Helm auf und rein in den Sch … – Mutige Taucher reinigen den Faulturm der Kläranlage

Bad Honnef | Vor etwa einem halben Jahr retteten keine 50 Meter vom Klärwerk entfernt Mitglieder des Angelsportvereins die Karpfen aus den Seen vor dem Erstickungstod. In dieser Woche ist das Klärwerk selbst Schauplatz einer Großaktion: Seit 20 Jahren wird zurzeit der Faulturm der Kläranlage gereinigt.

Das ist spektakulär – nicht nur wegen des stolzen Preises von 80.000 EUR. Denn Taucher einer Spezialfirma übernehmen den Job. Dabei versinken sie buchstäblich in Bad Honnefer Mist und sehen ihn dabei noch nicht einmal. Dipl.-Ing. (FH) Guido Jüssen vom Abwasserwerk: “ Nach dem Abtauchen in die ‚Schlammfluten‘ sind die Taucher lediglich auf ihren Tastsinn angewiesen, da die Sichtweite gleich Null ist!“

Bei „wohligen“ 35 bis 37 Grad entfernen sie mit einem Unterwassersauger die Ablagerungen, die sich in den Jahren angesammelt haben. „Dafür ist nicht nur nur eine perfekte Tauchausrüstung nötig, sondern auch viel Erfahrung und Mut“, so Jüssen.

Natürlich wurde die Spezialfirm nicht einfach auf gut Glück angefordert. Bereits vor einem Jahr ließ das Abwasserwerk eine Kontrolltauchung durchführen, mit dem Ergebnis: Eine umfassende Reinigung ist unerlässlich.

Zur notwendigen Räumung des Faulturmes boten sich laut Abwasserwerk zwei Lösungen an: Eine teure, wobei die Räumung des Faulturms nur bei völligem Betriebsstillstand möglich gewesen wäre. Außerdem hätte diese zeitintensiven Variante neben der Abfuhr des Räumgutes eine gleichzeitige Entwässerung und Abfuhr des Klärschlammes erforderlich gemacht – oder eben die Tauchvariante.

Übrigens: Die Kläranlage entsorgt nicht nur Mist, sondern spart auch Stromkosten. Durch die Verbrennung von Klärgas in einer Kraft-Wärme-Nutzungsanlage wird durch die Drehbewegungen einer Turbine jährlich ca. 290.000 kWh Strom erzeugt – 30 Prozent des Gesamtstromverbrauchs der Kläranlage.

Infos zur Kläranlage Bad Honnef-Tallage:

Die im Jahre 1981 errichtete und auf 27.000 Einwohnerwerte ausgebaute Kläranlage Bad Honnef-Tallage ist heute mit rd. 22.000 Einwohnerwerten (= natürliche Einwohner zzgl. Gewerbeanteile) ausgelastet. Jährlich werden ungefähr 1.8 Mio. m³ Abwasser (Schmutzwasser u. Niederschlagswasser) aus dem Bad Honnefer Stadtgebiet mechanisch und biologisch behandelt, wobei circa 2000 t ausgefaulter, entwässerter Klärschlamm anfallen.

Der anfallende Klärschlamm der städtischen Zentralkläranlagen wird zu 100 % in der Landwirtschaft verwertet. Dies ist nicht nur ein kostengünstiger und besonders ökologischer Weg der Klärschlammverwertung, sondern somit wird maßgeblich zur Ressourcenschonung beigetragen. Ein großer Teil der zum Pflanzenwachstum erforderlichen Düngestoffe wie Stickstoff und Phosphat werden auf diese Weise hergestellt und muss nicht von den Landwirten durch den Einsatz von Kunstdüngern zugegeben werden.

Mitte der 1990iger Jahre wurde der über 50 Jahre alte Faulturm der Kläranlage Bad Honnef-Tallage im Rahmen einer Revision letztmalig geleert und gereinigt. Seitdem kommt der Faulturm seiner Bestimmung, sprich der Ausfaulung des Klärschlammes bei einer Aufenthaltszeit von 25 Tagen bei ca. 35 °C nach. Spezielle Mikroorganismen erzeugen unter Verwertung der im Klärschlamm enthaltenen festen und gelösten Nährstoffe jährlich rd. 230.000 m³ Klärgas.

Seit rund 5 Jahren wird das anfallende Klärgas in einer Kraft-Wärme-Nutzungsanlage eingesetzt. Das anfallende Gas wird in einer sogenannten Mikroturbine verbrannt, welche im Grunde wie eine Flugzeugturbine arbeitet. Die Kraft der Drehbewegung wird in einem mit der Turbine verblockten Generator in Strom gewandelt. Dabei werden jährlich rund 290.000 kWh Strom und ungefähr die doppelte Menge Wärme erzeugt. Durch die Nutzung des selbst produzierten Stromes können ca. 30 % des Gesamtstromverbrauches der Kläranlage abgedeckt werden und somit jährlich über 50.000 € Stromkosten eingespart werden. Die selbst erzeugte Wärme wird neben deren Nutzung im Faulprozess ebenfalls zur Beheizung aller Betriebsräume der Kläranlage eingesetzt.

Fotos: Stadt Bad Honnef

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