Bad Honnef – Nach Einschätzung der Stiftung Patientenschutz ist die größte Volkskrankheit in Deutschland zurzeit die Einsamkeit. Nicht nur hochbetagte Menschen seien davon betroffen, auch Jüngere. Und eine weitere Gruppe: alleinerziehende Eltern.
Einsamkeit wirkt sich negativ auf die Psyche und die körperliche Gesundheit, stellen die Malteser fest. Der Zustand beziehungsweise das Empfinden von Einsamkeit werde eher, „wie Armut oder Arbeitslosigkeit, als ein krankmachender Faktor betrachtet“. Es gebe zahlreiche Studien zu den Folgen von Einsamkeit, die alle zu dem gleichen Schluss kämen: „Chronische Einsamkeit erhöht das Risiko, an Herzinfarkten, Schlaganfällen, Krebs oder Demenz zu erkranken, ganz erheblich“.
Wegen des hohen Altersdurchschnitts ist gerade in Bad Honnef Einsamkeit ein Thema. Auf Initiative von Susanne Langguth vom Seniorenrat gründete sich im vergangene Jahr die Gruppe „gemeinsam statt einsam“. Neben dem Seniorenrat, dem Bündnis für Familie Bad Honnef, dem Verein Gesundes Bad Honnef wirkt auch die Stadt Bad Honnef mit. Seit Kurzem ebenfalls dabei ist der Senioren-Treff-Kurhaus, der seine Wurzeln im Seniorentreff der AWO hat.
Im Rahmen eines Pressegesprächs heute im Rathaus erläuterte Susanne Langguth, dass in Bad Honnef besonders die Gruppe der Frauen Ü75 von Einsamkeit betroffen sei, was offensichtlich etwas mit den Lebensumständen der Betroffenen zu tun hätte. In der Regel würden die Männer früher sterben oder müssten gepflegt werden, womit sich die familiäre Situation drastisch ändern würde. Aber auch das soziale Umfeld böte heutzutage immer weniger Kontaktmöglichkeiten, weil immer mehr Geschäfte wie Metzgereien oder die Bäckereien schließen müssten und somit Treffpunkte wegfielen. Langguth: „Man muss sich schon anstrengen, um in Kontakt zu bleiben.“
Mit dem „Gemütlichen Kaffeeklatsch“ hat die „Viererbande“ (Langguth) vor sieben Monaten einen richtigen Knaller gelandet. Zunächst fand er im Bunten Haus in Selhof statt und bot neben Kaffee und Kuchen auch die Gelegenheit Musik zu hören, vorzulesen oder etwas vorgelesen zu bekommen. Auch Vorträge zu interessanten Themen wie „Trickbetrüger“ oder „Wie gehe ich mit Hitze um?“ organisierte das 15-köpfige ehrenamtliche Mitarbeiter-Team.
Schnell reichte der Platz nicht aus und ein Umzug ins Gemeindehaus der Evangelischen Kirche Bad Honnef stand an. „80 bis 100 Personen besuchen regelmäßig den Gemütlichen Kaffeeklatsch“, sagt Helga Ebel-Gerlach von Gesundes Bad Honnef. Das Beste seien die Interaktionen, die der GeKa bewirke. So hätten sich verschiedene Gruppen gebildet, die sich auch zu anderen Zeiten separat treffen würden. Und: Die älteren Menschen brächten ukrainischen Flüchtlingen sogar die deutsche Sprache bei. Den Geflüchteten, die immer bei den Vorbereitungen der Veranstaltungen mithelfen, dankte Ebel-Gerlach sehr für das Engagement, da seien schon einige Möbel zu rücken.
Mit dem Event „Schwofen wie in alten Zeiten – gemeinsam tanzen“ schoss dann die Aktionsgruppe gegen Einsamkeit erneut den Vogel ab. Im Weingut Broel war gleich mit über 100 Menschen „die Hütte“ voll. Mittlerweile wird im barrierefreien Lilo an der Insel getanzt und geschwoft. Für die Musik sorgt DJ Volker und der hat neben Schlager unter anderem viel Rock, Pop und Heavy Metal im Programm. Für Nadine Batzella von der Stadt sind die Nachmittage eine Herzenssache. Auch der gestrige 6. Schwof-Termin sei wieder ein voller Erfolg gewesen. Bis November gibt es noch Party, dann geht es im nächsten Jahr nach Karneval weiter.
Dass Einsamkeit nicht nur Ältere betrifft, machte Laura Solzbacher vom Bündnis für Familie deutlich. Sie hat durch Gespräche und Informationen in den Sozialen Netzwerken erkannt, dass besonders alleinerziehende Personen Gefahr laufen, sich von sozialen Gemeinschaften zu entfernen. Bei dieser Gruppe würden sowohl der Zugang zum Arbeitsmarkt als auch die Gelegenheit zur sozialen Teilhabe durch die zeitlichen Belastungen mit Fürsorgeaufgaben erschwert.
Susanne Langguth ergänzt, das Hamsterrad aus Job, Kindern, Geldproblemen, Haushalt, Stress mit dem Ex und Ämtern sowie mangelnde Kinderbetreuung ließen den wenigsten Alleinerziehenden die Luft, Freundschaften zu pflegen und Beziehungen aufzubauen. Nun will „gemeinsam statt einsam“ auch für diese Frauen und Männer einen Raum für Kontakte schaffen.
Ein weiteres Projekt ist in Planung. Unter dem Titel „Geh aus mein Herz …“ laufen die Vorbereitungen für einen monatlichen Mitsingnachmittag. Ein Raum wird im Rathaus zur Verfügung gestellt, eine musikalische Leiterin ist bereits gefunden. Nun sucht die Initiative noch einen musikalischen Leiter.
Dass diese herausragenden Angebote auf das große ehrenamtliche Engagement der Frauen, die „gemeinsam statt einsam“ gründeten, zurückzuführen ist, ist Bad Honnefs Bürgermeister Otto Neuhoff bewusst. Andere Kommunen würden auf das Ehrenamt der Stadt schauen und interessierten sich für die hiesigen Leistungen. Die Stadt selbst könne nicht alle Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger erfüllen, sei aber ständig bestrebt, die Strukturen für ein gelingendes Ehrenamt zu schaffen.
In diesem Zusammenhang erwähnte Neuhoff die ehemalige Konrad-Adenauer-Schule, für ihn eine ideale Begegnungs- und Kulturstätte. Er wünsche sich, dass die KASch zu einem Ort der Gemeinschaft werde.