Bad Honnef – Seit letztem Jahr gibt es das neue Cannabisgesetz in Deutschland. Die wesentlichen Inhalte des Gesetzes sind, dass Erwachsene in begrenzten Mengen privat (bis zu drei Pflanzen) oder – seit dem 1. Juli 2024 – in nicht-gewerblichen Vereinigungen Cannabis anbauen dürfen. Über diese Anbauvereinigungen darf Cannabis an Erwachsene zum Eigenkonsum kontrolliert weitergegeben werden.
- Cannabis ist im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen.
- Erwachsene dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit bei sich haben.
- Zu Hause sind der Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis sowie bis zu drei Cannabispflanzen pro erwachsener Person erlaubt.
- Überschreitungen der erlaubten Mengen um bis zu 5 Gramm (unterwegs) bzw. 10 Gramm (zu Hause) werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. Auf den Besitz größerer Mengen steht eine
- Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
- Erwachsene dürfen Cannabissamen für den privaten Eigenanbau aus EU-Mitgliedsstaaten einführen oder online bestellen.
Um die Auswirkungen des Gesetzes einordnen zu können, ist eine engmaschige Evaluation vorgesehen. Besonders berücksichtigt werden soll dabei der Kinder- und Jugendschutz, der Gesundheitsschutz und die cannabisbezogene Kriminalitätsentwicklung. Die erste Evaluation soll am 1. Oktober 2025 erfolgen, eine abschließende bis spätestens zum 1. April 2028.
Anlässlich der Legalisierung von Cannabis am 1. April 2024 hat die Pronova BKK im Mai eine Kurzbefragung zum Thema durchgeführt und festgestellt, dass sich bei den jüngeren Befragten unter 45 Jahren bei jedem Zehnten der Konsum seit der Legalisierung erhöht hat.
Die Stadt Bad Honnef führte gemeinsam mit Dr. Ulf Thiemann, Chefarzt der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie der LVR-Klinik Bonn, und dem Königswinterer Jugendcoach Simon Batta am 22. Januar im Rathaus eine Informationsveranstaltung für Fachkräfte der Jugendhilfe, Eltern und Interessierte unter dem Titel „Cannabis – kurzer Kick mit Folgen“ durch. Der Erste Beigeordnete, Holger Heuser, sagte, dass ihn die gesetzliche Teillegalisierung von Cannabis irritiert habe. Es sei wichtig, über die möglichen Folgen des Cannabiskonsums, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, aufzuklären.
Die Leiterin des Bad Honnefer Jugendamtes, Andrea Fuchs, befürchtet, der „Konsum von Cannabis führt zu Störungen, die sich auf das Lern- und Sozialverhalten und sogar auf die gesamte Lebenswelt der Jugendlichen auswirken können“. Sie geht wegen der Teillegalisierung von Cannabis von einem Anstieg der Fallzahlen aus. Jeder reagiere anders und eine Prognose sei nicht möglich. Manche Konsumenten würden schwere psychotische Zustände entwickeln, andere hätten Selbstmordgedanken. Fuchs: „Die Folgen für die Betroffenen, für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft sind in diesen Fällen enorm.“
Dr. Ulf Thiemann betonte, dass Kinder- und Jugendärzte das Gesetzgebungsverfahren kritisch begleitet hätten. „Aus medizinischer Sicht birgt die Legalisierung von Cannabis mehr Risiken als Chancen“, warnt der Facharzt vor körperlichen und seelischen Störungen durch Cannabiskonsum.
Von seinen eigenen Suchterfahrungen berichtete Simon Batta, der einen Ausweg gefunden hat und heute als Jugendcoach und Gründer eines Jugendhilfetrainings Jugendliche und ihre Familien sowie Fachkräfte der Jugendhilfe unterstützt und berät. „Es ist enorm wichtig, den jungen Menschen unvoreingenommen zu begegnen, ihnen eine Chance zu geben, sie anzunehmen, zu verstehen und zu akzeptieren“, betont der 32-Jährige. Emotionen, Bindung und Vertrauen seien die entscheidenden Werkzeuge, um den jungen Menschen zurück ins Leben zu helfen.
Mit vielfältigen Beratungsangeboten und Aufklärungskampagnen, unter anderem an Schulen, setze die Stadt Bad Honnef verstärkt auf Prävention, betont Holger Heuser: „Wir tun alles, damit es nicht noch mehr Betroffene gibt und die bereits Betroffenen in die richtigen Bahnen gelenkt werden, damit der Konsum von Cannabis möglichst wenig Schaden anrichtet.“