Bad Honnef – Als wäre die Welt fremdgesteuert! In Amerika wählt eine deutliche Mehrheit einen verurteilten Straftäter, Sexisten und Rassisten zum Präsidenten des wichtigsten Staates dieser Erde. In der Ukraine hat ein Diktator mehr und mehr Erfolg bei seinem Versuch, mit einer „Sonderaktion“ widerrechtlich ukrainische Gebiete einzuverleiben. Zwei Tage vor den Novemberpogromen des NS-Regimes gegen die deutschen Juden werden israelische Fußballanhänger in Amsterdam von einem Mopp brutal zusammengeschlagen.
Gegen diese Vorfälle wirkt der denkwürdige Showdown der Ampelregierung harmlos. Dennoch ist der Berlin-Crash für die deutsche Politik ein Novum und kann zu einem weiteren Aufschwung rechtsradikaler Kräfte in diesem Land und in Europa führen. Somit kämen Putin und Co. der Destabilisierung der freien Welt ein weiteres Stück näher.
Auch die Kommunen haben unter der Entwicklung zu leiden. Ihre in vielen Bereichen ohnehin unterentwickelte Infrastruktur muss nun noch länger auf den Fortschritt warten, denn beispielsweise werden Förderprogramme, die zurzeit bislang nicht verabschiedet sind, auf Eis liegen.
Honnef heute hat die Bad Honnefer Parteien und die bisher bekannten Bürgermeisterkandidaten gefragt, welche Folgen bzw. Chancen sie nach dem Scheitern der Ampel für Europa, das Land und Bad Honnef sehen. Außerdem wurden sie gebeten, ihren Standpunkt zu erklären, ob Kanzler Scholz so schnell wie möglich die Vertrauensfrage stellen und somit frühzeitige Neuwahlen ermöglichen soll. Drei der angefragten Personen haben geantwortet
Jonathan Grunwald, Vorsitzender der CDU Bad Honnef und Landtagsabgeordneter:
“Die Schwarze-Peter-Rede von Bundeskanzler Scholz markiert den traurigen Tiefpunkt der politischen Kultur in Deutschland. Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheit durch einen US-Präsidenten Trump demontiert Deutschland sich selbst. Die wirtschaftliche und soziale Eruption hat gerade erst begonnen, denn ohne einen verabschiedeten Haushalt 2025 und vorgezogene Neuwahlen treibt Deutschland in diesen schwierigen Zeiten wie ein havarierter Tanker ohne Kapitän auf stürmischer See.
Die Rest-Ampel wird ohne Mehrheit im Deutschen Bundestag die verbleibenden Projekte (Entgelttransparenzgesetz, Rentenpaket II, Haushalt 2025, Wachstumsinitiative) nur schwer durchsetzen können. Ohne einen klaren Richtungswechsel in der Wirtschafts- und Migrationspolitik werden die Pläne der rot-grünen Minderheitsregierung scheitern. Eine dysfunktionale Bundesregierung, die sich trotz ihrer offensichtlichen Handlungsunfähigkeit weiter bis Frühjahr 2025 an ihren Posten festklammern will, verhindert dringend notwendige Fortschrittskonzepte.
Auch auf Landesebene können wir die dadurch entstehenden Missstände nicht beheben und leiden ebenso wie die Kommunen unter der Planungsunsicherheit. Ein konkretes Beispiel ist der Digitalpakt Schule II, der aufgrund der Zerstrittenheit der Bundesregierung, einen Haushalt aufzustellen, bis zuletzt auf der Kippe stand. Das Aus der Ampel ist der Nagel im Sarg des Digitalpakts. Während technische und inhaltliche Anforderungen an den Unterricht steigen, stehen Schulen und Kommunen seit Mitte 2024 ohne finanzielle Unterstützung für neue Vorhaben im Bereich der Digitalisierung da. Vorreiterländer, die bereits alle Mittel des Digitalpaktes I ausgeschöpft haben, blicken mit Planungsunsicherheit in die Zukunft. Dieser Stillstand auf Bundesebene erschwert unsere Arbeit erheblich und, noch viel wichtiger, lässt unsere Schülerinnen und Schüler im Stich.
Wir brauchen nun zwingend einen gesamtgesellschaftlichen Aufbruch. Die bürokratischen Fesseln, die die Ampel mit ihrer Politik noch weiter verstärkt hat, müssen gelöst werden, damit Deutschland nicht länger der kranke Mann Europas ist. Das Scheitern der Ampel war längst überfällig. Mehr denn je brauchen die Menschen in Deutschland und Europa jetzt eine stabile, zuversichtliche und mutige Bundesregierung, die die großen Herausforderungen unserer Zeit angeht und wieder ein verlässlicher Partner auf der internationalen Bühne ist. Das Festhalten aus wahltaktischen Gründen an Regierungsposten muss beendet werden. Wir brauchen schnellstmöglich Neuwahlen!”
Klaus-Jürgen Hütten, Vorsitzender SPD Bad Honnef
Es ist unserer Ansicht nach noch zu früh, um so kurz nach dem Aus der Ampel fundiert über Chancen und Risiken der aktuell verbliebenen rot-grünen Koalition zu sprechen, zumal die Regierung vorerst einmal weitgehend handlungsfähig bleiben wird.
Wie auch immer, es überwiegt der Eindruck der Befreiung von der “Illusion“, drei unterschiedliche gesellschaftspolitische Sichtweisen könnten sich auf Dauer so aufeinander abstimmen, dass die Mehrheit der Menschen sich darin wiederfindet.
Wie die Umfragen zeigen, sieht die Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen die Provokation von Christian Lindner als ausschlaggebenden Grund des Scheiterns. Die Schuldenbremse derart absolut und nur noch aus Prinzip aufrecht erhalten zu wollen, wirkt dogmatisch und wird sehr offensichtlich den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in keiner Weise mehr gerecht.
Wir brauchen Investitionen, und zwar jetzt. Wozu, das wissen wir alle! Ebenso aber brauchen wir den Dialog – und ich meine wirklichen, konstruktiven und vertrauensvollen Dialog – über Parteigrenzen hinweg, und dies nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in den Ländern und Kommunen. Kommunal sehen wir uns hier auf einem guten Weg, und wir werden uns als SPD Bad Honnef weiterhin auf das konzentrieren, was wir beeinflussen können und wofür wir bereit sind Verantwortung zu tragen.
Bünyamin Yilmaz, Bürgermeisterkandidat in Bad Honnef:
„Jetzt ist die Zeit, in der unser Land nach Politik fragt, die mutig, ehrlich und fest entschlossen zusammenarbeitet. Die Schwierigkeiten der Ampel-Koalition in Berlin beeinflussen nicht nur die Regierung dort, sondern haben direkte Folgen für Bad Honnef und unsere Menschen.
Das politische Erdbeben in Berlin sorgt dafür, dass wichtige Projekte in Bad Honnef und anderen Kommunen stocken. Egal, ob es um Unterstützung für lokale Infrastruktur, Geld für soziale Einrichtungen oder Investitionen in Bildung und Sicherheit geht – unsere Stadt braucht klare und beständige Bedingungen aus Berlin. Jeder Tag, an dem die Politik in Berlin stillsteht, erzeugt mehr Unsicherheit und erschwert unsere Planungen, was den Menschen hier sehr schadet.
Eine stabile und tatkräftige Bundesregierung ist entscheidend für Deutschland und Europa. Deutschland ist ein wichtiger Partner und gibt der Europäischen Union oft Impulse. Politische Unsicherheit in Berlin schwächt nicht nur die eigene Entscheidungsfähigkeit, sondern auch die Zusammenarbeit in Europa. Eine feste Führung ist nötig, um auf die Herausforderungen, wie Klimaschutz und wirtschaftliche Stabilität, sicher reagieren zu können und weiterhin als verlässlicher Partner in der EU zu handeln.
Zum Thema Neuwahlen: Ich finde es wichtig, dass Kanzler Scholz eine Vertrauensfrage stellt, um Klarheit und Stabilität für das Land zu schaffen. Jeder Tag ohne eine handlungsfähige Regierung mindert das Vertrauen der Menschen in die politische Leitung. Wenn die Regierung nicht endlich wieder arbeiten kann, wären Neuwahlen ein sinnvoller Schritt. Sie geben den Menschen die Wahl, eine Regierung zu bestimmen, die das Land vereint und sicher in die Zukunft führt – für das Wohl Deutschlands, Europas und Städte wie Bad Honnef.“
Bürgerblock, Bad Honnef
Wir sind dafür, dass Kanzler Scholz so schnell wie möglich die Vertrauensfrage stellt.
Ob die Aufkündigung des Konnexitätsprinzips bei einem neuen Kanzler der wahrscheinlich Friedrich Merz heißt, zurückgenommen wird und die Gemeinden sowie die Kommunen mit ausreichenden Finanzmittel versorgt werden, die von Seiten des Bundes und des Landes an die Kommune übertragen wurde aber ohne Geld, bleibt abzuwarten.
Die deutsche Wirtschaft, der Mittelstand und die Arbeitnehmer benötigen eine Regierung, die handlungsfähig ist und nicht gesinnungsethisch agiert sondern verantwortungsethisch. Die subventionierte und für das Land langfristig schadenbringende Energiepolitik muss auf eine verantwortliche ökonomisch und ökologische Ebene zurückgeführt werden.
Eine Hängepartie können wir uns weder im Land noch in Europa leisten insbesondere nicht im Hinblick auf einen Präsidenten in den USA, der ab Januar im Amt sein wird.
Frédéric Fraund, Birte Karst, Grüne Bad Honnef:
Aus Sicht von NRW ist es gut, dass die Bundestagswahl nicht gleichzeitig mit der NRW-Kommunalwahl stattfindet. So können die wichtigen Themen vor Ort, für die wir uns stark machen, wirklich im Fokus stehen. Ob es um eine familienfreundliche Stadt geht, den Ausbau von Kitas und Schulen, das Erleben im Stadtzentrum oder die Anpassung an den Klimawandel – all das könnte sonst leicht im politischen Grundrauschen aus Berlin untergehen. Die Entscheidung über den Zeitpunkt der Neuwahlen liegt in den Händen des Bundeskanzlers und letztlich des Bundespräsidenten. Ob die Bundestagswahl vier Wochen früher oder später stattfindet, ist aus unserer Sicht nicht entscheidend. Auf die Menschen in unserem Land und unserer Stadt hat dies keine gravierenden Auswirkungen.
Birte Karst, Vorsitzende der Bad Honnefer Grünen, betont: „Der genaue Wahltermin ist für die meisten Menschen zweitrangig. Diese Debatte wird vor allem von Parteien und den Medien aufgebauscht. Denken wir an die Familien, an die Mensch in den Wahlämtern und die Ehrenamtlichen, die den Wahlkampf organisieren. Gönnen wir ihnen und uns eine ruhige Adventszeit und besinnliche Weihnachtstage.“