Bad Honnef-Rhöndorf – Endlich scheint sich die bisher schweigende Masse gegen die Unterwanderung der Demokratie der Bundesrepublik Deutschland durch rechte Kräfte zu erheben. Zahlreiche Demos gegen rechts haben seit dem Potsdam-Eklat stattgefunden. So folgten noch gestern Abend in Köln über 30.000 Menschen dem Aufruf von „Bündnis gegen Rassismus“. Zuvor gab es große Demonstrationen in Berlin und Leipzig. Am kommenden Sonntag (14 Uhr, Marktplatz) findet eine Demo in Bonn statt, am Dienstag in Eitorf. Auch in Bad Honnef soll in den nächsten Tagen zu einer Demonstration gegen rechts aufgerufen werden.
Zu einem Skandal kam es am 5. Januar 2024 auf dem Rhöndorfer Friedhof, auf dem der erste Bundeskanzler der Republik Deutschland seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Anlässlich seines 148. Geburtstages hat die Vereinigung „WerteUnion“ ohne Absprache mit der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus einen Kranz beauftragt und unmittelbar am Grab Adenauers auf dem Bad Honnefer Waldfriedhof ein Video gedreht. „In diesem Video, das auf der Internetseite der WerteUnion veröffentlicht wurde, sprechen Martin Lohmann, Beisitzer im Bundesvorstand, und Simone Baum, stellvertretende Bundesvorsitzende der WerteUnion, über das Wirken Konrad Adenauers. Auf der Website der Werteunion ist zu lesen: „Wir ehren heute an seinem 148. Geburtstag „den Alten“, den Gründungskanzler unserer Bundesrepublik Deutschland. Den großen Christdemokraten. Pragmatiker und Visionär gleichermaßen. Dessen Denken und Handeln die CDU lange prägten. Indes viele der heutigen Repräsentanten der Unionsfamilie sich ihm und seinen Grundwerten entfremdet haben: Konrad Adenauer.“
Die Stiftung teilt mit, es werde berichtet, dass Simone Baum an dem Geheimtreffen rechtsextremer Personen in Potsdam teilgenommen haben soll. Die Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus distanziere sich von diesem Vorgang und von jeder Vereinnahmung Konrad Adenauers für verfassungs-, demokratie- und menschenfeindliche Positionen. „In der Weimarer Republik war Adenauer ein Demokrat der ersten Stunde. Im Nationalsozialismus musste er selbst erfahren, was es heißt, unter den Repressalien eines autoritären Regimes zu leiden. Als erster Bundeskanzler war er wesentlich am Aufbau der jungen Demokratie beteiligt, ihm war die europäische Einigung und die Einbindung in das westliche Bündnissystem ein zentrales Anliegen. Er verurteilte Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“.
In Fall des Videos der WerteUnion werde laut Stiftung ein bedeutendes Adenauerzitat – „Wir stehen vor der Wahl zwischen Sklaverei und Freiheit. Wir wählen die Freiheit!“ – instrumentalisiert, um auf diffuse Weise Kritik am bestehenden politischen System zu üben. „In einer außenpolitischen Bundestagsdebatte am 3. Dezember 1952 über die Ratifizierung des Deutschlandvertrags und der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft plädierte Adenauer entschieden für den Anschluss an die freiheitlichen Demokratien des Westens. Andernfalls fürchtete er eine Okkupation durch die Sowjetunion, deren totalitäre Diktatur er als „Sklaverei“ bezeichnete. Zudem gab er ein klares Bekenntnis zu den Grundwerten der westlich-demokratischen Gesellschaftsordnung ab.“, so die KAS auf ihrer Website. Im Video werde dieses Zitat fälschlicherweise in die Gegenwart gerückt und hier assoziiert, es beziehe sich auf vermeintliche aktuelle innen- und gesellschaftspolitische Missstände. Es aus seinem Kontext zu reißen und damit zu verfälschen, ist unzulässig und unhistorisch.
Aufgabe der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus ist es, im Sinne unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung historisch-politische Bildung zu betreiben und das Leben und Wirken Konrad Adenauers wissenschaftlich fundiert darzustellen. Dabei wird die Person im Kontext ihrer Zeit betrachtet und der aktuelle Stand der Wissenschaft abgebildet. Die Stiftung tritt unzulässigen und unseriösen Vereinnahmungen Konrad Adenauers jeglicher politischer Ausrichtung entschieden entgegen.