Rhein-Sieg-Kreis | Große Unruhe bei den vor Ort Betroffenen haben Absichten des Landschaftsverband Rheinland (LVR) ausgelöst, die Finanzierung der Inklusion behinderter Kinder in allgemeinen und integrativen Kindertagesstätten grundlegend zu ändern. Daher hat die SPD-Kreistagsfraktion alle integrativen Kitas und deren Träger zu einer Dialogveranstaltung mit dem Vorsitzenden des LVR-Jugendhilfeausschuss Dr. Jürgen Rolle ins Kreishaus eingeladen.
An die Einhundert Teilnehmer und eine hitzige Diskussion gaben dem Initiator, dem SPD-Landtagsabgeordneten Achim Tüttenberg, recht:
„Die integrativen Kindertagesstätten sehen ihre wertvolle Arbeit belastet und gefährdet, ihre Bedenken abgewiegelt und ihre Sorgen ignoriert. Deshalb wollen wir dieses Thema in die Öffentlichkeit bringen und ihre Anliegen unterstützen.“
Tüttenberg und SPD-Fraktionschef Dietmar Tendler begrüßen den Teil des LVR-Konzepts, wonach die Krankenkassen an den Kosten der therapeutischen Arbeit in den Kitas zu beteiligen sind. Auch sei es richtig, die Inklusion behinderter Kinder in allen Kitas finanziell stärker zu fördern. „Allerdings wehren wir uns dagegen, die hervorragende Inklusionsarbeit gerade der integrativen Kindertagesstätten durch das LVR-Konzept jetzt auszuhebeln.“
Erzieherinnen und Therapeuten äußerten bei der Veranstaltung ihren Unmut über die wegfallende Planungssicherheit aufgrund der noch völlig unklaren Finanzierung durch die Krankenkassen. Einige Träger haben ihren festangestellten Therapeuten bereits vorsorglich kündigen müssen, um möglicherweise einem finanziellen Desaster zu entgehen. Eine Fülle von Beispielen aus der Praxis wurde als Beleg dafür angelegt, warum das LVR-Konzept Schaden verursacht. Während es bisher eine stabile Finanzierung der Therapeuten gab, sind die Einrichtungen nunmehr auf das Ausstellen von Rezepten für die verschiedenen Therapien angewiesen. Nicht alle Kinderärzte stellten allerdings solche Rezepte aus, teilweise mit der Begründung bereits ausgeschöpfter Budgets.
Ein weiterer heftiger Kritikpunkt war, dass künftig externe Therapeuten in den Kindertagesstätten zur Therapie erscheinen, während bis jetzt festangestellte Therapeuten die behinderten wie die gesunden Kinder und deren Alltagsverhalten kennen. Während Jürgen Rolle als LVR-Vertreter die Pflicht der Krankenkasse zur Finanzierung einforderte, beklagten die Träger der Einrichtung eine massive Zunahme an Bürokratie durch das Abrechnen mit einer Vielzahl von Krankenkassen, für diese Verwaltungsarbeit gäbe es gar kein Personal. Rolles Begründung für das neue Konzept, durch die vermehrte Unterbringung behinderter Kinder in normalen Kindergärten gäbe es in Zukunft für die integrativen Kindergärten gar nicht mehr genug behinderte Kinder, wurde gleich von einer ganzen Reihe von Einrichtungen allen möglichen Städten und Gemeinden als völlig falsch zurückgewiesen. SPD-Fraktionschef Dietmar Tendler: „Nach dieser Veranstaltung halte ich das LVR-Konzept für völlig unausgegoren und so nicht umsetzbar. Wenn der LVR die hervorragende Inklusionsarbeit der integrativen Kindertagesstätten strukturell entfernen will, werden wir dem energisch widersprechen.“
Achim Tüttenberg will versuchen, die nach Rücksprache mit den Betroffenen noch einmal gebündelten Kritikpunkte auf LVR-Ebene in der dort eingerichteten Monitoring-Gruppe zu thematisieren. „Ich bin zuversichtlich, dass sich hier etwas bewegen wird. Parallel dazu wird es Initiativen in Zusammenarbeit mit den örtlichen Jugendämtern geben.“
Dietmar Tendler kündigte an, dass die Kreistagsfraktion am Thema bleiben und in absehbarer Zeit eine weitere Veranstaltungen organisieren wird, um die Entwicklungen im Auge zu behalten und die Erfahrungen der Therapeuten und der Kindergärten in einen Evaluierungsprozess weiterzutragen.
(Personen auf dem beigefügten Foto: Dietmar Tendler, Achim Tüttenberg, Prof. Dr. Jürgen Rolle, Gerda Recki)