Bad Honnef – Erika Ost kann stellvertretend stehen für eine Reihe starker Frauen in Bad Honnef, die in unserer Stadt sprichwörtlich „den Laden am Laufen halten“. Wenn die 80-Jährige aus ihrem Leben erzählt, dann merkt man, welch engagierte Frau vor einem sitzt. Die kleine und eher zarte Ehefrau des früheren Regierungssprechers Friedhelm Ost blickt auf ein ereignisreiches Leben zurück. Geboren in Koblenz, aber sehr früh schon in Köln aufgewachsen und zur Schule gegangen, hat sie auch dort studiert und empfindet sich als Kölnerin. „Ich mag die rheinische Lebensart und die Leichtigkeit, die damit verbunden ist. Obwohl ich im Karneval nicht sehr engagiert bin, liebe ich diese Tradition und die vielen Kölner Musikgruppen, deshalb bin ich auch nach unserem zwischenzeitlichen Aufenthalt im Taunus 1985 gerne nach Honnef gezogen.“
Und hier ist Erika Ost vielen vor allen Dingen bekannt durch ihr ehrenamtliches Engagement. Ihr Herz gehört dabei zweifellos der Hospizbewegung. Sie ist seit dem Jahr der Gründung 1997 dort engagiert. „Als Ärztin habe ich gesehen, wie anonym und unwürdig häufig das Sterben in Krankenhäusern war. Oft habe ich an den Betten von Patientinnen und Patienten gesessen, um die Situation menschlicher zu gestalten. Das hat mich dazu gebracht, in der Hospizbewegung mit zu helfen.“ Die Hospizbewegung in Bad Honnef hat mittlerweile ca. 45 Mitglieder, die wichtige ehrenamtliche Arbeit leisten. Nachdem Erika Ost dort lange als Sterbebegleiterin zur Verfügung stand, arbeitet sie in den letzten Jahren vor allem als ausgebildete Trauerbegleiterin. „Beides sind große psychologische Herausforderungen, aber die Trauerbegleitung führt wenigstens in eine bessere Zukunft … das ist schon angenehmer. Aber beides ist wichtig“, so Ost.
„Als ich jung war, war ich unglaublich gerne Ärztin. Ich habe eigentlich gar nicht daran gedacht, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Aber als ich dann mit meinem Mann zusammen war, war mir schnell klar, dass nur einer von uns dieses hohe berufliche Engagement aufrechterhalten konnte, und ich musste mich um die Familie kümmern und wollte das auch.“ Das ist eine Zeit, die sie nicht missen möchte. „Trotzdem war es manchmal nicht einfach, mich nur um meine Familie zu kümmern und nicht mehr meinen Beruf als Ärztin ausüben zu können. Aber ich wusste immer, dass ich meine Zeit trotzdem auch noch gesellschaftlich einsetzen könnte und wollte. Diese Aufgaben habe ich auch immer gesucht und gefunden.“
Erika Ost wusste aber auch, dass sie jederzeit wieder in ihren Beruf hätte zurückkehren können, wenn es notwendig gewesen wäre. Obwohl sie immer ein Familienmensch war, betont sie, wie wichtig es ist, dass Frauen heute eine Ausbildung haben und für ihre Rente vorsorgen: „Mir ist durchaus klar, dass ich sehr privilegiert war und viel Glück hatte, dass meine Situation nicht zum Beispiel durch Scheidung problematisch geworden ist. Wenn man dieses Familienmodell wählt, dann ist man immer gefährdet, keine Rente zu bekommen und im Alter arm zu sein. Eine schwierige Situation für die jungen Frauen heute.“ Umso wichtiger ist es für Ost gerade aktuell, dass es ein gutes Angebot an Kindergartenplätzen und Plätzen in der offenen Ganztagsschule gibt. Die Situation heute betrachtet sie durchaus mit Sorge.
Neben der Hospizbewegung und auch der Bad Honnefer Politik ist sie sehr engagiert bei der Aal-König-Initiative. „Eigentlich wollten wir ja nur den verrosteten Aalschocker Aranka retten und renovieren lassen und um das nötige Geld dafür aufzubringen, kam mein Mann auf die Idee, den Aalkönig ins Leben zu rufen. Er war vorher irgendwo Kraut-König geworden, und er hatte viele Kontakte.“ Und die kamen gerne nach Bad Honnef! Zuerst ein guter Freund der Familie, Wolfgang Clement, aber auch Friedrich Merz, Hans-Dietrich Genscher, Maybrit Illner, Christian Lindner u.v.a.m.
Das erfolgreiche Format bringt viel Geld, das längst nicht mehr nur für die Aranka ausgegeben werden muss. So kann der Verein heute eine Reihe sozialer Projekte in Bad Honnef finanzieren helfen. Davon profitieren vor allem Honnefer Kinder und Jugendliche. Heute leitet ihr Sohn Fabian die Geschicke des Vereins, und auch Tochter Mareike engagiert sich hier stark. „Ohne ehrenamtliches Engagement ist eine Stadt arm, ja eigentlich gar nicht lebensfähig“, so Erika Ost. „Man muss verbindlich sein und Kontakte aufbauen können. Man muss aber nicht nur Leute für soziale Arbeit gewinnen können, sondern sie auch darin bestärken, dass jeder solche Aufgaben schaffen kann. Denn viele trauen sich das nicht zu“, betont Ost aus ihrer langjährigen Erfahrung. „Im Kleinen – in der ehrenamtlichen Arbeit in der Stadt – ist es wie in der großen Politik. Der Erfolg hängt ab von Glaubwürdigkeit und von Vertrauen. Wenn das fehlt, dann steigen die Leute innerlich aus“, resümiert sie eindringlich.
Die Parallelen zur Politik hat sie hautnah mitbekommen durch ihren Mann, der Journalist beim ZDF war, fünf Jahre Regierungssprecher bei Helmut Kohl, 12 Jahre Bundestagsabgeordneter und schließlich Politik- und Wirtschaftsberater mit eigener Firma. „Glaubwürdigkeit und Vertrauen hängen davon ab, ob die Menschen wirklich ein sachliches Ziel haben jenseits von ihrem eigenen Weiterkommen. Ein Ziel, das sie konsequent vertreten und auch offen dafür einstehen. Dafür muss man bereit sein, Widerstände zu überwinden und kontroverse Debatten zu führen“, ist Ost überzeugt.
Von den Politikern, die sie im Laufe ihres Lebens persönlich kennen gelernt hat, hatten viele diese Eigenschaften, wie sie resümiert. Wolfgang Clement, Norbert Blüm, Wolfgang Schäuble und auch der junge Helmut Kohl fallen ihr dazu ein. „Sie hatten eine Vision von einem geeinten und sozial gerechten Deutschland und einem geeinten Europa für das sie kämpfen wollten. Auch wenn Helmut Kohl in späteren Jahren eher nicht mehr die Werte vertreten hat. Einige sind einfach zu spät zurückgetreten, das ist nie gesund“, ist Erika Ost sich sicher.
Die für sie persönlich intensivste Zeit in Sachen Politik war der Wahlkampf, den sie mit ihrem Mann bei den ersten freien Wahlen in Ostdeutschland erlebt hat. Friedhelm Ost war u.a. Leiter des Wirtschaftsausschusses und zuständig für den Wiederaufbau Ost. „Unfassbar hart war es zu sehen, wie viele Menschen sich gefragt haben und fragen mussten, ob ihr bisheriges Leben unter falschen Vorzeichen gelebt wurde. Ich erinnere mich an eine Rede von meinem Mann vor hunderten Soldaten der Nationalen Volksarmee in Mecklenburg-Vorpommern. Für diese Leute ist ja alles zusammengebrochen, und mit dieser Situation konfrontiert zu sein vor Ort war für mich ebenso hart wie beeindruckend. Viele wussten die neue Situation schnell zu bewältigen, und andere standen vor den Träumen ihres bisherigen Lebens“.
Erika Ost konnte so ab 1990 viele Menschen kennenlernen, die später auch wichtige Ämter in den neuen Regierungen bekleideten und hat erfahren, mit welchen Problemen Politiker im Zusammenhang mit der deutschen Einheit zu kämpfen hatten. Sehr früh hat sie so auch bereits die junge Angela Merkel kennengelernt. „Und zu sehen, was heute aus Ostdeutschland geworden ist, ist schon beeindruckend. Dass viele das aktuell nicht zu sehen scheinen, das macht mir auch große Sorgen. Wir müssen unbedingt wieder näher bei den Menschen sein“ ist sich Erika Ost sicher.
Obwohl Erika Ost eher nicht der Sinn nach Repräsentieren stand, erinnert sie sich doch auch gerne an gesellschaftliche Ereignisse, wie der Besuch der Queen, damals noch im Brühler Schloss oder an Königin Margarete von Dänemark auf dem Petersberg oder an Bill Clinton. Aber Ost war immer eher der Typ für die vertrauensbildenden Maßnahmen im persönlichen Bereich. So war Hannelore Kohl z.B. häufig auch alleine bei ihr zuhause.
Viele Jahre der Bonner Republik hat Erika Ost also hautnah mitbekommen. „Schon das Haus, in dem ich wohne, ist geschichtsträchtig“, lacht sie. „Es wurde damals gebaut, um die Kommissare, die Deutschland wieder aufbauen sollten, unterzubringen. In unserem Haus zum Beispiel wohnte der britische Kommissar“.
Neben der ehrenamtlichen Arbeit steht die Betreuung ihrer 10 Enkelkinder heute im Vordergrund. Die Kinder und Schwiegerkinder haben alle verantwortungsvolle Jobs und können ihre Unterstützung gut gebrauchen.
Auf die Frage „was ist für Sie eine starke Frau“, muss sie nicht lange überlegen: „Eine Frau, die Erfahrungen gesammelt hat, sich eine Meinung gebildet hat und diese auch vertritt und sich einsetzt – klar, aber auch kompromissbereit!“ Weil Erika Ost genau so ist, war sie niemals nur die „Frau an seiner Seite“!
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Brücke