Bürgerbegehren – „Mehr Demokratie“ hält Sechs-Wochen-Frist für Unding

Bad Honnef. Bürgerbegehren sind gesetzlich verankert und ein wichtiger Baustein der Demokratie. Politik und Verwaltungen versuchen indes immer wieder mal, die Bürgerinteressen auszuhebeln, was nicht nur unprofessionell ist, sonder auch von wenig Souveränität zeugt. Und nicht selten dazu führt, dass letztlich gar nicht mehr über die Sache abgestimmt wird, sondern über die Politik im Allgemeinen. 

Was nicht verwundert, wenn zum Beispiel Parteien, die zusammen im Rat die Mehrheit haben, unentspannt in einer Erklärung auch noch während der Sechs-Wochen-Frist zu verstehen geben, dass sie „im Sinne einer qualitativ guten Stadtentwicklung und eines verträglichen Wachstums an der Aufstellung des Bauleitverfahrens „Neues Wohnen“ auch gegen den Widerstand unmittelbarer Anwohner“ festhalten wollen. Was ja bei Erfolg des Bürgerbegehrens den Bürgerentscheid bereits ankündigt.

Die Initiative „Mehr Demokratie“, größte Nichtregierungsorganisation für direkte Demokratie weltweit, kritisiert entsprechend die vielen Schwierigkeiten bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden.

Während in NRW Sommerferien seien und Politiker meist im Urlaub weilten, hätten Bürgerbegehren in verschiedenen Städten auch in der heißesten Zeit des Jahres mit Hürden zu kämpfen. So finde in Bonn ein Bürgerentscheid über ein geplantes Hallenbad ebenso ausschließlich in den Sommerferien statt wie ein Bürgerbegehren zum Stadtgarten in Bad Honnef, so „Mehr Demokratie“.

„Die Gemeindeordnung erlaubt mit ihrer engen Fristsetzung zur Durchführung von Bürgerentscheiden in Bonn leider keine andere Terminierung. Nach Ablehnung eines Bürgerbegehrens durch den Stadtrat nur drei Monate Zeit zur Durchführung einer Abstimmung zu lassen, ist zu wenig. Hierfür eine Frist von bis zu sechs Monaten zu ermöglichen wäre sinnvoll“, sagt Alexander Trennheuser, Landesgeschäftsführer der Initiative „Mehr Demokratie“.

Für ganz überflüssig hält man bei Mehr Demokratie Einreichungsfristen für Bürgerbegehren. „Dass Initiativen wie das Begehren in Bad Honnef nur sechs Wochen Zeit zur Sammlung der notwendigen Unterschriften haben, ist ein Unding. Der Bad Honnefer Rat kann den Bebauungsplan, um den es geht, jederzeit wieder aufheben, solange noch keine unwiderruflichen Fakten geschaffen wurden. Das sollten die Bürger, die den gewählten Politikern erst ihr Mandat gegeben haben, genauso können“, fordert Trennheuser.

Im Kreis Recklinghausen gibt es derweil Streit über die Kostenschätzung für ein Bürgerbegehren, das den Erhalt des zum Abriss und Neubau vorgesehenen Kreishauses fordert. Nachdem die Initiatoren des Bürgerbegehrens ihre Initiative angemeldet hatten, fand Landrat Cay Süberkrüb die gewählte Fragestellung nicht präzise genug und forderte eine Präzisierung. Diese wurde von den Bürgerbegehrensinitiatoren auch geliefert. Eine Sanierung des Verwaltungsgebäudes sollte laut Kreisverwaltung in den nächsten 35 Jahren 234 Millionen Euro kosten. Die Bezirksregierung stellte jetzt klar, dass die Kostenschätzung sich nur auf den finanziellen Aufwand für Maßnahmen beziehen darf, die im Sinne des Bürgerbegehrens zur Behebung der sicherheitsrelevanten Mängel hinsichtlich Brandschutz, Haustechnik und Gesundheit der Nutzer notwendig sind.

„Der Fall Recklinghausen zeigt, dass es eine neutrale Kostenschätzung nicht gibt. Deshalb sollte eine solche auch nicht von Bürgerbegehren gefordert werden. Die Praxis zeigt zudem, dass Verwaltungen Kosten auch gerne einmal falsch berechnen und Zahlen korrigiert werden müssen, während die Unterschriftensammlung schon läuft. Die mit den falschen Zahlen gesammelten Unterschriften bleiben aber gültig. Absurd“, meint Trennheuser.

Im Herbst will der Landtag mit der Einführung der Vorprüfung von Bürgerbegehren die direkte Demokratie in NRW dadurch verbessern, dass Begehren nicht erst nach der Einreichung der Unterschriften auf ihre Zulässigkeit geprüft werden, sondern bereits davor. „Das ist richtig, aber angesichts der Probleme an vielen anderen Stellen zu wenig. Eine Bürgerbegehrensreform müsste sehr viel umfassender sein“, so Trennheuser.

www.nrw.mehr-demokratie.de/themen/buergerentscheid/was-wir-wollen 

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