Bad Honnef – Wer immer noch den Klimawandel und seine Folgen leugnet, dem dürfte wenig zu helfen sein. Bereits heute sind Städte laut dem Helmholtz-Zentrum Potsdam für ca. 80 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs und über 70 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Einen besonders hohen Anteil daran nehmen Gebäude einschließlich der damit verbundenen Nutzung sowie Transportsysteme ein.
Die für den Verkehr genutzte Bodenfläche wird ebenfalls immer größer. 1992 bedeckte sie bundesweit 16.441 Quadratkilometer (km²) oder 4,61 % der gesamten Bodenfläche Deutschlands. 2019 waren es 18.056 km² oder 5,05 %. Damit ist die Verkehrsfläche zwischen 1992 und 2019 um knapp 10 % gewachsen. 2001 wurden täglich 22 Hektar neu für Verkehrszwecke in Anspruch genommen, 2019 waren es ca. 2,5 Hektar pro Tag. Die Flächeninanspruchnahme für den Verkehr hat sich somit etwas verlangsamt.
Dennoch verursachte der Verkehr 2019 fast 43% der Emissionen von Stickstoffoxiden in die Luft. Hauptverursacher war der motorisierte Straßenverkehr. Besonders in Ballungsräumen ist die Luft zu stark mit Stickstoffdioxid belastet.
Ein wichtiger Baustein für den Klimaschutz sei daher ein Umdenken der Verkehrsplanung – die Verkehrswende, so Bad Honnefs Bürgermeister Otto Neuhoff im Vorfeld der Sitzung des Auschusses für Umwelt, Mobiltät, Klimaschutz und Wald, die heute Abend im Ratssaal stattfand. „Erfolgreich ist die Verkehrswende dann, wenn sie die Mobiltät in Balance mit dem Klima- und Umweltschutz neu entwickelt“, ist Neuhoff überzeugt. Dies bedeute zwingend eine Abkehr von der bisherigen autozentrierten Verkehrsplanung hin zu einer vielschichtigen, insbesondere auch bei Straßensanierungsmaßnahmen.
In der Zukunft soll ein systematisches Vorgehen dabei helfen, verbindliche verkehrsplanerische Ziele unter Klimagesichtspunkten umsetzen zu können. Die Überlegungen der Stadt beruhen dabei auf den Kernelementen „Vermeiden“, „Verlagern“ und „Verbessern“.
So soll zur Vermeidung von Umweltbelastung in Bad Honnef der Personen- und Tonnenkilometer eingeschränkt werden; durch Verlagerung der Auto-, LKW- und Flugnutzung auf ÖPNV, Zug, Fuß- und Radverkehr sollen mehr Verkehrsträger mit geringerer Energie pro Tonnen- und Personenkilometer genutzt werden und zur allgemeinen Verbesserung sollen die Ziele „Weniger Energie pro Tonnen-/Personenkilometer“ und „Weniger CO² pro Energieeinheit“ erreicht werden.
Damit es möglich wird, die jeweiligen Prozesse konstruktiv und verbindlich durchführen und abschließen zu können, werden Leitziele für die Straßenplanung entwickelt. Sie beinhalten beispielsweise die Bestimmung der Verkehrswege in Klassen wie Anliegerstraße, Hauptverkehrsstraße oder Mobiltätsknoten zum ÖPNV, dann werden Kriterien wie Aufenthaltsqualität, kurze Wege oder Verkehrsberuhigung benannt. Wichtig: Immer geht es um einen klima- und lebensfreundlichen Stadtraum und immer ist der Mensch die Bezugsgröße. – Ein „Prüfmodell Straßengestaltung“ hilft dann dabei, verbindlich festzulegen, was später wo und wie gebaut, gepinselt oder errichtet wird.
„Klimaprojekt“ Straßenbau „Rund um St. Josef“
Für Bürgermeister Otto Neuhoff und seine Verwaltung scheint die Zeit endgültig gekommen, um „mit Macht in die Verkehrswende“ einzusteigen. Keine Frage: Die Zeit wird knapp. Heute Abend stellte die Verwaltung den Mitgliedern des Auschusses den Tagesordnungspunkt „Geplanter Straßenausbau Rund um St. Josef“ vor.
Die Beschlussempfehlung ist abgestimmt auf ein vielversprechendes Projekt, das Honnef weiter nach vorne bringen kann. Es beinhaltet zahlreiche Gedanken, die genau den Klimaanforderungen entsprechen, denen sich Verwaltung und Politik aller deutscher, europäischer Kommunen in Zukunft nicht mehr verschließen können. Zur Erinnerung: Die Bundesregierung wird beim Klimaschutz nach dem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen das Klimaschutzgesetz zügig nachlegen. Bis über das Jahr 2030 hinaus sollen verbindliche Mengen zum Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgasemissionen für einzelne Bereiche wie die Industrie oder den Verkehr festgelegt werden, die dann Jahr für Jahr sinken. 2050 soll die Treibhausgasneutralität erreicht sein.
Worum geht es bei „Rund um St. Josef“?
Nicht um ein Radrennen. Obwohl das dafür nötige Sportgerät durchaus zur Mobiltätswende in Bad Honnef passt. „Durch den Abriss und den Neubau der Gesamtschule St. Josef konnten im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes zusätzlich öffentliche Verkehrsflächen an der Ecke Rommersdorfer Straße und Bismarckstraße festgesetzt werden. Dadurch ergeben sich zusätzliche Verkehrsflächen und die Möglichkeit einer ganzheitlichen Neugestaltung“, heißt es in der Verwaltungsvorlage. So sollen in den nächsten Jahren einige Straßen „Rund um St. Josef“ ausgebaut werden, unter anderem die gesamte Rommersdorfer Straße und die Bismarckstraße. Auch der Göttchesplatz steht auf der Liste. Hinzu kommt die Erneuerung der Kanalisation und (teilweise) der Versorgungsleitungen.
Im Zuge dieser Chancen beschäftigte sich ein externes Büro unter Berücksichtung der Leitziele und der zwingend notwendigen Verkehrswende mit Vorplanungen. Da gibt es spannende Ansätze, die besonders die Anlieger erfreuen dürften. So sollen beispielsweise die teilweise stark befahrenen Straßen eine Reduzierung des Individualverkehrs erfahren, eine Quartiersgarage die Parksituation entschärfen, Räume für den Aufenthalt und Grünflächen geschaffen werden, durch Reduzierung der Fahrtgeschwindigkeit das Veedel verkehrsberuhigt, die Schulwege sicherer werden …
Konkrete Vorstellungen
Die Verwaltungsvorlage bietet durchaus konkretere Vorstellungen. So sehen Planungseckpunkte den Fuß- und Radweg in der Rommersdorfer Straße als bevorrechtigt an und 20 Stundenkilometer als Richtgeschwindigkeit vor. Für mehr Sicherheit an der Bismarckstraße/Ecke Rommersdorfer Straße sollen ein platzartiger Ausbau und Schrittgeschwindigkeit sorgen, die Königin-Sophie-Straße soll eine sichere Fußgängerführung bekommen und in der Bismarckstraße sind Hol- und Bringszonen vorgesehen.
Wie bei jedem größeren Projekt gibt es Unklarheiten, Fragen, Vorschläge, Forderungen. Eine kam heute Abend von den Grünen. Es dürfe nicht wieder zu einer Verdrängung von Anliegerfahrzeugen wie beim Parkraumkonzept kommen und durch freie Parkflächen der Verkehr letztlich zunehmen. Der Bürgerblock denkt hingegen daran, dass es in dem Quartier heute schon großen Parkdruck gebe und bat zunächst um die Erstellung einer Parkraumbilanz. Die CDU wünscht eine Priorisierung der Ziele und die Auflistung möglicher Konflikte. Letztlich kam es zu einem einheitlichen Beschluss aller Fraktionen (!): Die Verwaltung kann weitere Vorplanungen zur Vorbereitung eines ersten Anliegerdialogs auf Basis der vorgestellten Eckpunkte vornehmen. Die Ergebnisse werden dann dem Ausschuss vorgestellt. Auf Antrag des Bürgerblocks wurde eine Protokollnotiz mitverabschiedet: Der Beschluss ist noch kein Beschluss für einen konkreten Ausbau.
Quartiersgarage auf dem Schulhof?
Ebenfalls wurde beschlossen, dass die Verwaltung „an geeigneter Stelle den Einsatz einer Quartiersgarage zur Entlastung des Parkdrucks in den Straßen Rund um St. Josef“ prüfen soll. Ein spontaner Vorschlag kam aus der Ausschussrunde: Der Schulhof an der ehemaligen Konrad-Adenauer-Schule würde sich dafür anbieten.
Darüber sollte der Ideengeber noch einmal gut nachdenken. Dort wird hoffentlich ein tolles Bürgerzentrum entstehen und der ehemalige Schulhof bietet wunderbar Platz für die verschiedensten Events. Gegenvorschlag: Auf dem Schulhof wird eine ständige Bühne für Musik, Theater, Tanz … installiert. Dazu werden Grünanlagen angelegt mit schönen Sitzgelegenheiten und Spielzonen.
Dann klappts nicht nur mit dem Klimaschutz, sondern auch mit der Kultur.