Bad Honnef-Aegidienberg | Es war noch früh am Morgen, als die ersten Sänger und Freunde des MGV Liederkranz 1875 Aegidienberg sich um sechs Uhr am 01.10.2016 auf dem Aegidiusplatz trafen. Petrus muss die Sänger mögen, denn es hatte kurz zuvor aufgehört zu regnen.
Im Bürgerhaus brannte schon Licht und Helga Bosbach-Feinhals als Organisatorin hatte noch alle Hände voll zu tun, um für das leibliche Wohl der Sänger für die Fahrt zu sorgen. Da gute Stimmen immer gut geölt sein müssen, wurden natürlich genügend Getränke in den Bus geladen.
Mit den 40 mehr oder wenig wachen Sängern und Freunden des MGV startete kurz nach sechs Uhr die Busfahrt gen Sachsen. Beim ersten Halt in Höhe Limburg gab es Kaffee und liebevoll geschmierte Brötchen. Damit wir die „Bodenhaftung“ nicht verlieren konnten, war auch kiloweise Haribo im Reisegepäck.
Die Fahrt verlief recht kurzweilig, da zu manchem Lied aus den Lautsprechern kräftig mitgesungen wurde (und das nicht nur von den Sängern!). Nach acht Stunden waren wir in Bautzen angekommen und bezogen unser Schlafquartier im Goldenen Adler direkt im historischen Kern der Stadt. In zwei Gruppen erkundeten wir das historische Bautzen mittels sachkundiger Stadtführung. Wir waren beeindruckt von dem „sächsischen Nürnberg“, denn, was die Türme angeht, kann Bautzen da locker mithalten.
Bei einem zünftigen Essen in einer mittelalterlichen Schankwirtschaft ließen wir den Abend ausklingen. Gesanglich wurde unser Mahl von einem „Barden“ begleitet, der altertümliche und auch modernere Weisen anstimmte. Wir ließen es uns nicht nehmen, fröhlich und laut mitzusingen.
Am nächsten Morgen steuerten wir unser eigentliches Ziel Wittichenau (sorbisch Kulow) an. Dort waren für uns in der katholischen Kirche „St. Mariä Himmelfahrt“ Plätze reserviert, um am feierlichen Hochamt teilzunehmen. Wittichenau hat rund 6.000 Einwohner, davon ca. 65 % deutscher und 35 % sorbischer Nationalität. Die Gottesdienste werden sowohl in deutscher als auch in sorbischer Sprache gefeiert.
Mit Frau Beate Hufnagel für den verhinderten Bürgermeister Markus Posch erkundeten wir Wittichenau und starteten dann zur benachbarten Krabat-Mühle – Schwarzkollm zum Erntedankfest. Die ansässigen Sorben um Hoyerswerda und Wittichenau brachten uns und allen anderen Gästen ihre Kultur unter Mitwirkung vielfältigster Laiengruppen näher. Neben Vereins- und Handwerkerständen wurden auch viele regionale Produkte aus der Lausitz angeboten.
Auch wenn wir mit unseren Stimmen als Chor (wegen der schwachen Besetzung bei einigen Stimmen) nicht mitwirken konnten, so brachten wir uns unter Zuhilfenahme von „Waschbrett“ und „Kokiriko“ anderweitig ein.
In Bautzen zurück hatten wir noch Zeit für einen kleinen Einkaufsbummel, denn dort war verkaufsoffener Sonntag. Am frühen Abend trafen wir uns im „Alten Bierhof“ zu einem tollen Essen mit Live-Musik. Unser Sänger Peter Schlabbertz überraschte uns mit seinem Kreuzwender, auf dem er die jungen Musiker aus der Region begleitete.
Es bedarf für uns keiner Extra-Erwähnung, dass unsere syrischen Sänger im MGV uns auf der Tour begleiteten, doch möchte ich es an dieser Stelle kurz herausstellen. Bengin und Amir haben zusammen mit der kleinen Livemusikgruppe Musik und Tänze aus Ihrer Heimat gezeigt und damit in gewisser Weise für Integration und Toleranz in Bautzen geworben.
Am Montagvormittag erhielten wir eine Führung im berüchtigten „Bautzener Stasigefängnis“. Dort konnten wir uns mit der älteren und jüngeren deutschen Geschichte auseinandersetzen. „Wer Bautzen hört, der denkt an Knast!“ – so titelte eine Regionalzeitung im Sommer 1999. Wir waren beeindruckt und nachdenklich.
Danach wurde es auch schon Zeit, die Heimreise anzutreten und ein tolles Wochenende ausklingen zu lassen.
Zwei Tage nach der Rückreise, zu unserer Chorprobe, hatte Chorleiter Guido Wilhelmy noch ein paar Zeilen von vier Mitreisenden dabei, die er den Sängern vorlas:
„Eine Reise nach Sachsen – Es war für uns ein ganz besonderes Wochenende mit vielen neuen Eindrücken von Deutschland. Schön war aber auch das Zusammensein mit der Gruppe – die Gespräche, das leckere Essen in gemütlicher Runde und ab und zu ein kleines Lied. Wir sind froh, dass wir dabei sein konnten und bedanken uns ganz herzlich bei allen, die uns diese Reise ermöglicht haben. Wir freuen uns sehr, dass wir in Aegidienberg unter so freundlichen Menschen leben!
Dalil, Mahmoud, Amir, Mohamad“
Mirko Lorenz