Bad Honnef – In den 1970er Jahren geschah in Deutschland Ungeheuerliches: Eine Jugend, die aufgewachsen war mit Hazy Osterwald und dem Blauen Bock im Westen, mit Herbert Roth und dem volkseigenen „Lipsi“ im Osten, mit den Beatles und den Rolling Stones hüben und drüben, ließ sie sich von den lebensfrohen Sauf-, Rauf- und Protestliedern irischer Provinzen anstecken und griff selbst wieder zu vergilbten Liederbüchern, um alte deutsche Lieder zu singen.
In beiden Staaten war es eine Nischenmusik, handelte es sich um einen Gegenentwurf – zum kommerziellen respektive ideologisch verordneten Kulturbetrieb, zu gängigen Lebensmustern, zur politischen und gesellschaftlichen Macht. Die Grundhaltungen waren gleich: anti-bürgerlich, oppositionell, friedensbewegt, sozial, gegen Atomkraft, für die Emanzipation, alternativ.
Als „Deutschfolk“ ging das Phänomen in die Kulturgeschichte ein.
In diesem Buch unternimmt der Autor Bernhard Hanneken erstmals den Versuch, die Geschichte des Volkslied-Revivals in beiden deutschen Staaten umfassend darzustellen.
Er untersucht die soziokulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen, beschreibt den Hintergrund von Musikern und Publikum und analysiert die Abhängigkeiten vom politischen Umfeld. Nach einem Niedergang in den 80er Jahren gab es im neuen Jahrtausend einen neuen Aufschwung.
Heute Abend war Bernhard Hanneken zu Gast bei Folk im Feuerschlösschen in der Aula der früheren Konrad Adenauer-Schule. Im Dialog mit Mike Kamp, dem Herausgeber der Musikzeitschrift FOLKER und Juror der deutschen Schallplattenkritik, wurde das Buch „Deutschfolk – Das Volksliedrevival in der BRDDR“ vorgestellt.
Ebenfalls waren einige Musiker aus der Zeit dabei, unter anderem Tom Kannmacher, Martin Hannemann von Fiedel Michel, Jutta Mensing von Moin, Werner Worschech und Adam Keller. Sie wollten mit ihrer Musik die Welt verändern, auf Missstände in Politik und Gesellschaft hinweisen, (z.B. mit den Liedern der 1848er Bewegung) und wunderschöne Melodien der alten Volkslieder und Tänze zum Leben erwecken.