Bad Honnef – Erneut geht der BUND rechtlich gegen die Kreisverwaltung Siegburg vor und erstattete Anzeige wegen der Zerstörung eines gesetzlich geschützten Siefens und Quellbiotops im FFH-Gebiet Siebengebirge. Im Zuge der Kahlschläge der Fichte wurden nach Aussage des BUND die unteren Quellfluren des Biotops BT-5309-0081-8 (nördostlich des ehemaligen Jagdhauses im Schmelztal, d.Red.) mit extrem seltenen Moosen zerstört und die Standorte durch Freistellung, mechanische Beeinträchtigung und Überschüttung mit Reisig und Stammholz vernichtet worden sein. Betroffen seien beispielsweise das Glänzende Hookermoos und das Haarkelchmoos, die jetzt im Siebengebirge ausgestorben seien, sowie die Torfmoose Sphagnum fallax und Sphagnum palustre.
Drei Wissenschaftler*innen der Universität Koblenz-Landau (Prof. Dr. Eberhard Fischer, Dr. Dorothee Killmann und Burkhard Leh) haben in einer Expertise vom 3.9.2020 auf den Verlust des Biotops hingewiesen, dessen Moosbestand seit mehr als 25 Jahren wissenschaftlich bekannt ist (Expertise liegt „Honnef heute“ vor). Sie stellen den erfolgten Kahlschlag der Borkenkäferfichten und den Einsatz von schwerem Forstgerät wie Harvestern grundsätzlich in Frage. Wenigstens seien aber naturschutzfachlich besonders wertvolle Flächen beim Einschlag auszunehmen.
Im laufenden Rechtsstreit mit dem BUND um die Zulässigkeit des großflächigen Fichtenkahlschlags im FFH-Gebiet Siebengebirge hatte die Kreisverwaltung Siegburg vor Gericht dargelegt, eine Beeinträchtigung des Schutzgebietes sei ausgeschlossen und der Einschlag selbst diene dem Naturschutz des Gebietes. BUND-Sprecher Achim Baumgartner: „Nun wird diese von Anfang an naturschutzfachlich zweifelhafte Darstellung mehr und mehr von der Realität überholt.“
Nach Auffassung des BUND sei auch juristisch der Einschlag nicht (mehr) durch den Beschluss des OVG Münster vom 19.12.2019 legitimiert. Baumgartner: „Denn die Annahme im Beschluss, dass nämlich durch den Einschlag der Borkenkäferbestand noch zu lenken sei, trägt nach einem weiteren Trockenjahr 2020 nicht mehr und die im Rechtsstreit zugesagten Mindestabstände zu Laubwaldbeständen werden vor Ort nicht ausreichend eingehalten. Im konkreten Fall am Siefen wurde eine aufwachsende Buchenverjüngung sogar freigestellt und damit zusätzlich dem Hitze- und Trockenstress ausgesetzt.“ Außerdem stehe dem Beschluss des OVG Münster inzwischen ein widersprechender Beschluss des OVG Bautzen vom 9.6.2020 gegenüber, dass in einem ähnlichen Fall eine FFH-Prüfpflicht für forstliche Aktivitäten als EU-rechtlich erforderlich erkannt habe.
„Es ist notwendig, den Einschlag – mit Ausnahme der Verkehrssicherung entlang der Wege – umgehend zu stoppen und zunächst inne zu halten. Es bedarf einer naturschutzfachlichen Ausrichtung der forstwirtschaftlichen Arbeiten, damit das Schutzgebiet nicht noch größeren Schaden erleidet. Die Zerstörung von gesetzlich geschützten, sogar in Karten erfassten Biotopen jedenfalls ist auch der Forstwirtschaft eindeutig verboten“, so Achim Baumgartner.