Bad Honnef/Königswinter/Bonn – Die schwüle Hitze hat Deutschland fest im Griff. In dieser energiegeladenen Luft nimmt die Wahrscheinlichkeit für Gewitter und Unwetter im Laufe des Wochenendes immer weiter zu.
Bereits am gestrigen Freitag war es zu spüren: Zur Hitze, die sich schon im Laufe der Woche von Südwesten her immer weiter ausweitete, kam die Schwüle – zunächst vor allem in der Westhälfte Deutschlands.
Hinter einer aus den Gewittern über Frankreich und Benelux herauslaufenden Böenfront, einer sog. „outflow boundary“, wurde deutlich feuchtere Luft in die Westhälfte Deutschlands geführt. Diese zu Tief THANANONT gehörige „Front“ blieb schließlich längs über der Westhälfte liegen und bildete eine Konvergenzzone, ein Bereich großräumig zusammenfließender Winde, in der sich weitere Feuchtigkeit anreichern konnte. Die Auslöse von Gewittern im Umfeld dieser Konvergenz fand allerdings nur lokal und bevorzugt über dem Bergland statt. Dennoch brachten die Gewitter vor allem in einem Streifen vom Taunus über das Rothaargebirge und Ostwestfalen bis in den Hamburger Raum, später auch im Südwesten, räumlich eng begrenzt heftigen Starkregen und Hagel. Die größte Niederschlagssumme wurde aus dem nordhessischen Diemelstadt mit 43 l/qm in kurzer Zeit gemeldet.
Gegen Freitagabend streiften schwere Gewitter aus den Niederlanden schließlich Ostfriesland mit sehr heftigem Starkregen, größerem Hagel und Sturmböen.
Auch am heutigen Samstag steht wahrscheinlich zunächst noch keine überregionale Unwetterlage ins Haus. Die Konvergenzzone wurde weiter süd- und ostwärts gedrückt. Entsprechend findet man die feuchteste, energiereichste Luft in einem Bogen vom Südwesten und Süden Deutschlands über den östlichen Mittelgebirgsraum und den Osten bis zur Ostsee. Die Gewitter treten dort zwar nur vereinzelt auf, können aber, wo sie sich gebildet haben, mit sehr heftigem Starkregen, größerem Hagel und schweren Sturmböen einhergehen.
Spannend wird es dann am späten Abend und in der Nacht zum Sonntag.
Vorderseitig von Tief ULFERT, das sich von Frankreich über Belgien und Holland zur Nordsee bewegt, wird „Hebung“ generiert, die Luft wird also großräumig zum Aufsteigen gezwungen. Durch diesen „Impuls“ können sich schon über Frankreich deutlich verbreiteter Gewitter ausbilden, die sich zu einem größeren Gewitterkomplex, einem „MCS“
(mesoskaliges konvektives System) zusammenschließen. Dieser wird später wahrscheinlich den Westen und Nordwesten Deutschlands erreichen oder zumindest streifen. Dann ist häufiger mit heftigem Starkregen, Hagel und insbesondere schweren Sturmböen zu rechnen. Die Modelle schwanken in ihren Berechnungen noch etwas, es ist aber durchaus möglich, dass im Tagesverlauf noch eine Vorabinformation vor schweren Gewittern für die betroffenen Gebiete herausgegeben wird.
Der Sonntag wartet schließlich mit einer großräumigen Schwergewitterlage auf. Vorderseitig der von Westen hereinschwenkenden Kaltfront des nach Dänemark ziehenden Tiefs ULFERT wird nochmal heißere, feuchtere und instabilere Mittelmeerluft herangeführt. Das Gewitter- und Unwetterpotenzial steigt im Tagesverlauf generell an, wenngleich noch völlig unklar ist, wo die Schwerpunkte liegen werden. Da darüber hinaus die Höhenströmung zulegt, und damit auch die Windscherung, also die Windzunahme und -drehung mit der Höhe, können sich die Gewitter schnell zu größeren Komplexen oder sehr lange Linien, sog. „squall lines“ organisieren und größere Regionen mit heftigem Starkregen, großem Hagel und sogar Orkanböen treffen.
Dennoch gehören Gewitter prinzipiell zu den vergleichsweise kleinräumigen Phänomenen in der Atmosphäre und werden von den Wettermodellen im Vorfeld oft nur unzureichend oder unpräzise erfasst.
Sie können uns helfen, die Orte, in denen es besonders heftig zur Sache geht, schneller zu erkennen und unsere Warnungen zu verbessern: Melden Sie Ihr Wetter über die Warnwetter-App oder twittern Sie Ihre Schadens- und Unwettermeldung mit dem Hashtag #uwde. Vielen Dank :).
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst