Bad Honnef – Die FDP Bad Honnef zeigt sich geschockt von den Vorgängen im Thüringer Landtag. Vom Verhalten der Parteifreunde im Osten hatte sich bereits am Nachmittag der FDP-Stadtverbandsvorsitzende Carl Sonnenschein mit einer Erklärung distanziert. Heute Abend nutzte Fraktionsvorsitzender Rainer Quink die Gelegenheit und verlas die Erklärung im Rat. Ein erhebender Moment, leider nur zögerlich durch Applaus gewürdigt.
Heftiger ging es dafür im Verlauf der Sitzung zu. So nahm die Stadt Stellung zum Kiezkaufhaus und zur Situation auf der Insel – alle Projekte wurden von allen Fraktionen seinerzeit mit beschlossen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Guido Leiwig erinnerte an eine Anfrage an die Verwaltung zum Kiezkaufhaus, keine Frage sei allerdings beantwortet worden, zum Beispiel zu den Personalkosten, Betriebskosten, Umsatzzahlen etc. Auch heute blieb die Verwaltung viele Antworten schuldig. Sie gab an, die Teilnehmerzahl liege bei 17, bisher habe es 70 Lieferungen gegeben und 10.000 Klicks auf die Website (auf Nachfrage von Honnef heute bei Geschäftsleuten „ohne Produkte“ teilten zwei mit, sie hätten bislang noch nichts für ihren Eintrag bezahlt).
Mit welchem Personal es denn in der Zukunft weitergehen solle, wollte die Fraktionssprecherin der Grünen, Dr. Gabriele Clooth-Hoffmeister wissen. Im Haushalt sei dazu nichts zu finden. Die Verwaltung erklärte, für das Kiezkaufhaus sei keine Stelle mehr vorgesehen. Nach Abschluss der Förderung würde es von Mitarbeitern der Wirtschaftsförderung betreut. Aufgabe der Stadt sei es jetzt, nur noch zu koordinieren und zwischen Händlern und Kiezkaufhaus Wiesbaden zu vermitteln.
Die Agentur in Wiesbaden stellt die Plattform für den Shop zur Verfügung und hat ihren eigenen Betrieb mangels Händler vorerst geschlossen. Die Frage von Guido Leiwig an die Verwaltung, ob das der Fall sei, verneinte diese. Allerdings schreibt die Agentur in einer Pressemeldung und in einem Beitrag auf Facebook: „Kiezkaufhaus pausiert, Kiezkurier läuft weiter“ und: „Nach vier Jahren wird das Kiezkaufhaus Wiesbaden am 31. Januar 2020 den Betrieb vorübergehend einstellen.“
[the_ad id=“104090″]CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Wolff kritisierte die Berichterstattung eines Bad Honnefer Internetportals über das Kiezkaufhaus. Er sagte, man könne dabei fast von Geschäftsschädigung von Mitbewerbern sprechen. Weiter könne er sich daran erinnern, dass die Fraktionen über das Projekt seinerzeit kurzfristig abstimmen mussten.
Wirtschaftsförderin Johanna Högner sieht das Kiezkaufhaus primär als Marketing-, nicht als Verkaufsplattform an. Über das Portal sollen mehr Kunden in die Innenstadt kommen. Der grüne Klaus Wegner forderte eine Überarbeitung des Projekts, „man kann doch auch einmal zugeben, dass der bisherige Weg der falsche war“.
Bürgermeister Otto Neuhoff sieht keinen Grund, mit dem Kiezkaufhaus offline zu gehen. Für ihn handele es sich um ein Infrastrukturprojekt, das auf 3 bis 5 Jahre angelegt sei. Die Innenstädte würden veröden, mit diesem digitalen Angebot wolle man in Bad Honnef dieser Entwicklung entgegentreten. Man würde jetzt die Erfahrungen auswerten und wolle weiter berichten. Klar sei, es fehle ein Lebensmittelhändler. Es sollen aber auch bereits die Nachbarkommunen Königswinter, Rheinbreitbach und Linz in Bad Honnef angeklopft und Interesse an dem Kiezkaufhausprojekt gezeigt haben.
Gabriele Clooth-Hoffmeister wollte wissen, warum man keine lokalen Onlinemarketinganbieter einbezogen hätte. Neuhoff antwortete, es hätte sich damals niemand aus Bad Honnef auf die Ausschreibung gemeldet.
Über Verunsicherung bei Bürgerinnen und Bürgern zur Entwicklung auf der Insel Grafenwerth berichteten SPD und Grüne. So fragten sich viele, was dort überhaupt los sei, besonders die Baumfällungen bereiteten ihnen Sorge. Acht Bäume seien gefällt worden, stellte Geschäftsbereichsleiter Städtebau, Fabiano Pinto klar, nicht 15, wie an anderen Stellen behauptet werde.
Einen ganzen Fragenkatalog legte Gabriele Clooth-Hoffmeister von den Grünen vor. Darin sind beispielsweise Fragen enthalten wie: „Wie erklären Sie sich, dass Planung und Umweltaktivitäten der Stadt zunehmend Gegenstand von Kritik und auch juristischen Auseinandersetzungen mit dem Umweltverband BUND werden?“, oder „Warum wird bei den Fällungen derartige Eile an den Tag gelegt?“, oder „Wie erklärt die Stadtverwaltung uns die Unzufriedenheit von Bad Honnefer Menschen mit der kommunalen Umweltpolitik?“ Die Verwaltung will die Fragen nun schriftlich beantworten.
Zu der Klage des BUND sagte Fabiano Pinto, dass seitens der Stadt alles im gesetzlichen Rahmen verlaufen sei. Alle zuständigen Stellen seien beteiligt worden, der Naturschutzbeirat des Kreises habe sich vor Ort informiert und mehrheitlich die Maßnahme abgesegnet. Für Otto Neuhoff sei sie gerichtsfest.
Pinto wies darauf hin, dass es durch die Klage und der damit verbundenen Arbeitsverzögerung noch zu keinen Problemen, auch finanzieller Art, gekommen sei. Würde es allerdings zu weiteren Verzögerungen kommen, wäre man schnell im „roten Bereich“.
SPD und Grüne sprachen mögliche Nachbesserungen an, zumal bereits der erste Bauabschnitt um 30 Prozent teurer würde als geplant. Neuhoff lehnte dies ab mit der Begründung, irgendwann müsse auch mal Schluss sein. Es gäbe keine neuen Erkenntnisse und es mache keinen Sinn, Projekte immer wieder in die Länge zu ziehen.
Wenig amüsiert zeigten sich CDU und Bürgerblock von der Diskussion. Sie erinnere an Wahlkampfmanöver.
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