerlichen Böden kann eine ungewöhnliche Blütenvielfalt entstehen und sogar Blumenzwiebeln können dort erfolgreich eingesetzt werden. Schattenbeete (z.B. unter Bäumen) bieten, versehen mit einer Mischung aus Sand und Kompost, einen hervorragenden Lebensraum für viele Arten.
Es gibt also viele Möglichkeiten, einen Garten naturnah, Insekten- und Vogelfreundlich wie nachhaltig zu gestalten. Anke Wallraff-Beck ermunterte die Anwesenden in diesem Herbst Blühendes einfach mal stehen zu lassen, die Samen sind auch jetzt noch für viele Vögel interessant. Auch das herabfallende Laub tut gehäuft unter Hecken und Bäumen einen guten Dienst für den natürlichen Lebensraum. Für die Anlage einer freiwachsenden Hecke ist der Herbst ebenfalls bestens geeignet, denn die Wurzeln werden gut mit Feuchtigkeit versorgt. Auch sie kann neuen Lebensraum für viele Tierarten bieten.
Nach dem interessanten Vortrag und der herzlichen Abmoderation von Claudia Herzog gab es noch viele Fragen an die Referentin. Am Eingang hatten die Gäste noch die Möglichkeit, sich an einem Angebot von Saatgut heimischer Wildblumen und Pflanzen zu bedienen.
Referentin: Dr. Anke Wallraff-Beck ist Absolventin des 5. Profikurses der Akademie des NaturGarten e.V. Als freiberufliche Biologin und Mutter von drei Kindern plant sie leidenschaftlich gerne naturnahe Gärten und Beete. Schon seit vielen Jahren begeistert sie sich, sowohl in ihrem eigenen Garten als auch in der Natur, für heimische Pflanzen und Insekten. Ihr liegt es besonders am Herzen, bei Vorträgen, Workshops und Beratungen den neugierigen Blick für naturnahe Gärten zu wecken und Menschen für die Vielfalt und Schönheit der Natur zu begeistern.
Weitere Informationen:
Naturgarten e.V.
https://naturgarten.org/regionalgruppe-koeln-bonn/
Online-Handel für heimische Wildpflanzen: Wildpflanzengärtnerei Strickler
https://www.gaertnerei-strickler.de/
Saatgut kann gegen eine kleine Spende noch im Café abgeholt werden.