Bad Honnef – „Wir möchten sehr gerne als Teil der Gemeinschaft in dieser Stadt einen Beitrag leisten, die Innenstadt von Bad Honnef zu einem besonderen Ort zu machen, an dem man sich gerne aufhält.“
Als Marco 2003 mit seiner Familie aus Mexiko nach Deutschland kommt, ist sein Sohn Emiliano noch klein. Inzwischen stehen die beiden Männer gemeinsam hinter der Kaffeetheke und sind schon seit mehreren Jahren ein eingespieltes Team. Das Haus und das Ladenlokal haben sie gemeinsam renoviert. Fast zwei Jahre lang haben sie Wände abgeklopft und abgeschliffen, mehrere Schichten alten Boden entfernt und mit viel Liebe zum Detail und einer ganzen Menge Schweiß aus dem kleinen Lokal das gemacht, was es jetzt ist. Das Taza Azul, eine Kaffeerösterei, die Teil der Speciality Coffee Association ist.
Bei einem köstlichen Cappuccino versteht man ziemlich schnell: das hier ist absolute Leidenschaft für ein selten gewordenes Handwerk und wirklich etwas Besonderes. Vater und Sohn strahlen beide eine unheimliche Ruhe aus. Leidenschaftlich, nahbar und aufgeschlossen. Dass sie viel mehr für unsere Stadt bieten als qualitativ hochwertigen Kaffee, das spürt jeder, der den Laden schon einmal betreten hat. Die paar Schritte aus der Innenstadt hinaus Richtung Schmelztal lohnen sich alle mal. Das ehemalige Café Jansen wird gegenüber zum Wohngebäude umgebaut. Bei Taza Azul duftet es sowohl nach Kaffee als auch nach selbst Gebackenem. Die gleichermaßen gemütliche, wie auch stylische Atmosphäre lädt ein, sich auch noch auf einen zweiten und dritten Kaffee zu verquatschen und einmal durch die unterschiedlichen Röstereien zu stöbern. Alles ist hier handmade. Auch die Label der Verpackungen hat eine befreundete Künstlerin für die beiden designt.
Eine Leidenschaft für Kaffee entwickelte Marco schon früh in seiner Heimat Mexiko. Parallel zum Restaurantbetrieb hat er auch dort schon eine eigene Kaffeemarke entwickelt und hatte schnell einen guten Ruf für die besondere Qualität. Wenn er von dem Prozess des ‚Kaffee-Machens‘ erzählt, strahlen seine Augen und man spürt, dass es ihm eben nicht egal ist, wo die Bohnen herkommen, die er röstet und verarbeitet. Speciality Coffee Association (SCA) ist ein weltweiter Verbund. Wer Teil dieses Verbundes ist, setzt sich für mehr ein als nur für guten Kaffee. Taza Azul wird von SCA bewertet Es geht um Nachhaltigkeit, um den ökologischen Fußabdruck und um Gerechtigkeit. Nicht selten liest man in der Presse von der Ausbeute großer Ketten an Bauern und Landwirten. Das Geschäft mit billigem Kaffee boomt seit Jahren. Das hier schon die Bohnen häufig schlechte Qualität haben, schimmeln, von Pilzen befallen sind oder falsch verarbeitet wurden, interessiert nach ordentlich dunkler Röstung den Laien nur noch wenig. Dass der Kaffee bitter schmeckt oder sauer oder einem auf den Magen schlägt, das merkt man allerdings auch, ohne Ahnung von der Produktion zu haben. Wenn Marco die ungerösteten Bohnen auf dem Tisch verteilt und ausführlich erklärt, welche Quote an Fehlern gute Bohnen höchstens haben dürfen, dann sieht man den Unterschied auf den ersten Blick. Sein Sohn Emiliano studiert nebenher Nachhaltige Betriebswirtschaftslehre. Ein wichtiges Zukunftsthema. Riesige Plantagen und Monokulturen sind nicht nachhaltig bewirtschaftet und stellen ein großes Problem für unser Ökosystem dar. Polykulturen hingegen, die möglichst natürlich bewirtschaftet werden, ermöglichen auch bestmöglich gesunde und fertile Pflanzen. Dass die Kaffeebohnen in Kirschen stecken, die einzeln gepickt werden, weiß sicherlich nicht jeder. Man muss auch nicht im Detail verstehen, wie Kaffee geerntet und hergestellt wird, um zu begreifen, dass es gerecht ist, den Kaffeebauern den Preis zu bezahlen, den sie benötigen, um nachhaltig wirtschaften und sich weiter entwickeln zu können. Das ist eines der wichtigen Anliegen der Association. Jeder soll von dem Verbund profitieren und ‚gerecht‘ ist hier mehr als nur ein hübsches Label. Diesen Anspruch an sich und seine Umgebung hat Marco mit nach Bad Honnef gebracht. Bei jedem Stadtfest ist Taza Azul vertreten, auch wenn sie nicht immer einen monetären Gewinn erwirtschaften. Sie möchten einen Beitrag zur Gemeinschaft in unserer Stadt leisten.
Im Ladenlokal steht auch die Röstmaschine, die mit einer besonders schonenden Trommel-Röstung für jeden Röstgang 14 Minuten braucht. Herkömmliche Industrie-Röstung benötigt lediglich 2 Minuten. Hierbei wird häufig die Bohne außen verbrannt und bleibt innen sauer. Röstet man sie schonend und lange, so geht die schädliche Säure raus, die durchaus auch bei vielen für Magenprobleme sorgt. Das kann bei gut gerösteten und qualitativ hochwertigen Bohnen nicht passieren. Das Rösten allerdings auch nach so vielen Jahren Berufserfahrung und einer professionellen Ausbildung als Coffeologe eine Wissenschaft für sich bleibt, dass bestätigt Marco noch einmal. „Bei dem Kaffee, den wir hier gerade trinken, habe ich auch einen Fehler gefunden. Das werde ich beim nächsten Mal anders machen.“ Jeden Montag wird bei Taza Azul frisch geröstet. Die Bohnen werden regelmäßig in Antwerpen am Hafen abgeholt. Inzwischen abgepackt in 67 Kilo Säcke, die dann im Laden und im Lager gestapelt werden. Kaffeesäcke, wie man sie von alten Fotos noch kennt. Auch hier zieren einige das Ladenlokal und tragen zur unverwechselbaren Atmosphäre bei.
Vor etwas mehr als zwei Jahren hat Taza Azul in Bad Honnef eröffnet, unter erschwerten Bedingungen der Pandemie hat sich der Laden dennoch schnell als Geheimtipp herumgesprochen. Wer noch kein Weihnachtsgeschenk hat, der sollte einmal vorbei schauen bei Marco und Emiliano Guerra. Es gibt sogar eine Weihnachtskiste mit vier kleinen Paketen der beliebtesten Sorten. Ein Besuch in dieser wunderbaren Welt eines mit Leidenschaft betriebenen Handwerks lohnt ebenso, wie ein Smalltalk mit den sympathischen Inhabern.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Bad Honnefer Zeitung (BHZ)