Bad Honnef – Rechte Strömungen und Parteien versuchen zunehmend feministische Anliegen und Themen für ihre Zwecke zu vereinnahmen, um damit diskriminierende Ideologien zu verbreiten. Um dieser bedenklichen Entwicklung wirksam begegnen zu können, haben die Frauenzentren Troisdorf und Bad Honnef ihr neues Leitbild veröffentlicht.
Beide Frauenzentren verstehen sich als feministische, parteipolitisch und konfessionell unabhängige Anlaufstellen für Frauen und Mädchen im Rhein-Sieg-Kreis: „Mit unserem Beratungs- und Schulungs-/Präventionsangebot treten wir ein für eine Gesellschaft, in der sich Frauen und Mädchen gleichberechtigt, frei von Gewalt und geschlechtsspezifischen Rollenvorstellungen entfalten können. Als Frauenzentren gestalten wir außerdem ein flexibles Kurs- und Gruppenprogramm und verstehen uns als aktiver Treffpunkt für Frauen und Mädchen.“
„Unser Feminismus ist antirassistisch“
Die Mitarbeiterinnen wollen nun mit der Verschriftlichung und der unverhandelbaren Ausarbeitung ihres Leitbilds eine deutliche Abgrenzung zur Vereinnahmung ihrer Kernthemen durch rechte Ideologien setzen und die Handlungssicherheit für ihre Arbeit erweitern: „Wenn zum Beispiel mit der (vermeintlichen) Sicherheit von Mädchen und Frauen Wahlkampf gemacht wird, um rassistische und ausländerfeindliche Narrative zu platzieren, distanzieren wir uns klar. Häusliche und sexualisierte Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, das unabhängig von Nationalität diskutiert werden muss. Ein Großteil der Täter ist deutsch. Abschiebungen schützen keine einzige Frau“, so Anouk Sterr vom Bad Honnefer Frauenzentrum.
„Wir vertreten einen intersektionalen Feminismus.“ Was bedeutet das eigentlich?
Der intersektionale Feminismus beschreibt die gleichzeitige Mehrfachdiskriminierung marginalisierter Personen und Gruppen hinsichtlich sozialer Kategorien wie Geschlecht, Hautfarbe bzw. Ethnizität, Alter, Klasse und Behinderung. Eine lesbische Frau kann durch eine zugleich bestehende Behinderung zusätzliche Diskriminierung erfahren, die eine spezifische Form annimmt. Auch Fluchterfahrungen und/oder Armut können Ausgrenzungseffekte weiter verstärken.
Der Begriff „Intersektionaler Feminismus“ geht auf die US-amerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw zurück. Sie kritisierte in den 1980er Jahren die feministische Bewegung als weiß dominiert, ohne die Bedürfnisse Schwarzer Frauen in den Blick zu nehmen: „Wir neigen dazu, über Ungleichheit aufgrund von Rassifizierung zu sprechen, als sei die Ungleichheit getrennt aufgrund von Geschlecht, Gesellschaftsschicht, Sexualität oder Einwanderungsgeschichte. Was dabei fehlt ist das Verständnis, dass manche Menschen all diesen Ungleichheiten ausgesetzt sind.“ Lang bevor Crenshaw den Begriff prägte, ist Intersektionalität bereits ein aktivistischer Ansatz Schwarzer Feminist*innen in den USA gewesen, um ihre eigene Lebensrealität zu beschreiben.
Die Frauenzentren möchten besonders spezifische Formen der Diskriminierung in ihrer Arbeit berücksichtigen, um Frauen und Mädchen in ihrer Selbstbestimmung bestmöglich zu stärken. „Sexualisierte und häusliche Gewalt sehen wir nicht als individuelles Problem, sondern sie sind Produkt und Ausdruck struktureller Gewalt.“, so Katharina Diatara vom Frauenzentrum Bad Honnef. „Beispielsweise Frauen mit Fluchtgeschichte begegnen oftmals vielschichtigen Hürden in unserer Gesellschaft, wenn sie häusliche Gewalt erleben – von aufenthaltsrechtlichen Herausforderungen und Sprachbarrieren im Hilfesystem bis hin zu direkten rassistischen Zuschreibungen und Stereotypen. Dies zeigt, wie dringend notwendig es ist, Mehrfachbenachteiligung in unserer Arbeit anzuerkennen und mitzudenken. Und uns aktiv gegen Rassismus auszusprechen, immer wieder.“
Gerade auch im Hinblick auf unterschiedliche Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierungen möchten die Mitarbeiterinnen ihre Sprache (macht-)sensibel gestalten und sich mit allen Betroffenen patriarchaler Gewalt solidarisieren.
Weitere Informationen:
https://www.frauenzentrum-badhonnef.de
https://www.frauenzentrum-troisdorf.de
Veranstaltungshinweis:
8. März, 11.00 – 15.00 Uhr, Rathaus Bad Honnef
Antifeminismus begegnen – Demokratie stärken!
Ein Thementag in Kooperation mit dem Frauenforum Bad Honnef
„Gegenwärtig kann ein Erstarken antifeministischer Positionen beobachtet werden. Um diese erkennen und ihnen wirksam begegnen zu können, lädt das Frauenforum Bad Honnef zu einem Workshop zum Thema Antifeminismus ein. Wir beschäftigen uns mit Antifeminismus sowohl als Gegenbewegung als auch eigenständige Ideologie und das anhand der Fragen: Welche antifeministischen Ideologiefragmente und Strategien können mir begegnen? Woran erkenne ich diese? Und wie können wir gemeinsam mit diesen umgehen?
Im Workshop sind Sie dazu eingeladen, sich zu informieren, auszutauschen und zu diskutieren. Dazu werden ein Input und verschiedene interaktive Methoden angeboten.“
Dozentin: Johanna Gesthuysen, freiberufliche historisch-politische Bildnerin; Veranstalterin: VHS Siebengebirge in Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Bad Honnef und dem Frauenforum Bad Honnef. Die Veranstaltung ist gebührenfrei.
Eine Anmeldung ist erforderlich per E-Mail an: kontakt@vhs-siebengebirge.de