Bad Honnef – Heftig in die Kritik geriet die Bad Honnefer Wirtschaftsförderung im Vorfeld der gestrigen Sonder-Ratssitzung, in der es um die Haushaltssatzung 2023 ging. Bis auf die FDP sahen alle Fraktionen eine Kürzung vor.
SPD und Bürgerblock beantragten eine jährliche Kürzung um 200.000 EUR, Grüne und CDU um 50.000 EUR. Offensichtlich hatte die CDU zuvor auch eine höhere Summe im Sinn, rückte nach Äußerungen von Ratsmitgliedern vermutlich aber in letzter Minute davon ab.
Hauptkritikpunkt an der Wirtschaftsförderung: Nicht zielgerichtet, nicht transparent, nicht effektiv genug.
So fordern die Christdemokraten eine Wirtschaftsförderung, die Einzelhandel, Gastronomie und Hotelerie „in dem Sinne mehr unterstützt, dass Bad Honnef als eine besonders schöne Stadt für ihre Bürger und für Besucher attrakativ bleibt“. Nach Ansicht der CDU bestehe die Wirtschaftsförderung bislang nur aus einer „Reihe von Einzelaktivitäten, die sich nicht alle bewährt haben“. Bemerkenswert: Die CDU ist der Auffassung, das bisherige Maßnahmen der Wirtschaftsförderung eine Fülle von Aktivitäten umfassen würden, „die teilweise oder nur bedingt Aufgabe der Wirtschaftsförderungen sind“. Erforderlich sei mehr Transparenz und die Beteiligung der Wirtschaft.
Stark hinterfragt wurde das Angebot Kiezkaufhaus, das jetzt Rheinkaufhaus heißt. Man könne hier keine Erfolge erkennen, hieß es. Der wirtschaftsfreundliche Bürgerblock sprach gar von einem „fußkranken“ Angebot.
In der Tat kommt das Projekt, das schon seit 2018 am Markt ist, nicht voran. Fachleute gaben ihm von Beginn an wegen der übermächtigen Onlinekonkurrenz und des kleinen lokalen Angebots keine Chance. Außerdem mangelt es an logistischer Qualität und erforderlichen Vertriebs- und Marketing-Ressourcen.
Immerhin wurden nun Zahlen bekannt. So kostet das Rheinkaufhaus den Bad Honnefer Steuerzahler jährlich 20.000 EUR ohne Personalkosten. 13.500 EUR fallen dabei an Gebühren für Software und Websitenadministration an, 3.500 EUR jeweils für Marketing und Vertrieb sowie den Tages-/Lieferdienst. Einnahmen gibt es offensichtlich keine.
Im Vergleich: Für Kulturmarketing werden 10.000 EUR ausgegeben, Nachhaltigkeit 5.000 EUR sowie digitales Marketing bei Tourismusförderung und Stadtinformation 5.000 EUR.
Aufsehen erregte im Vorfeld der Ratssitzung ein sogenannter „Brandbrief“ von Teilen der Bad Honnefer Wirtschaft und Wirtschafts-Lobbyisten, der von Centrum Bad Honnef e.V., Initiative Wirtschaft für Bad Honnef, Weinhaus Hoff und Lebendige Stadtmitte Bad Honnef e.V. veröffentlicht wurde und sich auf Vermutungen bezieht: „Aus verschiedenen Quellen ist uns zu Ohren gekommen, dass es aus dem Kreis der Stadtratsfraktionen im Rahmen der aktuellen Haushaltsberatungen den irrwitzigen Vorschlag gibt, das Budget der Wirtschaftsförderung um 2/3 zu kürzen. Über die genauen Hintergründe dieser mehr als fragwürdigen Idee ist uns leider nichts bekannt.“ Wer die verschiedenen Quellen sind, führten die Wirtschaftsvertreter nicht an.
SPD-Ratsvertreterin Annette Stegger kritisierte in der Ratssitzung Ton und Inhalt des Briefes und bekam dafür großen Beifall von den anderen Ratsmitgliedern.
Kommentar: Wirtschaftsförderung nicht nur Wettbewerb