Königswinter-Oberdollendorf – Seit langem organisieren in Deutschland (und in anderen Teilen der Welt) nicht mehr nur unterschwellig menschenverachtende und demokratiefeindliche Kräfte eine Beschädigung der freien Welt. Widerstand in der Bürgerschaft ist nur partiell vorhanden, meist dann und dort, wenn und wo gerade wieder ein Angriff gegen Menschen und die Verfassung zu verzeichnen war. Geht die Entwicklung so weiter, wird das nicht ausreichen.
Umso positiver sind Initiativen besorgter und engagierter Bürgerinnen und Bürger – wie in Oberdollendorf. Ehemalige Mitglieder des Friedensforums Königswinter rufen mit Blick auf zunehmende rechtsgerichtete politische Straftaten zum Jahrestag der Pogromnacht 1938 für den kommenden Samstag zur Teilnahme an einer Veranstaltung auf.
Hier der Aufruf:
Am 9. November jährt sich die Reichspogromnacht des Jahres 1938, deren Bilder jedem von uns bekannt sind. Viele Jahre war das „Nie wieder“ der Grundkonsens des überwiegenden Teils der deutschen Öffentlichkeit und die Basis der Politik aller demokratischen Parteien.
Dies ändert sich: Der Mord in Kassel, die Angriffe auf jüdische Mitbürger*innen und deren Synagogen, die kontinuierlich größer werdende Salonfähigkeit einer antidemokratischen Partei, Hassmails im Netz und Morddrohungen gegenüber frei gewählten Politiker*innen der demokratischen Parteien zeigen, dass sich (zu) viele vom Konsens des „Nie wieder“ bereits verabschiedet haben.
Der 1984 verstorbene evangelische Theologe Martin Niemöller schrieb: „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
So weit, dass keiner mehr protestieren kann, ist es noch nicht. Aber es drängt sich der Eindruck auf, dass die Zustimmung zu den Wegbereitern einer menschenverachtenden Haltung gegenüber jüdischen und ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und denen, die den demokratischen Grundkonsens erhalten wollen, ständig wächst. Selbst die Benennung eines Mädchens mit indischen Wurzeln zum Nürnberger „Christkind“ ist inzwischen Anlass für beschämende und traurige Kommentare in den sozialen Medien.
Wir wollen dieser Entwicklung nicht weiter tatenlos zusehen, wir wollen Zeichen gegen Populismus und rechte Hetze setzen, wir wollen von unseren Kindern und Enkelkindern nicht gefragt werden, was wir getan haben, aber erst recht nicht, warum wir nichts getan haben.
Ein kleines Zeichen gegen Juden- und Ausländerfeindlichkeit wollen wir wie schon in früheren Jahren am Jahrestag der Pogromnacht am Gedenkstein der Jüdischen Synagoge in Oberdollendorf gemeinsam setzen. Dazu treffen wir uns am
Samstag, den 9. November um 11.30 Uhr Parkplatz „Rebstock“, Oberdollendorf
Über viel Zuspruch zu diesem Zeichen würden wir uns freuen.