Bad Honnef – Als 2014 eine Marketingfirma eine Dachmarke für Bad Honnef entwickelte, waren die Erwartungen groß. Die Rhöndorfer Kapelle wurde à la Christo verhüllt, ein Märchenfilm, in dem es nur Jungs gab, wurde produziert, ein Bürgerwappenfest fand auf der Insel statt. Der Rat entschied sich für ein Logo mit grob schraffiertem Herz und den Slogan „Lebensfreude verbürgt“.
Leider hielt der Slogan in der Folge kaum, was er versprach. Jedenfalls, was die Bad Honnefer City angeht. Dort gibt es eigentlich kaum positive Entwicklungen (sieht man von der Gastronomie ab), aber immer mehr Billigläden. Und mehr Leerstand. Den wollte die Wirtschaftsförderung eigentlich durch ein Projekt, wie das Kiezkaufhaus, verhindern. Die Sache ging ziemlich schief. Und so mancher Bürger rauft sich die Haare, wenn er an das vergeudete Geld denkt, das man heute gut in die Förderung von – beispielsweise – Start-ups stecken könnte.
Das Problem ist ferner, dass kein Konzept zur Entwicklung der Innenstadt öffentlich diskutiert wird, die Bürgerinnen und Bürger nicht beteiligt werden und Begeisterung für die Zukunft Innenstadt nicht geweckt wird. Mit „Lebensfreude verbürgt“ ist es schon lange nicht mehr getan. Allein der Gedanke an die Zukunft des früheren Kaiser’s-Gebäude, das nun mehr und mehr dahinsiecht und die Kanalisation mit Plastikteilchen versorgt, sowie die Intransparenz bei den Bauvorhaben Saynscher Hof und Post, müsste bei jedem Kommunalpolitiker die Alarmglocken läuten lassen. Was vermutlich auch der Fall ist. Nur die Bürger bekommen das nicht mit, obwohl es ihre Stadt ist.
Es schmerzt, wenn man sieht, wie es andere Kommunen besser machen, zum Beispiel der größere Nachbar Königswinter, mit dem sich Bad Honnef immerhin ein paar Weinberge, den Rhein, die Linie 66 und irgendwie den Drachenfels teilt. So hat sich Köwi sinnvollerweise entschieden, einen externen Dienstleister mit der Entwicklung der Königswinterer Altstadt, auch seit Jahren ein Sorgenkind, zu beauftragen. Vorteil: die Leute haben Ahnung und die Chefs haben selbst in Objekte in der Köwi-Altstadt investiert, so unter anderem in ein Café, eine Bücherei, eine Veranstaltungs-Bar und ein Hotel/Restaurant. Der Erfolg ist spür- und sichtbar: Allein die Drachenfelsstraße zeigt seit Monaten mehr Frequenz. Jüngere Leute interessieren sich für die Angebote und die Eventlocation Eselstall ist ein beliebter Ort für Literaten, Musiker und Menschen, die sich dort zum Spielen, Diskutieren oder Klönen treffen.
Während in der Hauptstraße und der Kellerstraße schon seit einiger Zeit der XXL Hotspot mit seinen Kunstprojekten überregional für Aufsehen sorgt und nun mit der factory sogar eine weit und breit einmalige Kulturstätte betreibt, gibt es in Bad Honnef weiterhin kein zentrales Sommerkulturprogramm, wie beispielsweise den Königssommer in Köwi oder die Stadtgartenkonzerte in Bonn. Sie werden von den jeweiligen Städten veranstaltet oder mitfinanziert und sprechen natürlich viele (junge) Menschen an. Bad Honnef will im September ein Kulturkonzept vorlegen, das vermutlich in irgendeiner Schublade landet, denn: Wer soll die Umsetzung der möglichen Ergebnisse bezahlen? Was funktioniert, sind ehrenamtlich organisierte Reihen wie „Musik im Pavillon“, „Musik im Veedel“, „Musik im Park“ oder jetzt “Musikzeit“, die von der Stadt ideell unterstützt werden, aber nicht finanziell.
Da Leerstand auch in Königswinter ein Thema ist, haben sich dort Stadt und die Gruppe projekt2508 GmbH, die für das Altstadtmanagement verantwortlich ist, entschieden, das leer stehende Ladenlokal in der Hauptstraße 406 zu einem Ideenlokal umzufunktionieren. Dort gibt es offiziell seit gestern ein „Ideenschaufenster“, das Anregungen gibt, „welches Angebot wir und viele andere gerne in der Altstadt hätten“, so die Initiatoren. Gleichzeitig sollen potenzielle Geschäftsinteressenten bei der Umsetzung, Beantragungen, Ausstattung, beim Vertrieb und Marketing sowie bei der Vermittlung möglicher Förderungen unterstützt werden. Das ganze steht unter dem Leitgedanken „Aufbruch Königswinter“ – „Die Altstadt von Königswinter ist auf dem Weg in eine spannende Zukunft. Wohin wollen wir gemeinsam gehen?“
Das klingt doch irgendwie anders als „Lebensfreude verbürgt“, als wäre schon alles in Bad Honnef wunderbar und man brauche nur noch die reifen Früchte von den Bäumen pflücken. Und wer sich noch an den Märchenfilm erinnert: „Das Märchen von der Stadt, die sich entschließt.“
Damit es nach 10 Jahren endlich losgeht und kein Märchen bleibt, sollte sich in Bad Honnef etwas verändern. Vielleicht benötigt die Stadt hinsichtlich der Einzelhandelsentwicklung in der Innenstadt auch externe Unterstützung. Vielleicht führen mehr Transparenz und Offenheit (Wie ist der Stand der Dinge beim Kaiser’s-Bau, beim Saynschen Hof und bei der Post? Wo liegen die Probleme? Womit können die Bürgerinnen und Bürger in der nächsten Zeit rechnen?) zu weniger Skepsis hinsichtlich der Perspektiven der City, wovon immerhin die Bereitschaft zu Investitionen abhängt. Vielleicht springen bestimmte Abteilungen der Stadtverwaltung bald über ihre Schatten und arbeiten mit den Leistungsträgern der Stadtentwicklung zusammen, die sich bereits vor Ort engagieren – wenn es auch Überwindung kostet.
Denn: Ein Projekt, das Königswinter jetzt in der Hauptstraße eröffnet hat, gibt es bereits seit drei Jahren mit dem ALICEON im ehemaligen Retz-Bürofachgeschäft am Vogelbrunnen. Sogar umfangreicher und fortschrittlicher, weil es unter anderem viele Kommunikations- und Präsentationsmöglichkeiten mit professioneller Technik bietet, für Workshops sowie für Kulturveranstaltungen u.ä. geeignet ist, ein idealer Standort für ein zentrales städtisches Info-Zentrum ist – jedenfalls so lange, wie am Saynschen Hof nicht gebaut wird. Gibt es hier einen neuen Zeitplan?
Beim Citymarketing in Bad Honnef ist die Zeit reif für andere Wege, für mehr Leidenschaft, für Transparenz und Offenheit, für die Überprüfung von Netzwerken. Bad Honnef braucht Politiker, die für die Innenstadt wirklich etwas bewegen wollen und entsprechende Anträge stellen, eine Verwaltung, die sich aus einer vermutlich verklemmten Situation befreien muss und eine Unternehmerschaft, die Bock auf die Zukunft der City hat. Es reicht einfach nicht, die Dinge nur von der Ladentheke aus zu betrachten.
In Köwi heißt es: „Gemeinsam entwickeln wir eine Vision für die Zukunft der Altstadt. Machen Sie mit und werden Sie ein Teil dieses neuen Kapitels.“ Diese Einladung muss unbedingt auch in Bad Honnef ausgesprochen werden.
Chapeau für diese absolut ins Schwarze treffende Darstellung!
Sehr, sehr guter Artikel, alles Gute Köwi! Armseliges Bad Honnef, schämt euch, ihr Oberen. Hoffentlich sind bald Wahlen