Bad Honnef-Rhöndorf – Wenn in Rhöndorf etwas geschaffen wird, dann hat es in der Regel Hand und Fuß. Das zeigt sich besonders im historischen Ortskern des Stadtteils von Bad Honnef.
Eine der besonderen Anlagen ist der Waldfriedhof, der nicht nur als Ruhestätte zahlreicher Prominenter bekannt ist, sondern auch als bedeutendes Gartendenkmal gilt. Hier fanden Persönlichkeiten wie der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer, der Journalist Peter Scholl-Latour, der Künstler Ernst-Günther Hansing und der Erfinder der Penatencreme, Max Riese, ihre letzte Ruhe. Viele Einheimische und Besucher aus anderen Regionen schätzen den Friedhof als Ort der Besinnung und bewundern seine besondere Landschaftsarchitektur.

Doch zuletzt geriet der Friedhof in die Schlagzeilen: Die Stadt Bad Honnef plante den (Teil-)Abriss der Kapelle aus dem Jahr 1968, da über Jahre hinweg eine notwendige Instandhaltung ausgeblieben war. Doch gegen dieses Vorhaben regte sich Widerstand. Der Bürger- und Ortsverein Rhöndorf kämpfte für den Erhalt des Gebäudes und argumentierte, dass die Kapelle nicht nur einen architektonischen Wert habe, sondern auch ein wichtiger Ort des Gedenkens und Trostes sei.
Ein besonderer Vorfall sorgt nun für Empörung: Bei Sanierungsmaßnahmen wurden wertvolle Designerstühle ohne erkennbares Bewusstsein für ihren kulturellen und finanziellen Wert entsorgt. Der Rhöndorfer Künstler, Unternehmer und Architekturstudent Tizian Rein, der 2022 eine wissenschaftliche Arbeit zum Waldfriedhof verfasst hatte, machte die Entdeckung bei einem seiner letzten Besuche.
Er traute seinen Augen kaum, als er die Stühle in einem Container vorfand – zertreten und offensichtlich zur Entsorgung freigegeben. Dabei handelte es sich um das Modell „Santo“ des renommierten Schweizer Designers Edlef Bandixen aus dem Jahr 1966. Bandixen prägte über Jahrzehnte die Stuhlfabrik Dietiker und schrieb mit seinem Modell 2100 aus dem Jahr 1963 Designgeschichte.

In der Kapelle standen einst 42 dieser Stühle, von denen jeder heute auf einen Schätzwert von rund 500 Euro taxiert wird. Sind alle Stühle tatsächlich zerstört worden, bedeutet das, dass insgesamt Kulturgüter im Wert von etwa 21.000 Euro vernichtet wurden. Sicher ist: In der Kapelle steht kein Stuhl mehr neben dem anderen. Die Stadt Bad Honnef hat sich bislang weder gegenüber dem Bürger- und Ortsverein Rhöndorf noch Honnef heute zu dem Vorfall geäußert.
Erst vor 10 Tagen hatte Tizian Rein die Räume der Kapelle gefegt und dabei alle Stühle einmal abgewischt, von Spinnweben gesäubert und ordentlich aufgestellt. „Ich habe mir schon vorgestellt, wie bald darauf wieder Menschen für eine Trauerfeier in Würde und beschützt in der Kapelle Platz nehmen werden“, sagt er.
Einige Stuhlteile konnte er aus dem Container retten, in der Hoffnung, so zumindest drei Exemplare restaurieren zu können. „Es ist ein kulturelles und finanzielles Desaster“, so Rein.
Von einem Desaster spricht auch der Vorstand des Bürger- und Ortsvereins Rhöndorf. Der 2. Vorsitzende, Thomas Heyer, ist fassungslos „über eine derartige Unachtsamkeit und Gedankenlosigkeit. Wir können uns nicht vorstellen, dass es zu diesem Vandalismus einen Auftrag gegeben hat.“
Der Vorfall wirft Fragen zum Umgang der Stadt mit denkmalgeschützten Orten und deren Ausstattung auf. Warum wurden die wertvollen und laut Rein intakten Stühle nicht identifiziert und erhalten? Gab es eine bewusste Entscheidung zur Entsorgung oder handelte es sich um Unwissenheit?
Klar scheint: Die leichtfertige Entsorgung historisch wertvoller Objekte dürfte den Verantwortlichen noch einige kritische Fragen einbringen.