„Der Arzt und Kabarettist Dr. Eckart von Hirschhausen erzählt von einem Zoobesuch: „Dort sah ich einen Pinguin auf seinem Felsen stehen. Ich hatte Mitleid: „Musst du Smoking tragen? Wo ist eigentlich deine Taille? Und vor allem: Hat Gott bei dir die Knie vergessen?“
Mein Urteil stand fest: Fehlkonstruktion! Dann sah ich noch einmal durch eine Glasscheibe in das Schwimmbecken der Pinguine. Und da sprang ‚mein‘ Pinguin ins Wasser, schwamm dicht vor mein Gesicht. Wer je Pinguine unter Wasser gesehen hat, dem fällt nix mehr ein. Er war in seinem Element! Ein Pinguin ist zehnmal windschnittiger als ein Porsche, mit einem Liter Sprit käme der umgerechnet 2500 Kilometer weit! Sie sind hervorragende Schwimmer, Jäger, Wasser-Tänzer! Und ich dachte ‚Fehlkonstruktion‘! Diese Begegnung hat mich zwei Dinge gelehrt: Erstens: Wie schnell ich oft urteile, und wie ich damit komplett daneben liegen kann. Und zweitens: Wie wichtig das Umfeld ist, ob das, was man gut kann, überhaupt zum Tragen kommt.“
Liebe Schülerinnen und Schüler der Einschulung Sibi 2011 (Klasse 5) und alle später hinzugekommenen Wegbegleiter: Was Sie können, ist zum Tragen gekommen! Liebe Abiturientia 2019 – Herzliche Gratulation zur erworbenen Reife! Wir feiern heute Ihren Erfolg – an dem natürlich auch viele Sibianer und Ehrenamtler mitgewirkt haben; seien auch diese alle herzlich willkommen zur Verabschiedung der SIBIAbiturientia 2019!
„Eine gute Rede ist wie ein Bikini – knapp genug, um spannend zu sein, aber alle wesentlichen Stellen abdeckend.“ Liebe Abiturientia 2019, verehrte Gäste, kommen wir jetzt, im Sinne John F. Kennedys, zum Wesentlichen: ABIKINI. (Liebe Leute, musste das sein? ich habe bei dem Motto natürlich gegoogelt und bin jetzt gespannt, welche Werbung bald auf dem Bildschirm meines Dienstcomputer erscheint.) Also: Es gibt den Bikini in so vielen Varianten: Von „diamantenbesetzt (2,8 Mio €)“ bis „Let vegetarism grow on you“, Werbung einer Tierschutzorganisation, Bikini aus Salatblättern. Sie wollten damit wohl auf die Vielfalt an Persönlichkeiten in Ihrer Stufe hinweisen, die sich auch – aus Lehrersicht – aus vielen kleinen Gruppen zusammengesetzt hat. KNAPP, ABER PASST SCHON: „Mit 20 % Einsatz kann man 80 % Leistung erzielen“, behauptet einer von Ihnen. Zu Ihren Leistungen kommen wir später! Bleiben wir zunächst bei Ihrer Unterschiedlichkeit, dazu nochmals Dr. Eckarkt von Hirschhausen: „Wir haben alle unsere Stärken, haben unsere Schwächen. Viele strengen sich ewig an, Macken auszubügeln. Verbessert man seine Schwächen, wird man maximal mittelmäßig. Stärkt man seine Stärken, wird man einzigartig. Und wer nicht so ist wie die anderen sei getrost: Andere gibt es schon genug.
Menschen ändern sich nur selten komplett und grundsätzlich. Wenn du als Pinguin geboren wurdest, machen auch aus dir keine Giraffe. Also nicht lange hadern ! Bleib als Pinguin nicht in der Steppe. Mach kleine Schritte und finde dein Wasser. Und dann: Spring! Und schwimm! Und du wirst sehen, wie es ist, in deinem Element zu sein ! Waren Sie – am Sibi – in Ihrem Element ? Ja – im Hinblick auf Ihr Lebensgefühl ! 80 % von Ihnen bewerten rückblickend die Sibi-Atmosphäre mit sehr gut bis gut ! Manche stimmen gar wahre Lobeshymnen an: „Das Sibi ist nicht nur eine Schule, sondern ein Ort zum Spaß haben und wohlfühlen!“ „Die Schule war für mich mein zweites Zuhause !“ „…Und die Lehrer wie Eltern !“
Und dann noch Ihre Sympathie-Bekundungen in der Motto-Woche: Nicht nur Helden der Kindheit haben Sie dargestellt – sondern auch die des Lehrkörpers: Was habe ich mich bei meinen Doubeln gefreut über meinen prachtvoll geschwungenen Schnäuzer und mein volles Haar. Natürlich steht dann auch der Lehrberuf auf Platz 1 Ihrer Berufswahl. Und doch war es nicht für jeden das richtige Element: Ihr Wort: „Das Schulsystem war mir zu heftig! Respekt vor jedem, der da nicht im Krankenhaus oder in der Klapse landet.“
Konnten Sie sich am Sibi in verschiedenen Elementen ausprobieren ? Einige von Ihnen waren in Ihrem Element, wenn sie sich für ihre Mitschüler engagiert haben: Leitung eigener Projekte in unseren Projektwochen – SV – „Schüler helfen Schülern“ – Schulsanitätsdienst uvm. Ich erinnere mich auch an einen eher unkonventionellen Einsatz für andere: Bsp.: Sie haben bei der Notenbekanntgabe meine angebotenen Süßigkeiten vielfach verschmäht, bis ich jemanden auf die Möglichkeit hinwies, etwas ‚für auf den Weg‘ mitnehmen zu können, woraufhin dieser reichlich zugriff mit den Worten: „Mein Vater mag das !“ Das war mal was Neues !
Das führt mich wieder zum Bikini: Neu – aufregend – fortschrittlich. Das waren Mitte des letzten Jahrhunderts die Assoziationen zum Bikini-Atoll, dem Namenspaten Ihres Mottos – nach den 67 Atomwaffentests der Amerikaner und deren schrecklichen Folgen natürlich nicht mehr. Sie waren aufregend – fortschrittlich und mutig.
Einige Beispiele:
Das ‚Sibi denkt weiter‘: Vortragsabende zu China auf höchstem Niveau. Erfolgreiche Teilnahme an Wettbewerben: Bonner Mathematikturnier, Biber der Informatik, Schülerakademie für Mathematik und Informatik. Größter Teamerfolg wohl der Deutschlandsieg bei b@s: „grasswipe“ in gelungener Verbindung von Ökonomie und Ökologie. Viele waren auf der Bühne in Ihrem Element: Mit Erich Kästners „Verwandte sind auch Menschen“ gewann Ihr Literaturkurs alle Publikumsherzen und den Bonner Schultheaterpreis „Kobold“ als bester Festivalbeitrag 2018. „Szenen aus dem Rotstiftmilieu – Teil II“ Bildungssatire – selbst geschrieben – inszeniert – dreimal vor ausverkauftem Haus aufgeführt – und diese Woche sogar im Satire-Pallast ‚Pantheon‘ zu sehen, wieder im Rahmen des Bonner Schultheaterfestivals.
„Literatur und Kabarett haben mir unfassbar viel Spaß gemacht und mir als Person geholfen“, schreibt eine(r) von Ihnen. Das gilt auch für mich! Danke, dass ich mit Ihnen Bühne und Welt hinter den Kulissen teilen durfte. „Hinter den Kulissen spielt es sich immer fast noch interessanter ab als vor den Kulissen“, meint Schauspielerin Emmy Werner, Direktorin des Wiener Volkstheaters. Das kann ich bestätigen und mich für die für mich vielleicht eindrucksvollste Erfahrung von Gemeinschaft am Sibi bei Ihnen bedanken. Andere waren politisch, auf der Straße in die Zukunft- in ihrem Element: Fridays for Future. Wieder passt Ihr Abi-Motto: Für die Jugend der 60er Jahre war der Bikini das Zeichen für Emanzipation und Jugendrevolution.
Trotz allem – das Sibi hat Sie begrenzt. Ihre Worte: „Grenzerfahrungen in der Raucherecke!“ „Schade, dass wir nicht viel durften, aber sonst toll !“ Aber Begrenzung kann auch entlasten. Meine Frage: Was wird Ihnen besonders fehlen ? Ihr Platz 3: Die Routine und Alltagsstruktur, ‚man muss sich um nichts kümmern!“
Obwohl wir Ihnen doch Selbstbewusstsein geben konnten! Zitat: „Die Schule wird ohne mich sehr langweilig sein!“ Jetzt bestimmen Sie selbst Ihr Element, das Angebot ist riesig, die Welt steht zur freien Wahl – auch wenn das zunächst mal die Bad Honnef AG sein sollte.
Was haben Sie jetzt vor ? Vor allem Urlaub, Sonne, Strand-Exotik? Gerade das hat man in der Nachkriegszeit mit dem Bikini verbunden! Das steht aber nur auf Platz vier Ihrer Vorfreuden auf die Zeit nach dem Abitur. Mit weitem Abstand auf Platz 1: Die Freude darauf, das Leben selbst zu gestalten, im wahren Leben Verantwortung zu übernehmen, „mein persönliches Jahr in vollen Zügen zu genießen“. Ist das vielleicht der wahre Grund für Ihr Motto: „Knapp – aber passt schon ?“ G 8 mit anschließendem Persönlichkeitsjahr?
Die eine Hälfte von Ihnen hat schon eine Berufswahlentscheidung getroffen, von Musiktherapie bis Pathologie, an der Spitze Lehrer, Polizei, Arzt, Ingenieur, Informatiker, Jurist …. Die andere Hälfte hat noch kein klares Ziel – das war auch zu G9-Zeiten nicht anders – aber die meisten kennen schon die Richtung, in der ihr Element liegt. Beispiele: „Etwas – oder eher viel – zu verändern, vielleicht sogar die Welt.“ „Irgendwas in der Entwicklungshilfe vielleicht ?“ „Mein Ziel: Einen Beruf ausüben zu können, in dem man die Gesellschaft verändert und motiviert und dieser zeigt, was in Zukunft von Bedeutung ist, geopolitisch, sozial, ökonomisch.“ Jetzt haben Sie die Zeit für die Suche nach Ihrem Element!
Liebe Abiturientia, Sie gehen nicht ohne guten Rat an die Zurückgelassenen: „Schule ist so, geht auch wieder weg!“ „Augen zu und Zähne zusammenbeißen!“ (Naja: Wie kann man da eigentlich zu Bewertbarem für ‚Sonstige Mitarbeit‘ kommen?) Aber Sie haben es auch konkreter: „Spielt Lotto!“ (Dafür 8 Jahre Gymnasium?) „Kauft kein Mentos, das lohnt nicht !“ An die Lehrer: „Renoviert mal euer Lehrerzimmer – Und esst uns am Kiosk nicht die Fritten weg! Handfestes zu den wesentlichen Skills: „5 Minuten vor der Zeit, das ist deutsche Pünktlichkeit! Das erspart einem viel Ärger!“ „Wer eine saubere Entschuldigungsbogen-Führung aufweisen kann, der kann eigentlich alles im Leben erreichen!“
Einen Tipp von Ihnen finde ich toll, ohne jede Ironie: „Macht die Projekte mit, die an der Schule angeboten werden, traut euch Sachen zu machen, von denen ihr eigentlich glaubt, dass ihr sie nicht schafft!“ So kann die Suche nach dem eigenen Element auch schon in der Schule losgehen!
Das war’s am Sibi, mit Ihren Worten: „Wird Zeit!“ „Endlich!“ „Muss los!“ „Unglaublich tolle Zeit – Danke Sibi – lustige Schule – seltsame Stufe – Irgendwann wird mir das alles fehlen!“ Spätestens dann, liebe Abiturientia, sollten wir uns als Ehemalige wiedersehen, vor allem auch, weil über 80% von Ihnen angeben, sich (sehr) gerne an Ihre Schulzeit zu erinnern.
„Einige Menschen treffen solch gründliche Vorkehrungen für Regentage, dass sie den Sonnenschein heute gar nicht genießen“, warnt William Feather.
Heute, liebe Abiturientia, sonnen Sie sich zu Recht in den Strahlen des Erfolgs, Sie feiern und genießen. Dazu mein Beitrag: das ABI-LIED 2019 ABIKINI.„