In Zeiten immer stärkerer Sichtbarkeit von (Rechts-)Extremismus und problematischer populistischer Vereinfachung und allgegenwärtiger selbstgestrickter „alternativer Fakten“, ist der Abbau demokratischer Partizipationsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene wie wir ihn derzeit auch bei der von der Verwaltung geplanten Abwicklung der Seniorenvertretung erleben, der falsche Weg. In einer individualisierten, pluralen und freien Gesellschaft braucht es im Gegenteil mehr Möglichkeiten der Partizipation, Teilhabe und Sichtbarkeit unterschiedlicher Gruppen und auch parteipolitisch ungebundener Bürgerinnen und Bürger.
Welches Kalkül steckt hinter dem angestrebten Abbau der demokratisch legitimierten Seniorenvertretung? Welche Interessen verbergen sich hinter den Kulissen dieser herbeigeführten Entscheidung? Einer demokratisch legitimierte Seniorenvertretung standen die CDU und die Stadtverwaltung bereits vor ihrer Einführung reserviert gegenüber.
Dahinter verbirgt sich ggf. die Sorge, dass ein demokratisch legitimiertes Gremium ein starkes Eigenleben und Selbstbewusstsein entwickeln kann und nicht so einfach zu kontrollieren ist. In der Tat hat die Seniorenvertretung eigene Initiativen gestartet, wie z.B. für die hoffentlich im Oktober vorgesehene Realisierung einer Toilette auf der Insel, für welche sich auch die Grünen gegen erhebliche politische Widerstände stark gemacht haben.
Der Blick fällt zwei Jahr zurück, als der Vorsitz der neuen Seniorenvertretung neu gewählt wurde. Aus der Mitte der Seniorenvertretung wurde ein Vorsitzender mehrheitlich gewählt. Er war parteiunabhängig, das enttäuschte die lokale Mehrheitspartei CDU/Seniorenunion.
Zuvor fand eine Wahl unter erheblich eingeschränkten Wahlzeiten und Wahlorten (um genau zu sein einer!) während Corona unter erschwerten Bedingungen innerhalb der Risikogruppe der über Sechzigjährigen statt, was zu der sehr geringen Wahlbeteiligung führte.
Diese erschwerten Bedingungen sollten für die Wahl 2025 durch eine aktualisierte Satzung geheilt werden. Die neue Satzung sah vor, dass mehr Wahlorte und erstmal eine Briefwahl ermöglicht werden sollte. Auf den letzten Metern vor der Verabschiedung der Satzung blockierten CDU, Bürgerblock und FDP diese Satzungsänderung, mit der die bisherigen Defizite behoben und eine höhere Wahlbeteiligung ermöglicht werden sollte. Hier stellt sich die Frage, warum der Seniorenvertretung keine erneute Chance gegeben wurde, um durch einen einfacheren Zugang zu den Wahlen eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen.
Im Nachgang entstand bei Verwaltung und CDU die Idee einen Fachbeirat zu installieren, der allerdings ein reines Expertengremium sein sollte und nicht von den Seniorinnen und Senioren gewählt und damit demokratisch legitimiert wird.
In der ganzen Diskussion fiel auf, dass verschiedene Gruppen („Alt gegen Jung“) gegeneinander ausgespielt worden sind, anstatt dafür zu sorgen, dass insgesamt mehr Partizipation und Beteiligungsformate unterschiedlicher Gruppen entstehen können.
Es ist bedauerlich, dass ein von der SPD eingebrachter und von B 90/Die Grünen unterstützte Kompromisslösung mehrheitlich abgelehnt wurde, auch von einer Fraktion, die „Sozial“ im Namen führt. Ein berufener Fachbeirat wurde durchaus positiv eingeschätzt unter Beibehaltung der Seniorenvertretung. Auch die Seniorinnen und Senioren selbst haben vielfach sehr viel Expertise zu ihrer eigenen Situation, die sie jetzt nicht mehr in einer demokratisch gewählten Seniorenvertretung einbringen können.
Ein Beitrag der Fraktion B90/ DIE GRÜNEN im Stadtrat von Bad Honnef