Vibrierendes Jobcenter oder doch Immobilienveredelung?

Bad Honnef | Erst keinen vernünftigen Arbeitsplatz kriegen, dann den Frust mit Alkohol wegspülen. Das Konzept der Bewirtschaftung des Königswinterer Bahnhofs war nicht von Pappe: Oben Jobcenter, unten Gastwirtschaft. Hinzu kommen Vibrationen durch vorbeifahrende Züge und Bahnlärm; so manche der 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten zu Lasten der Kranken- und Rentenkassenzahler vorzeitig ihren Arbeitsplatz gegen den Vorruhestand eintauschen müssen.

Ebenfalls verwunderte der angedachte Standort, weil erst im vergangenen Jahr die Komba-Gewerkschaft die Geschäftsführer der Jobcenter aufgefordert hat, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen, einschließlich der Beurteilung der psychischen Belastungen, nachzukommen. Bekanntlich zählt die Jobcenterarbeit zu den Tätigkeiten mit höchster psychischer Belastung.

Das Bahnhofsgrundstück in Königswinter hat 2013 die LBB Immobilien gekauft und ist offensichtlich schwer einer Nutzung zuzuführen. Da kam manchen eine Jobcenterverlagerung offensichtlich gerade recht. Chefs der LBB sind dort Horst Löwenberg, Mitglied der CDU Hennef, und Bernhard Brodeßer.

Das kuriose Vorhaben ist vom Tisch.

Allerdings nicht von den Tischen der Bad Honnefer Stadtverantwortlichen. Denn der prestigeträchtige Dienstleister könnte nun doch in Bad Honnef bleiben. „Der stille und ganz heimliche Weggang einer weiteren Institution aus Bad Honnef ist erst einmal verhindert worden. Dafür musste ein bereits gefasster Beschluss ‚zurückgeholt‘ werden“, erklärt der grüne Bad Honnefer Kreistagsabgeordnete Burkhard Hoffmeister.

Top-Adresse wäre nach wie vor der jetzige Standort. Für das noble, superreiche Rhöndorf ist das „JC“ mehr als ein Zeichen für eine tolerante, freigeistige und soziale Stadtteilkommune.

Der Vermieter hat finanziell nachgebessert und auch technische Erfordernisse wie klimatisierte Räume sind längst vorhanden. Umzugsaufwand gäbe es nicht.

Prüfen könnte man ebenfalls das Bürogebäude des Unternehmens TX Logistik, das nach Troisdorf-Spich zieht, die Postimmobilie am Saynschen Hof oder die Möglichkeit eines kompletten Neubaus zu günstigen Konditionen im Bad Honnefer Süden.

Möglichkeiten genug. Bürgermeister Otto Neuhoff hat gerade heute noch ein weiteres Objekt in der Linzer Straße angeboten bekommen: zentral und verkehrsgünstig gelegen.

Der CDU-Kreistagsabgeordnete Jörg Erich Haselier kennt gleich vier Gebäude, die für das Jobcenter geeignet wären. Auch er will, dass Arbeit weiter in Rhöndorf vermittelt wird. Wichtig sei, dass die Kunden Verlässlichkeit erfahren. Und Haselier weiß: „Viele Kreistagsabgeordnete sehen das Jobcenter in Bad Honnef.“

Sicherlich ebenso viele werden sich fragen, warum der Bahnhof Königswinter trotz seiner suboptimalen Voraussetzungen überhaupt als Alternative ins Spiel kam. Hoffmeister vermutet, dass es dabei eher um die Veredlung einer Immobilie ging und um Altstadtsanierung als um die sinnvolle Gestaltung eines geeigneten Umfeldes für Arbeitssuchende.

Otto Neuhoff bemängelt, dass die Stadt Bad Honnef erst einbezogen wurde, als der Sack schon zu war.

Dass der nun wieder aufgemacht werden konnte, hat offenbar etwas mit guten Argumenten Bad Honnefer Kreis-Politiker zu tun. Damit auch tatsächlich reinkommt was reingehört, „muss es langfristige, gültige Verträge geben“, so Burkhard Hoffmeister. Die Chancen würden sich verbessern, wenn der Entscheidungsprozess offen und transparent durchgeführt würde.

Wozu Heimlichtuerei und Intransparenz führen können, beweisen wilde Gerüchte, so unter anderem, dass Jobcenter Rhein-Sieg wolle sich als gemeinsame Einrichtung von Rhein-Sieg-Kreis und Agentur für Arbeit gänzlich aus dem Siebengebirge zurückziehen.

Damit konfrontiert, erklärt Hoffmeister: „Zum Glück gibt es vertragliche Regelungen zu den Standorten der Jobcenter im Rhein-Sieg-Kreis, die das verhindern.“

Bliebe ein Zitat von Rhöndorfs Übervater Konrad Adenauer: “ Die Erfahrungen sind wie die Samenkörner, aus denen die Klugheit emporwächst.“

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