Bad Honnef – Viele Innenstädte sind entwicklungsbedürftig, jahrelang haben Verwaltungen, Unternehmen und Immobilienbesitzer den Zeitgeist verschlafen. Die Quittung wurde serviert: deprimierender Leerstand in vielen Kommunen. Auch in Bad Honnef.
Überstand die Geschäftswelt im Zentrum der Badestadt noch relativ glimpflich die Kanalbauarbeiten, steht ihr nun eine weitere heftige Bewährungsprobe bevor, die auch eine Lösung des Problems Leerstand nicht gerade begünstigt. Denn noch in diesem Jahr soll die Passage zwischen Saynscher Hof und Fußgängerzone gebaut werden. Das bedeutet viel Baustellenverkehr, Hindernisse, Dreck. Nicht wenige Unternehmen befürchten enorme Umsatzeinbußen. Dennoch sehen Stadt und auch Unternehmer durch den Zuwachs an Einwohnern und Ladenflächen mehr Chancen als Risiken.
Mittlerweile haben bei diesem Projekt die Eigentumsverhältnisse gewechselt. Die Domus Wohnen XVII GmbH & Co. KG hat an assella/SOIF Consulting verkauft. Der Familienbetrieb will mit Bedacht inhaltlich gestalten und vor allem weiteren Geschäftsleerstand verhindern. Mehr als zwei gewerbliche Vermietungen sieht Chef Alfred Schölzel dort nicht. – Die Miete bzw. die Investition bleiben hochpreisig.
Die Stadt sieht in der Baumaßnahme Möglichkeiten, der Innenstadt zu großer Kraft zu verhelfen. Hinzu käme auch ja auch noch die Einrichtung eines Supermarktes in der jetzigen Post. Und auch die Bebauung des Parkplatzes an der Kirchstraße stehe weiterhin auf der Agenda, teilte heute Bürgermeister Otto Neuhoff mit.
Der hatte sich in den letzten Monaten mit Centrum e.V.-Chef Fabian Neumann und dem Vorsitzenden der Eigentümervertretung „Lebendige Stadtmitte e.V., Konrad Weber, zusammengesetzt und über mögliche Unternehmungen zur Entwicklung der Bad Honnefer Innenstadt gesprochen. Heute stellten die drei Gremienvertreter die Ergebnisse vor. Sie wurden zusammengefasst in einer Zukunftsvereinbarung, die im Rathaus unterschrieben wurde.
„Die zeitnah anstehenden, städtebaulichen Veränderungen nehmen die Parteien zum Anlass, um sich auf gemeinschaftliche Ziele für eine zukunftssichere und attraktive Innenstadt mit hoher Wohn- und Lebensqualität, hochwertigem Einzelhandel, guter Nahversorgung, vielfältiger Gastronomie und kulturellen Angeboten für alle Generationen zu verständigen und weiterzuentwickeln“, heißt es in der Präambel. Die mögliche Zusammenarbeit soll sich unter anderem auf Themen wie „bessere Frequentierung der Innenstadt durch Stärkung der Nahversorgung und Ansiedlung attraktiver Dienstleistungen und eines attraktiven Einzelhandels“, „Stärkung der Marken“ und „einheitliches Stadt- und Standortmarketing“ oder auch „Maßnahmen, um drohendem oder bereits eingetretenem Leerstand von Ladenlokalen entgegenzuwirken …“ erstrecken.
In der Folge spielt auch bessere Öffentlichkeitsarbeit eine Rolle, die Vereinbarung, dass der Centrum e.V. bei großen Festen den oberen Teil der Bahnhofstraße bis zur Mülheimer Straße nutzen kann, eine bessere Vernetzung im Bereich Tourismus, die Entlastung der Parksituation durch zwei Quartiersgaragen, die Errichtung eines Parkleitsystems und eine Teilerstattung bei Parkgebühren ab einem bestimmten Einkaufswert.
Wenig überraschend, dass die Stadt den stationären Handel weiterhin durch die ursprüngliche Onlineplattform Kiezkaufhaus, die jetzt rhein-kaufhaus.de heißt, fördern will. Die Plattform trage maßgeblich zur Zukunftsfähigkeit des Einzelhandels in der Bad Honnefer Innenstadt bei, heißt es in der Vereinbarung.
Seit der Umbenennung und der Kooperation mit dem Einzelhandelsverband Bonn Rhein-Sieg Euskirchen e.V. im Sommer zählt die Plattform gerade einmal sieben Neuzugänge aus dem Einzelhandelsverband. Auf die Anfrage von „Honnef heute“, mit welchem Erfolg diese Unternehmen die Plattform bisher genutzt haben, hat der Einzelhandelsverband mitgeteilt, den Beteiligten sei klar, dass es sich bei der Plattform um ein länger angelegtes Projekt handele. In gleicher Weise sei auch die Digitalisierung des stationären Einzelhandels ein länger angelegter Veränderungsprozess. Zahlen zu Umsatz etc. liegen nicht vor.
Weiterhin informiert die Zukunftsvereinbarung unter anderem über Bannerwerbung und über die Absicht, weitere Absprachen über Mietbedingungen der Eigentümer, den Umgang mit Leerstand und Prozessabläufen bei Events „im Geist der formulierten Vereinbarung“ zu treffen. Die Vereinbarung ist zunächst bis 2024 gültig.
Otto Neuhoff wies während der Vorstellung der Vereinbarung noch einmal auf deren Sinnhaftigkeit hin. Bad Honnef sei für Einzelhandelsunternehmen ein attraktiver Standort, der gemanagt werden müsse. Die vorhandene Situation sei durch Pandemie, Energiekostenexplosion, Wandel zum Onlineshopping und den Märkten auf den grünen Wiesen besonders für die Innenstadtgeschäfte sehr schwierig. Man könne ihr nur erfolgreich begegnen, wenn alle Beteiligten an einem Strang zögen. Er wies besonders auf die Schwierigkeiten mit den Immobilien- und Grundstücksbesitzern hin. Teilweise hätten die auf Anfragen gar nicht oder erst sehr spät geantwort.
Centrum-Vorsitzender Fabian Neumann ist der Überzeugung, wenn die Innenstädte die entsprechenden Angebote vorhielten, kämen die Leute auch. Die Welt des Shoppens sei nicht nur der Onlinehandel. Neumann wünscht sich mehr Nachhaltigkeit, mehr Qualität, weniger Massenkonsum.
Konrad Weber sieht die zentrale Botschaft der Kooperation darin, besseren Auges vorausschauen und den Einzelhandel und die Immobilienbesitzer zusammenführen zu können.
Die Zukunftsvereinbarung gilt zunächst bis 2024.