
Bad Honnef – Die Zeiten ändern sich! Waren Kommunalpolitiker in früheren Jahren in der Regel sehr geachtete Bürgerinnen und Bürger, müssen sie sich in der heutigen Zeit vielfach der Kritik erwehren. Gut, wenn es nur bei Kritik im normalen Rahmen bleibt.
Offensichtlich ist die Lage angespannter, als manche denken. Nicht umsonst veröffentlichte die Website kommunal.de 2021 einen Beitrag zum Thema „Gewaltspirale“: „Wer in der Kommunalpolitik aktiv ist, muss wissen, wie mit Beleidigungen, Bedrohungen oder sogar tätlichen Angriffen umgegangen werden kann – und zwar bevor sie passieren,“ schreibt der Autor Meinolf Meyer vom Verband „Starke Demokratie e.V.“. Gerade Ehrenamtliche, die über die Vereinsarbeit in die Politik kämen, stellten sich dieser Auseinandersetzung oft zu spät.
In Bad Honnef ist kein Fall von Gewalt in der Kommunalpolitik und zwischen Politikern und kritischen Bürgern bekannt. Die hessischen Grünen bezeichnen die Kommunalpolitik als die Königsdisziplin der Politik. Auf keiner anderen Ebene sei Politik „so unmittelbar, so nah am Alltag der Menschen, so offensichtlich in ihren Wirkungen, wie in der Kommune“.
KommunalpolitikerInnen seien stets greifbar, ansprechbar und müssten ihre Entscheidungen stets im direkten Gespräch auf der Straße vertreten können. Das mache diese Aufgabe außerordentlich anspruchsvoll.
Anspruchsvoll in jedem Falle. Nicht nur, dass Kommunalpolitik allein wegen der vielen Sitzungen einen hohen Zeitaufwand bedeutet. Hinzu kommen oftmals komplizierte Sachverhalte, die geregelt und über die entschieden werden muss. Bedeutet: Vor einer Debatte müssen sich die ehrenamtlichen Politikerinnen und Politiker noch einmal richtig „reinhängen“, um das Thema in seiner Gänze zu verstehen. Was noch einmal Zeit, Zeit, Zeit kostet – ein unbezahltes Engagement neben Beruf, Familie und anderen persönlichen Interessen.
Es ließen sich locker viele weitere Verpflichtungen anfügen, die für aktive Kommunalpolitiker Routine sind: eine Kirmeseröffnung gehört beispielsweise auch dazu oder der Besuch eines Schulkonzertes. Medien klopfen an und wollen Kommentare zu lokalen Themen. Dann steht ein Bürgerstammtisch an. Fehlen unmöglich. Wähler verzeihen nicht.
Natürlich muss sich niemand diesen Stress antun. Aber was wäre, wenn sich keiner für ein Engagement in der Kommunalpolitik zur Verfügung stellen würde? Die Demokratie wäre am Ende.
Nun hat Laura Solzbacher mit einem Beitrag auf ihrer Facebookseite eine Diskussion losgetreten. Vor zweieinhalb Jahren ist sie in die Kommunalpolitik eingestiegen, um für die Demokratie im System mitzuwirken. Aus beruflichen Gründen hat sie jetzt ihr Engagement beenden müssen. Aber natürlich beschäftigt sie sich weiterhin mit den lokalen politischen Themen in Bad Honnef und steuert über ihre Kanäle ihre Meinung bei. Also sitzt auch der Frust tief, wenn über Kommunalpolitik unverhältnismäßig abgeledert wird.
Das Forsa-Meinungsforschungsinstitut führte 2018 eine Befragung zum zunehmenden Desinteresse an und in der Kommunalpolitik durch und veröffentlichte unter anderem folgendes Ergebnis: „Die meisten der von Forsa Befragten vermuten als Grund für die hohe Zahl von Nichtwählern bei kommunalen Wahlen, dass sich die Kommunalpolitiker nicht mehr um die wirklichen Probleme und Sorgen der Bürger vor Ort kümmern. In die gleiche Richtung geht die geäußerte Einschätzung, dass die Kandidaten, die bei kommunalen Wahlen antreten, nicht bekannt und profiliert genug seien bzw. nicht in ausreichendem Maße überzeugend seien.“
Gestern habe sie wieder einer ausführlichen Diskussion über unterschiedliche, brisante, politische Themen auf dem Spielplatz gelauscht; viel Kritik habe es gegeben, viele Kommentare unter der Gürtellinie und insgesamt hat sie das, was sie hörte, als unproduktives Gemotze vom Allerfeinsten gewertet.
„Ich sitze da und denke: geht doch mal in einen Stadtrat“, schreibt die ehemalige Stadträtin. „Setzt euch in Ausschüsse, Unterausschüsse und Co. (ehrenamtlich und in eurer Freizeit) und schaut euch an, wie engagierte PolitikerInnen ALLER Parteien (jedenfalls hier in dieser beschaulichen Stadt) versuchen, bestmöglich um Kompromisse zu ringen, um zu einer Verbesserung beizutragen …“.
In den zweieinhalb Jahren habe sie mitbekommen, wie es in der Kommunalpolitik läuft: „Da sitzen keine ‚faulen Trottel, die mal eben Gebühren erhöhen und sich keinerlei Gedanken machen’“, so die fünffache Mutter.
Hinter vielen Entscheidungen stünden stundenlange Diskussionen, es würde abgewogen, „häufig produktiv, manchmal hitzig und sicherlich nicht immer in freudiger Einigkeit. Aber Fakt ist: jeder bemüht sich bestmöglich nach seiner Überzeugung – ausgerechnet für die Motzer am Spielplatz – die Zukunft zu gestalten und z.B. so etwas wie eine Haushaltssicherung zu verhindern“.
Dann wünscht sie sich, mit dem Zetern aufzuhören, wenn man selbst noch keinen Haushalt bis ins Detail durchgearbeitet hat, um ihn dann nach bestem Wissen und Gewissen zu verabschieden – oder auch nicht. Und sie empfiehlt, sich in die komplexen Zusammenhänge einzuarbeiten und anschließend zu argumentieren. Sich zu interessieren und seine Meinung zu vertreten, sei „nämlich grundsätzlich etwas Positives“.
Laura Solzbacher: „Ich möchte die Zeit im Rat nicht missen und habe unendlich viel gelernt, und am liebsten würde ich nun jedem, der meint, es ohnehin alles besser machen zu können, empfehlen, zu kandidieren. Gestaltet doch gerne aktiv mit!“ Egal, für welche Partei, fügt sie an. „Demokratie ist ne wunderbare (und schützenswerte!) Sache“.
In Bad Honnef kann man diesen Parteien beitreten:
CDU Bad Honnef
Bündnis 90/Die Grünen Bad Honnef
SPD Bad Honnef
Bürgerblock
FDP Bad Honnef
Man kann auch eine neue gründen oder sich als parteiloser Kandidat bewerben.