Bad Honnef – Das Urgestein im Rhöndorfer Basketball hängt das Taktikbrett zumindest im Damen-Vereinsbasketball zum Ende der Saison an den Nagel. Damit macht er Platz für seine Nachfolgerin Nicola Happel, die als Cheftrainerin der 1. Damen übernehmen soll.
Niemals geht man so ganz, das wird auch für Martin Otto gelten. Denn er wird dem Verein zumindest als Co-Trainer in der u18-Bundesliga WNBL erhalten bleiben. „Eigentlich habe ich gedacht, dass ich mal im Reitsport lande“, scherzte Otto mit seinem markant breiten Lächeln im Gesicht, als er einen Rückblick über seine lange Laufbahn wagte. Statt dem Reitsport folgte er seiner DNA. Vater Werner war Lehrer an der Otto-Kühne-Schule in Bad Godesberg und leitete die Schulmannschaft, als Martin in der vierten Klasse war und zum ersten Mal am Training teilnahm. Mutter Silvia war die erste weibliche Schiedsrichtern in der Basketball-Bundesliga und jahrelang Managerin der Damen-Nationalmannschaft. Ein Leben im Sport dem roten Leder war vorbestimmt.
Als Spieler durchlief er zahlreiche Stationen, wurde 1976 als 13-Jähriger bereits Zweiter bei den deutschen Schulmeisterschaften in Berlin, die er später zahlreich als Trainer gewann. „Kleiner Martin ganz groß“, war die Überschrift damals, erinnert er sich. Mit 1,59 Meter Körpergröße führte er sein Team und wurde vom WBV gesichtet. Er spielte in westdeutschen Auswahlmannschaften und kratzte an der Juniorennationalmannschaft. Mit dem Godesberger TV feierte er die Meisterschaft in der Regionalliga, bevor daraus die Telekom Baskets Bonn wurden. Die prägendste Station seiner Spielerkarriere durchlebte er bei Galatasaray Köln in der 1. Basketball-Bundesliga. Sein Trainer war Anthony DiLeo, Co-Trainer war Michael Laufer, der heute Geschäftsführer vom Schloss Hagerhof ist.
Martin Otto war schon immer ein bisschen „basketballbekloppt“. Er war immer mit Achtsamkeit und einer sehr kontrollierten Art auf und neben dem Feld aktiv. Immer wissbegierig, immer zielstrebig, immer mit dem Vorhaben, das Beste aus seinen Mitspielern und Schützlingen heraus zu holen. Das war schon im Alter von 15 Jahren so, als er die Leitung der Mädchen-Schulmannschaft an der Godesberger Schule übernahm. Seine erste Trainerstation – als Coach seiner Schwester Susanne, die später selbst in der Bundesliga spielte. „Das war ausschlaggebend dafür, dass ich den Lehrerberuf gewählt habe und Trainer geworden bin“, erinnert sich der heute 57-Jährige.
Als Trainer war ihm immer wichtig, „den ganzen Haufen zusammen zu halten und sich um jede einzelne Spielerin zu kümmern.“ Dabei blieb er immer authentisch: „Nur wenn man mir glaubt, folgt man mir.“ Otto wechselte vom Herren- in den Damenbereich, als der Trainer seiner Tochter Maike damals nach Guatemala ging, später folgte Tochter Annika. Seit dem Gründungsjahr der WNBL, 2009, haben die Dragons Rhöndorf nie die Play-offs verpasst und erst in dieser Woche hat Martin Otto zum 13. Mal das Finale der deutschen Schulmeisterschaften „Jugend trainiert für Olympia“ mit einer Mannschaft des Schloss Hagerhof erreicht.
„Ich war immer ein Mann der freien Entscheidung“, sagt der Bio- und Sportlehrer über sich selbst. Deswegen zog es ihn nie in den Leistungssport, obwohl Angebote da waren. Statt Bundesliga-Coach bei Tatami Rhöndorf zu werden, entschied er sich für die Sicherheit und blieb Lehrer am Schloss Hagerhof. Vor allem für seine Familie, die immer dabei war. Seine Gattin Silke war sein Anker. Sie hielt ihn auf dem Boden, wenn sein Ehrgeiz Überhand nahm und sie war immer als empathischer Part Teil in seinem Betreuerstab dabei. Ob beim Fußgänger- oder beim Rollstuhlbasketball, wo er als Bundestrainer der Damen die paralympischen Spiele in Tokyo fest im Blick hat.
„Ich habe gemerkt, dass meine Energie auch endlich ist“, begründet Otto seine Entscheidung. Deswegen zieht er sich jetzt zurück, bleibt aber dem Rollstuhlbasketball und auch der Schule als Trainer erhalten. Sein Vater Werner, als sein Trainer und auch Vorbild eine der wichtigsten Personen im seinen Leben, weiß: „Martin zieht sich jetzt zurück, damit er der Schule das zurück geben kann, was sie ihm in den letzten Jahren großzügig ermöglicht hat. Für mich war er einer der besten Trainer, die man sich vorstellen kann. Nicht weil er mein Sohn ist, sondern weil er ein unglaubliches Gespür für das Spiel hat und pfiffig war, denn er konnte immer im richtigen Moment mit einem Wechsel oder eine Umstellung das Spiel in die richtige Richtung lenken.“
Einer seiner Schützlinge war Dragons-Geschäftsführer und Interimstrainer Yassin Idbihi, der sich zurück erinnert: „Die stärkste Qualität von Martin Otto besonders als Jugendtrainer war, dass er die Spielerinnen und Spieler gern hatte und dass seine Schützlinge gespürt haben, wie wichtig sie ihm sind. Dadurch haben wir auch immer eine gewisse Härte akzeptiert, da das Verhältnis zu ihm als Coach immer hervorragend war. Wir wären damals für ihn durch eine Wand gelaufen. Ich bin ihm zudem bis heute dankbar, dass er mich als 16-/17-Jähriger so unterstütz hat. Ich war damals aus Marokko nach Deutschland gekommen und hatte starkes Heimweh und hab mehrfach daran gedacht aufzugeben und zurückzugehen. Er hat mir aufgezeigt, dass ich meine harte Arbeit nicht einfach wegschmeißen sollte und war für mich da.“
Seine größten Erfolge als Trainer im Fußgängerbasketball waren der Gewinn des westdeutschen Basketball-Pokals mit den Damen des Godesberger TV 1987, der Gewinn der deutschen Meisterschaft in der A-Jugend mit den Dragons Rhöndorf in der Saison 2000/2001, die Damen-Regionalliga-Meisterschaft mit den Dragons Rhöndorf 2013/14 und der Gewinn der deutschen Schulmeisterschaften der Mädchen mit dem Schloss Hagerhof (2009, 2011, 2017, 2019), sowie der vierte Platz bei den Schul-Weltmeisterschaften in Zypern 2013.