Bad Honnef. Bad Honnef wird digital – an dieser Entwicklung führt kein Weg vorbei. Die Frage ist, mit welchen Instrumenten.
Die Stadt hat sich nach Fördergeldern umgeguckt und wurde fündig. 100.000 Euro bekam sie vom Land NRW aus dem Topf „Digitalen und stationären Handel zusammen denken“. Weitere 100.000 Euro steuert sie selbst bei.
Mit dem Steuergeld soll ein digitales Einkaufsportal nach dem Muster des Wiesbadener „Kiezkaufhaus“ eingerichtet werden. Dort können Kunden bei aktuell 31 Anbietern online bestellen und bekommen die Ware per Cargo-Bike nach Hause geliefert.
Kiezkaufhaus ist ein „Shared Value“-Projekt, das von der Werbeagentur Scholz & Volkmer initiiert wurde. Es wurde mehrfach ausgezeichnet.
Das im März 2015 online geschaltete Portal zählte laut Frankfurter Rundschau im Mai 2018 rund 1.300 Kunden, täglich würden 15 bis 20 Bestellungen aufgegeben, ab 30 Bestellungen sei das Modell wirtschaftlich tragfähig. Bis Ende 2018 will laut FR der Betreiber Scholz & Volkmer diese Marke erreicht haben.
In Bad Honnef wurden 150 Anbieter als Zielmarke gesetzt. Wie viele sich knapp zwei Monate vor Start des Onlineshops zu einer Teilnahme entschieden haben, ist nicht bekannt. Bezieht man sich auf Gerüchte, soll das Interesse nicht sonderlich groß sein.
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Die Kosten für Teilnehmer der Plattform betragen 450 Euro einmalig als Aufnahmegebühr, dafür wird ein individueller Shop mit Beschreibung, Adresse, Bildern und ggf. auch Videopräsentation eingerichtet. Hinzu kommen Schulungen, Workshops und Einführungsveranstaltungen.
Premiumpartner, die einen Onlineshop einrichten, zahlen monatlich 25 Euro zzgl. 10% Provision auf alle über die Plattform erzielten Umsätze. Für eine Laden- und Produktpräsentation werden 15 Euro monatlich fällig.
Befürworter des Bad Honnefer Modells sehen in der Onlineplattform die Möglichkeit, den Folgen übermächtiger Internetanbieter wie Amazon wenigstens begrenzt entgegenzuwirken und den lokalen Handel zu stärken. Sie versprechen sich außerdem eine Belebung der Innenstadt, weil die Plattform nicht nur als Vertriebs-, sondern auch als Marketinginstrument wirken werde. Mit dem Einsatz von E-Bikes würde ein umweltfreundlicher Transport angeboten.
Für Kritiker ist Bad Honnef mit seinen 27.000 Einwohner für eine eigene Shop-Plattform zu klein (Einwohnerzahl Wiesbaden: 275.000). Außerdem gäbe es nicht genügend Anbieter, für die ein Internetshop infrage käme. Verschiedene Unternehmen halten nach eigenen Angaben weder das nötige Personal für die Logistik eines digitalen Shops vor, noch ein entsprechend notwendiges Warenwirtschaftssystem.
Rheinländer stören sich auch an dem für Berlin typischen Begriff Kiez (statt Veedel), und immer wieder taucht die Frage auf, warum die Plattform nicht in Zusammenarbeit mit (jungen, kreativen) heimischen Agenturen entwickelt wurde.
Deutschlandweit hat eine lokale Onlineplattform wie „Kiezkaufhaus“ offensichtlich noch keinen Durchbruch geschafft. Erst jüngst kündigte sogar die Post an, ihr Portal „Allyouneedcity“ Ende des Jahres zu schließen. Viele Transaktionen und viel Werbung seien in dem Online-Geschäft nötig, sagte DHL-Paketchef Achim Dünnwald laut Bonner Generalanzeiger.
Der Dino, Online City Wuppertal, weist nach jetzt fast fünf Jahren 50 teilnehmende Einzelhändler und Dienstleister auf. Von 2013 bis 2016 wurde das Projekt vom Bund gefördert, bis 2019 zahlt NRW. Danach soll es sich selber tragen.
In Bad Honnef endet die Förderung im Juli 2019. Danach muss das Projekt auf eigene Kosten drei Jahre lang fortgeführt werden. So steht es auch auf der Website meinbadhonnef.de.
Während des letzten Centrum-Monatstreffens in der Parkresidenz wurden Fragen zum Verkaufsportal gestellt, die an diesem Abend niemand beantworten konnte. „Honnef heute“ hat daraufhin bei der Stadt nachgefragt und bekam zurückgemeldet, die relevanten Informationen könnten auf www.meinbadhonnef.de nachgelesen werden.
Antworten auf folgende an die Stadt gestellten Fragen sind dort nicht zu finden:
1. Wie viele Teilnehmer werden (zum jetzigen Zeitpunkt) konkret ein Shop-Angebot auf dem Portal machen?
2. Von wie vielen Teilnehmern wird zum jetzigen Zeitpunkt lediglich eine Präsentation ohne Shop-Angebot veröffentlicht werden?
3. Wie viele Unternehmen werden an dem Workshop teilnehmen?
4. Wer finanziert das Portal, wenn die Förderung ausgelaufen ist?
5. Wie viel der 200.00 Euro Fördergelder wurden bereits verwendet?
6. Wie lange bleibt die Stelle der Projektleitung noch erhalten, bzw. wird es die Stelle auch nach Ablauf des Förderzeitraums noch geben?
Wer sich für eine Teilnahme interessiert, kann sich an Andrea Hauser wenden.