Rhein-Sieg-Kreis – Landauf, landab werden nach Borkenkäferbefall großflächig Fichtenforste eingeschlagen. Unbeachtet bleiben dabei aus Sicht des BUND naturschutzrechtliche Vorgaben des Arten- und Gebietsschutzes, forstliche Erkenntnisse zu den negativen Umweltwirkungen von Kahlschlägen sowie zur Kohlenstofffreisetzung. „Ein naturnaher Dauerwald muss heute Ziel jeglicher Wald- und Forstwirtschaft sein“, so der BUND-Vorsitzende Holger Sticht. „Mit großflächigen Kahlschlägen, wie derzeit praktiziert, wird dafür aber die denkbar ungünstigste Ausgangslage geschaffen“.
Mit der neu herausgegebenen 40-seitigen Analyse ‚Wald, Forst und Borkenkäfer‘ legt der BUND dazu eine Sammlung wichtiger Argumente vor. Mit den ausgewerteten neueren Studien und Erfahrungen aus Forstwissenschaft und Waldökologie werden besonders die großflächigen Kahlhiebe in Frage gestellt. „Die frei geräumten Flächen bieten denkbar schlechte Voraussetzungen für die Wiederbewaldung“, so der BUND-Chef Sticht. Besonders die Maschineneinsätze hätten Bodenverdichtungen und Schäden an der Naturverjüngung zur Folge. Der Entzug der Biomasse führe zu noch stärkerer Austrocknung der Böden.
„Aus Sicht des Klimaschutzes sind die Kahlhiebe tausender Hektar Forstflächen in extrem kurzer Zeit ein Desaster“, so der BUND-Vorsitzende. Denn dem Kohlenstoffspeicher Wald werden so in kurzer Zeit enorme Mengen Biomasse entzogen, wodurch die Funktion als CO²-Senke in ihr Gegenteil verkehrt wird. Verblieben die toten Fichten im Bestand, könnten sie hingegen noch Jahrzehnte als CO²-Speicher wirken und die Wasserspeicherfunktion des Waldbodens verbessern. Sie wirkten dabei auch als Schutzschirm für die Naturverjüngung des nachwachsenden Waldes. Zudem bereichere das Totholz die Artenvielfalt und fördere besonders viele bedrohte Insektenarten. Wiederbewaldung, auch mit ergänzenden Pflanzungen, würde so erleichtert.
Mit Forstschutz lassen sich die Eingriffe aus Sicht des BUND inzwischen nicht mehr begründen. Der Ausbreitung der Borkenkäfer konnte in den drei letzten Dürrejahren trotz großflächiger Kahlhiebe nicht wirksam begegnet werden. Das Holz noch aus dem Wald zu holen und in Containern nach China zu verschiffen, mache auch ökonomisch keinen Sinn mehr. Die Erlöse reichen, so die Auskunft vieler Waldbesitzer, gerade zur Deckung der Räumungskosten.
Unbeachtet bleiben bei den Kahlschlägen aus Sicht des BUND auch naturschutzrechtliche Vorgaben des Arten- und Gebietsschutzes. Oftmals erfolgen die Eingriffe selbst in Naturschutz- und FFH-Schutzgebieten, in denen der Schutz der Natur Priorität hat. Der BUND fordert deshalb den Rechtsvollzug durch die Forst- und Naturschutzbehörden.
„Es bedarf aus diesen Gründen dringend einer Korrektur und einer neuen Lösungsstrategie, bei der die Belange des Natur- und Klimaschutzes vorrangig berücksichtigt werden“, so Sticht. „Zu dieser Kurskorrektur laden wir die Politik vor Ort, aber auch alle zuständigen Behörden herzlich ein.“
Die Studie des BUND ist eine Einladung gerade auch an die Politik, sich mit den Argumenten fachkundiger Waldökologen und Praktiker im sachlichen Diskurs auseinander zu setzen, die die großflächigen Kahlhiebe in Frage stellen. Die Aussagen der Studie stützen sich auf viele Erfahrungsberichte und eine Auswertung der umfangreichen neuen Literatur zum Ökosystem Wald und zum Baum- und Fichtensterben. Die Publikation widmet sich dabei auch rechtlichen Fragen, überprüft die Sinnhaftigkeit des Exotenanbaus und des unreflektierten Rehwildabschusses ebenso, wie die der Klimaschutzwirkung im Holzproduktspeicher. Zur Sprache kommt auch der kritisch zu sehende Schirmschlag bei der Rotbuche, da auch er durch die Klimaveränderungen noch problematischer geworden ist. Musteranträge für die Kommunalpolitik runden die Broschüre ab.
Ein Beitrag des BUND, Landesverband NRW
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