Bürgerwerkstatt Inklusion: Wir sind bereit zum Leben miteinander

Bad Honnef | Seit 2009 gilt sie auch in Deutschland: die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Sie beinhaltet unter anderem  „eine Vielzahl spezieller, auf die Lebenssituation behinderter Menschen abgestimmte Regelungen“. Dass solche Selbstverständlichkeiten auch in Bad Honnef eingefordert werden müssen, beweist zum Beispiel die Notdurft. So finden Menschen mit Handycaps in der Stadt keine öffentliche Behinderten- oder Großraumtoilette, die rund um die Uhr geöffnet ist. Das soll sich jetzt ändern.

Mittwochabend fand zum ersten Mal eine Bürgerwerkstatt Inklusion unter Federführung der Stadt und vorgestellt von der Behindertenbeauftragten Iris Schwarz im Rathaus statt. Zu sechs Themenbereichen konnten Bürgerinnen und Bürger sich äußern:

– Inklusion als Gesamtaufgabe
– Bildung und Erziehung
– Kultur, Sport
– Städtebau
– Erwerbsleben
– Senioren

Es ging um Bestandsaufnahme und Optimierung.

Moderiert wurde der Abend von Rainer Schmidt aus Bonn. Der ist nicht nur Referent, Sportler, Pfarrer, körperbehindert – auch Kabarettist. Ein guter Witz sei, wenn Betroffene selbst darüber lachen könnten, sagte er in seinem Impulsvortrag.

Der Rhöndorfer Hartmut Niewiak kann über die fehlende Großraumtoilette allerdings immer noch nicht lachen. Dank Rollifahrer Niewiak kommen Rollstuhlfahrer an der Haltestelle in Rhöndorf nach einer Anpassung der Bordsteinhöhe wenigstens in den Bus hinein. Nur raus klappts nicht im Sinne von Inklusion. Barrierefreie Haltestellen sind dort Mangelware.

Schmidt, der vieles mit Humor nimmt, stellte klar, bei Inklusion ginge es nicht um die Integration von ausgegrenzten Menschen sondern darum, dass es allen Menschen von vornherein möglich gemacht wird, an allen Aktivitäten teilzunehmen. Spätestens diese Sicht der Dinge wirft die Frage auf, warum es überhaupt einen Inklusions-Workshop geben muss und diese Thematik nicht schon bei der Bürgerbeteiligung zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept entsprechenden Raum bekam. Meinte auch Rainer Schmidt: „Ja, da gehört sie hin.“

Kein Wunder, dass die Themenwand „Städtebau“ die meisten Hinweiskarten enthielt. Zufrieden sind die Bürger mit den vorhandenen Behindertenparkplätzen, was ihnen fehlt ist eine Behindertentoilette, ein barrierefreier Bahnhof und barrierefreie Kinderspieplätze. Optimierungsbedarf wird zum Beispiel bei den Zugängen zu den Geschäften und Restaurants  gesehen, beim Gehwegbelag, bei der Räumung von Schnee und Laub und bei der freien Fahrt für Rollstuhlfahrer auf den Bürgersteigen. Zu oft würden parkende Autos ein Durchkommen unmöglich machen.

Während im Erwerbsleben mehr behindertengerechte Arbeitsplätze gewünscht werden, beschäftigen sich ältere Menschen mit der Mobilität. Es fehlten ebene Gehwege und Lauflinien und auch das an manchen Stellen vorhandene Kopfsteinpflaster diene nicht einem sicheren Gang.

Im Bereich Kultur und Sport wünscht man sich mehr inklusive Angebote und mehr Informationen über geeignete Angebote, im Bereich Bildung und Erziehung qualifizierte Fachkräfte, längere Öffnungszeiten und eine städtische Kita.

Bei den Schulen sei Inklusion schon längst Alltag. Probleme gäbe es an den weiterführenden Schulen. Keine in Bad Honnef sei barrierefrei. Schüler, die auf eine behindertengerechte Umgebung angewiesen seien, müssten sogar Schulen in Rhein-Pfalz besuchen.

Noch etwas wurde gewünscht: eine verständliche Sprache der Verwaltung. Offensichtlich stehen  Bürger bei verschiedenen verwaltungstechnischen Formulierungen vor unüberwindbaren Hindernissen.

Bis Januar 2016 sollen die Ergebnisse ausgewertet sein, so Bad Honnefs Behindertenbeauftragte Iris Schwarz. Dann sollte nach den Vorstellungen von Moderator Rainer Schmidt jeder bereit sein zum Leben miteinander – zur Inklusion.

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Behindertenbeauftragte Iris Schwarz
Behindertenbeauftragte Iris Schwarz

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